Fachkräftemangel

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Zuvorderst ist die Unterscheidung von Fachkräftemangel und flächendeckenden Fachkräftemangel zu unterstreichen. Erster ist in jeder Volkswirtschaft ständig existent, da es immer Branchen gibt, die offene Stellen nicht besetzen können. Letzterer drohe in Deutschland, so z.B. das BMWI.

Es geht also nicht um ein akutes, sondern ein prognostiziertes Problem. Auf den ersten Blick eine nachvollziehbare Annahme, wirft man einen Blick auf die deutsche Alterspyramide, die viele in Rente gehende Arbeitnehmer abbildet, aber weniger Junge, die nachrücken.

Was in der Gleichung des befürchteten, flächendeckenden Fachkräftemangels ebenso enthalten sein muss, ist eine statistische Anpassung der Definition von Fachkräftemangel. Ich habe die Zahlen nicht mehr exakt parat, also nagelt mich nicht darauf fest ;). Durfte bis dato bei einer Bewerberanzahl von weniger als vier von einem Mangel gesprochen werden, so sind es nach der Anpassung weniger als sechs. Die Änderung bringt meiner Meinung nach den politischen Willen zum Ausdruck, flächendeckenden Fachkräftemangel propagieren zu können.

Ein zusätzlicher Teil der Gleichung muss die Industrie 4.0 sein. Ich erspare mir an dieser Stelle eine Aufzählung welche Arbeitsfelder zunehmend automatisiert, robotisiert, digitalisiert oder algorithmisiert werden. Unter dem Strich bleibt, dass mehr Arbeitsplätze wegfallen, als entstehen und davon sind zunehmend nicht mehr nur Helfertätigkeiten, sondern auch unterschiedlichste Fachkräfte betroffen.

Ein paar meiner Gedanken:
- Nach meinem Marktverständnis kann einem Fachkräftemangel u.a. mit verbesserten Arbeitskonditionen (z.b. Gehalt, Arbeitsbelastung) begegnet werden. Wenn es also zu wenig Altenpfleger gibt, warum nicht mal ein richtig fettes Gehaltsplus? Die Seniorenindustrie müsste es sich leisten können. Stattdessen wird sich häufig hinter einem „Aber wir zahlen doch Tarif!“ versteckt. Das ist nun mal wenig wert, wenn Gewerkschaften schwach und die Tarifabschlüsse es demnach auch sind.

- Bemerkenswert finde ich die allgemeine Verirrung. Die Mehrzahl der informierten Menschen in Deutschland dürfte davon ausgehen, dass ein flächendeckender Fachkräftemangel bereits herrscht und nicht prognostiziert ist. Die Presse hat ihren Job nicht gut gemacht.

- Der prognostizierte, flächendeckende Fachkräftemangel begründet schwerwiegende politische Richtungsfragen. Mittels Einwanderungsgesetz sollen ausländische Fachkräfte angelockt werden. Fachkräfte, die das bereits wirtschaftlich stärkste Land Europas stützen sollen und gleichsam den Heimatländern verloren gehen. Die erodierende Stabilität der EU nimmt mit dem Abwerben von Fachkräften aus bereits unter Druck stehenden Mitgliedsländern weiter ab. Deutschland wird einmal mehr zum Buhmann der EU (Alleingang Migrationskrise, Exportüberschuss, keine Antwort auf Macron etc.)
Der Schaden bleibt aber nicht nur in den Herkunftsländern, sondern auch in Deutschland gibt es negative Auswirkungen. Lohnstagnation aufgrund des Plus an Arbeitnehmern, Mangel in Deutschland an Wohnungen, Kitaplätzen, Arztterminen etc pp wird verschärft und mMn ein ganz wichtiger Punkt: Die deutsche Gesellschaft spaltet sich weiter. Die einst recht homogene Gesellschaft atomisiert und macht den Erhalt einer Solidargemeinschaft und politischer Willensbildung immer schwieriger.

- Im aktuellen SPIEGEL berichtet ein Maschinenbauunternehmer, dass er über Monate nicht die benötigten Fachkräfte finden konnte und nun, um die Unterbesetzung zu kompensieren, teure Maschinen anschaffen musste. Für mich ein exemplarisches Beispiel der Innovationshemmung in Deutschland. Statt Milliarden in die Weiterentwicklung der Industrie 4.0 zu investieren (zb in KI Entwicklung bis 2025 drei Milliarden Euro, das ist deutlich zu wenig, um international eine Rolle zu spielen), setzt man auf die vermeintlich billige Ressource „Mensch“. Eine Ursache dafür scheint mir die ausbleibende Debatte darüber zu sein, wie die Arbeitsgesellschaft rund um eine Industrie 4.0 aussehen kann. Dass es große Umbrüche geben wird, steht für mich außer Frage (zb Abkehr von der 40 Stunden Woche, eine Art Grundeinkommen sind denkbare Veränderungen) aber ich nehme in der Politik keine substantiellen Debatten dazu wahr. Vielmehr scheint man das Industrie 1.0-3.0 Pferd totreiten zu wollen.

- Der Kapitalismus in der westlichen Welt hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt und ist kaum mehr zu bändigen. Demokratien müssen sich marktkonform verhalten, die Märkte dürfen nicht verunsichert werden, immer mehr private Unternehmen sind systemrelevant. Demnach ist eine logische Konsequenz die Profitmaximierung, welche, zumindest kurzfristig, mit einer möglichst billigen human ressource erreicht wird, was sogar dazu führen kann, dass Industriearbeiter Windeln tragen müssen, um Toilettenzeit einzusparen.

- Absenkung von Standards. Ausbildungen und Studium werden vereinfacht, Hürden zur Anerkennung ausländischer Qualifikationen gesenkt. Das verringert Qualität.

Dieser Tage sind mir nochmal zwei kritische Veröffentlichungen begegnet
https://www.heise.de/tp/features/Di...e-in-einem-so-schlechten-Zustand-4252613.html
https://www.zeit.de/arbeit/2018-12/arbeitsmarkt-fachkraeftemangel-personal-jobsuche
Den Artikel aus dem Print Spiegel, der die Gegenthese vertritt kann ich leider nicht verlinken aber es dürfte im Internet wohl mehr als genug „OH NOES!, Fachkräftemangel!1“ Material kursieren
 

Tür

Kunge, Doppelspitze 2019
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Jemand der ein Fachwerk erzeugen kann
 
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Menschen mit einer in Deutschland anerkannten berufsqualifikation
 

Benrath

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Hast du den Post selber verfasst oder aus irgendeinem Blog kopiert? Nicht dass ich hier die Urheberrechtspolizei bin, aber wenn dem so ist, verlinke es wenigstens.
 

parats'

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Das Buzzword der Industrie 4.0 ist natürlich schon etwas verbrannt. Im Grunde ist dies aber der einzig logische Schritt. Japan macht dies relativ gut. Die Alterspyramide ist auch dort aus dem Gleichgewicht und die Japaner setzen seit längerem voll auf Automatisierung um die Produktivität zu steigern bei abnehmender menschlicher Arbeitskraft. Zumal Japan kein Einwanderungsland ist und über kaum bis wenig zugewanderte Arbeitskräfte verfügt.
 
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Das Buzzword der Industrie 4.0 ist natürlich schon etwas verbrannt. Im Grunde ist dies aber der einzig logische Schritt. Japan macht dies relativ gut. Die Alterspyramide ist auch dort aus dem Gleichgewicht und die Japaner setzen seit längerem voll auf Automatisierung um die Produktivität zu steigern bei abnehmender menschlicher Arbeitskraft. Zumal Japan kein Einwanderungsland ist und über kaum bis wenig zugewanderte Arbeitskräfte verfügt.

Auch die Japaner liberalisieren ihr Migrationsrecht:

https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/wegen-ueberalterung-japan-oeffnet-sich-fuer-mehr-arbeitsmigranten-15930992.html
 

Scorn4

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Ich versteh den Eingangspost nicht und bin mir nicht sicher, was genau hier diskutiert werden soll. Auf der einen Seite steht da der Fachkräftemangel in Deutschland, in diesem Zusammenhang wird über kapitalistische Ausbeutung in den USA geheult (Arbeiter müssen Windeln tragen) und das Konzept Industrie 4.0 getrasht. Mir fehlt da der rote Faden, kann da jemand Klarheit schaffen?
 
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Es ist wohl am zielführendsten, wenn du die Frage an mich richtest. Thema ist der Fachkräftemangel, den man aber in einem größeren Rahmen betrachten kann (und sollte).
Ist der Transfer von Arbeitnehmerkonkurrenz zu sich verschlechternden Arbeitsbedingungen für dich nicht nachvollziehbar? Das Windelding habe ich erwähnt, weil es das krasseste mir bekannte Beispiel ist. In Deutschland kann man Lohnstagnation, Leiharbeit, Kettenbefristung und ähnliches anführen.
Was du mit Industrie 4.0 „trashen“ meinst, verstehe ich wiederum nicht. Der Impact von Industrie 4.0 auf die Facharbeit ist mMn jedenfalls enorm.
 
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Sorry mir gehts da genauso, was ist denn jetzt Deine Fragestellung? Warum das alles passiert ist doch vollkommen logisch, das kannst Du auf den einfachen Satz zusammenfassen: Damit verdient ein Haufen asoziale Typen richtig richtig richtig viel Geld. Fertig.

Hast Du noch andere Fragen?
 
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Es geht ihm darum, dass es keinen Fachkräftemangel (höchstens eine Fachkräftelücke) gibt und der Mangel propagiert wird, damit die Unternehmen die Löhne nicht steigern müssen oder eventuell sogar noch senken können.
 
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Es geht ihm darum, dass es keinen Fachkräftemangel (höchstens eine Fachkräftelücke) gibt und der Mangel propagiert wird, damit die Unternehmen die Löhne nicht steigern müssen oder eventuell sogar noch senken können.

Das macht überhaupt keinen Sinn. Warum sollte ich einen Mangel propagieren bzw. wie will ich damit die Lohnkosten drücken :stupid:
 
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Das macht überhaupt keinen Sinn. Warum sollte ich einen Mangel propagieren bzw. wie will ich damit die Lohnkosten drücken :stupid:

Weil so irgendjemand anders schuld ist.

Wenn eine Branche einen Fachkräftemangel hat soll sie halt mehr und besser ausbilden. Oder die vorhanden Fachkräfte besser bezahlen. Oder bessere Rahmenbedingungen schaffen. Aber das kostet ja alles Geld. Also lieber rumheulen. Und dann den Staat ausbilden lassen. Oder staatliche Zuschüsse kassieren. Hauptsache man ist nicht selber schuld oder müsste was tun.
 
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Weil so irgendjemand anders schuld ist.

Wenn eine Branche einen Fachkräftemangel hat soll sie halt mehr und besser ausbilden. Oder die vorhanden Fachkräfte besser bezahlen. Oder bessere Rahmenbedingungen schaffen. Aber das kostet ja alles Geld. Also lieber rumheulen. Und dann den Staat ausbilden lassen. Oder staatliche Zuschüsse kassieren. Hauptsache man ist nicht selber schuld oder müsste was tun.

Wobei das nur langfristig funktioniert. Kurzfristig kann man mit mehr Gehalt nur Fachkräfte von anderen Unternehmen abwerben, womit an der gesamtsituation nichts verbessert wird. Das Thema sollte aber auch langfristig betrachtet werden, Schweinezyklus und so.
 

Gelöschtes Mitglied 137386

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ist natürlich großer blödsinn, dass es keinen fachkräftemangel gibt. es ist nur nicht schwarz und weiß und JEDER ingenieur oder elektriker wird ÜBERALL gesucht. es gibt große mängel in bestimmten branchen, in bestimmten regionen oder in manchen fällen auch für ganze berufszweige (pflege). in den bereichen wo es am knappsten ist, kann der AG gar nicht mit höheren löhnen gegenregulieren, da die löhne leider nicht frei sondern staatlich reglementiert sind.

in anderen bereichen (regionen) haben die AG damit zu kämpfen, dass nunmal die wenigsten menschen bock haben in einem süddeutschen kaff leben zu müssen und sich lieber als kellner in hamburg durchschlagen als irgendwo im bayerischen nichts fernab von freunden und familie beim "hidden champion" als ingenieur zu arbeiten. dagegen wird man rein gar nichts tun können, vielleicht hat man glück und landleben wird in ein paar jahrzehnten wieder sexy.

insofern schließe ich mich an und verstehe die frage nicht. gibt es eine? es ist zumindest nicht sinnvoll pauschal von DEM fachkräftemangel zu sprechen. wenn du sinnvoll diskutieren willst, musst du konkreter werden. welche branche, spezialisierung, region, qualifikationsebene?
 
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Ist genau der Punkt, Pflege z.B. (zumindest die Gehälter) sind völlig von marktwirtschaftlichen Mechanismen abgekoppelt, ansonsten würden Pflegekräfte hier längst das verdienen was man im europäischen Ausland verdient. Kirchliche Träger und deren Sonderrechte und die Budgethoheit der Krankenkassen über die Krankenhäuser unterlaufen einfach jede Stellschraube. Da hilft auch "mehr und bessere Ausbildung" nichts. In der Pflege wird sau viel und extrem gut ausgebildet, aber man kann nur diejenigen im Beruf halten die sonst keine anderen Alternativen haben. Das gesamte obere Drittel geht ins Ausland oder kehrt der Pflege nach kurzer Zeit den Rücken um zu studieren oder sich beruflich umzuorientieren. Der Rest geht auf Grund der Arbeitsbedingungen früher oder später ins Burnout oder die Frühverrentung. Und da kann "die Branche" rein gar nichts dran ändern. Weil sie schlicht keine besseren Arbeitsbedingungen oder Gehälter anbieten kann, denn sie verfügt ja gar nicht über die entsprechenden Gelder.
 
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Problem ist halt, da gehen höhere Gehälter direkt von den Steuern/KK ab und wie viel Spass die "normalen Leute" damit haben, dürfte allgemein Bekannt sein.

Interessant ist, dass das Personal sowas mit sich machen lässt...
 
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Was sollen sie denn machen?

-> wer kann, der geht (studiert, orientiert sich um, geht in Teilzeit/Frührente wenns Geld irgendwie reicht)

-> wer das nicht kann, darf oft nicht streiken (kirchliches Arbeitsrecht, Leiharbeit, Einstellung über "Tochterfirmen", befristete Verträge... -> streikst Du, gehst Du bzw. wirst nicht verlängert)

-> wer streiken kann, wird massiv unter Druck gesetzt (Wie können Sie nur 5% mehr Lohn fordern, die Patienten leiden unter dem Arbeitskampf!) und durch den hohen Anteil statistisch sehr sozial eingestellter Menschen (konfliktaversiv und kompromissbereit) gibts nie 'ne Front die was bewirken könnte. Was die Arbeitgeber auch wissen.


Politik schwafelt nur von besseren Bedingungen und höheren Löhnen, geht aber das Kernproblem nicht an. Statt dessen sieht man Chancen darin, Billiglöhner aus aller Herren Länder anzuwerben und nutzt im Grunde deren Notlage aus. Studentinnen aus Griechenland, die dort arbeitslos wären, junge Leute aus Spanien die dort keine Chancen haben aber auch junge Leute aus dem arabischen, asiatischen oder afrikanischen Raum. Niedrigste Bezahlung, hohe Sprachbarrieren, der Anspruchsvolle Stoff der Ausbildung in Fremdsprache kaum zu schaffen, im Dienstalltag immer wieder Verständigungsprobleme mit Ärzten (die auch mittlerweile von überall her kommen weil kaum ein deutscher Medizinstudent zu den Bedingungen im Krankenhaus arbeiten würde...) oder den Patienten die sich total unwohl fühlen wenn sie mit dem Personal nicht oder kaum kommunizieren können.

Im Grunde gäbs nur eine tragfähige Lösung: Die Krankenhäuser müssten die Freiheit erhalten, ihre Gehälter fürs Personal so lange zu erhöhen bis sie alle Stellen voll besetzt haben und durch Mehreeinstellungen die Arbeitsbelastung für alle so weit abgesenkt haben, dass diese Leute auch langfristig in dem Beruf arbeiten können. Wenn das +50% Personalkosten bedeutet, dann ist das halt so. Und die Krankenkassen müssen es zu 100% gegenfinanzieren. Also nicht mehr so rum, dass die Krankenhäuser ein festes Budget "aushandeln" müssen und damit dann sehen wie weit sie kommen, sondern sie stellen ein bis ein gesetzlich definiertes das Zielniveau erreicht ist und die Rechnung geht an die Krankenkassen. Manches Krankenhaus in einer teuren Großstadt muss dann eben mehr zahlen, manches Landkrankenhaus am Arsch der Welt eben auch, wenn man genügend Fachpersonal haben will. 'ne andere Lösung sehe ich nicht.

Alternativ kann man Krankenhauspersonal auch mal 4 Wochen Hardcore streiken lassen und die resultierenden Leichenberge öffentlich vor den Krankenhäusern stapeln. Mal sehen wann ein Umdenken stattfindet. Du bekommst den "Wert" guter Pflege niemals in die Köpfe der Menschen, wenn man ihnen nicht brachial vor Augen führt, was ohne Pflege los wäre.
 
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Für alle die das geschwurbel des TEs nicht verstanden haben:

VT: Es gibt in Wirklichkeit gar keinen Fachkräftemangel, den denken sich nur Kapitalisten (die böse Elite) aus, um das deutsche Volk klein zu halten und/oder "umzuvolken".

hoffe ich konnte helfen
 
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Scorn4

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Im Grunde gäbs nur eine tragfähige Lösung: Die Krankenhäuser müssten die Freiheit erhalten, ihre Gehälter fürs Personal so lange zu erhöhen bis sie alle Stellen voll besetzt haben und durch Mehreeinstellungen die Arbeitsbelastung für alle so weit abgesenkt haben, dass diese Leute auch langfristig in dem Beruf arbeiten können. Wenn das +50% Personalkosten bedeutet, dann ist das halt so. Und die Krankenkassen müssen es zu 100% gegenfinanzieren. [...]
Alternativ kann man Krankenhauspersonal auch mal 4 Wochen Hardcore streiken lassen und die resultierenden Leichenberge öffentlich vor den Krankenhäusern stapeln. Mal sehen wann ein Umdenken stattfindet. Du bekommst den "Wert" guter Pflege niemals in die Köpfe der Menschen, wenn man ihnen nicht brachial vor Augen führt, was ohne Pflege los wäre.
Darüber habe ich auch einmal nachgedacht. Meine Schwester und ihr Mann arbeiten beide im Gesundheitssektor und die Arbeitsbedigungen sind echt kacke. Mir haben sich dabei folgende Fragen gestellt:

1. Wie finanzieren wir die steigenden Kosten? (#captainobvios). "Das bezahlen die Krankenkassen" ist ja leicht gesagt. Die werden ja wiederum druch Steuereinnahmen finanziert, bzw. die Beiträge zur Krankenkasse werden auf alle Versicherten umgelaert. Würdest du es befürworten, wenn deine monatlichen Beiträge deswegen um 30% steigen?

2. Was passiert beim krankenhausstreik mit denen, die intensive Beobachtung benötigen, operiert werden müssen oder plötzlich einen lebensbedrohlichen Notfall haben? Oder die Sache einmal anders beleuchtet: was passiert mit all den Leuten, wenn die streikenden Krankenhaus-ITler mal "ausversehen" die gesamte IT neustarten?

Falls jemand eine gute Antwort die Fragen hat, würde ich mir das gern durchlesen.
 

Tür

Kunge, Doppelspitze 2019
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Beitragsbemessungsgrenze aufheben oder zumindest anheben. Einkommen aus anderen Quellen als Arbeit hinzu beziehen. Easy
 
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Beitragsbemessungsgrenze aufheben klappt halt auch nur wenn man private Versicherungen abschafft.
 
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Beitragsbemessungsgrenze aufheben klappt halt auch nur wenn man private Versicherungen abschafft.

Nö. Das klappt hervorragend, wenn man die Grundleistungen über eine verpflichtende GKV für alle abdeckt (Bürgerversicherung) und alles was Luxus ist (2-Bett, 1-Bett, Chefarzt, Homöopathie, Akupunktur...) dem freien Markt der PKV überlässt.

Und auf die Frage: Klar würde ich höhere Beiträge akzeptieren, geht ja nun mal nicht anders. Wenn die Menschen ein hochkarätiges Gesundheitssystem wollen, kann man das eben nicht "billig" haben. Ohne eine faire Belastung aller Einkommensklassen (aka prozentual, entweder über einer Steuer oder Abgabe ohne BBG-Deckel) wird das aber nicht gehen.

Der aktuelle Witz ist halt, dass man die steigenden Anforderungen/Leistungen immer mit dem freien Markt begründet (der "Kunde" will das, die Krankenhäuser müssen "wettbewerbsfähig" bleiben...), aber der Branche den dazugehörigen Arbeitskampf quasi unmöglich macht. Kirchliches Arbeitsrecht abschaffen und die bestehenden Arbeitsverhältnisse mal sehr streng prüfen, gerade im Gesundheitswesen wird am Rande der Legalität gemauschelt was Arbeitszeiten, Vertragslaufzeiten und Gehälter angeht, das geht auf keine Kuhhaut. Hier müssten im ganz großen Stil die Aufsichtsbehörden durchgehen und Köpfe rollen lassen.
 
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parats'

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Beitragsbemessungsgrenze aufheben oder zumindest anheben. Einkommen aus anderen Quellen als Arbeit hinzu beziehen. Easy

Wieso gibt es diese im Rahmen KV eigentlich noch?
Bei der RV sehe ich es ja ein, einfach um auch irgendwo eine Höchstgrenze zu setzen aber im KV Bereich kann man sich sie BBG echt schenken.
 

Deleted_228929

Guest
Soweit ich weiß gibt's mindestens ein Urteil des BVerfG, das besagt dass SV-Beiträge trotz aller Umverteilung immer noch in einem gewissen, nicht näher definierten, Wirtschaftlichkeitsverhältnis zur bezogenen Leistung stehen müssen. Heißt: 150.000 Euro pro Jahr in die Krankenkasse einzahlen und dann zwei Mal wegen Schnupfen beim Arzt geht nicht.
 
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2. Was passiert beim krankenhausstreik mit denen, die intensive Beobachtung benötigen, operiert werden müssen oder plötzlich einen lebensbedrohlichen Notfall haben? Oder die Sache einmal anders beleuchtet: was passiert mit all den Leuten, wenn die streikenden Krankenhaus-ITler mal "ausversehen" die gesamte IT neustarten?

Diejenigen, die lebensbedrohliche Erkrankungen oder Verletzungen haben, müssen natürlich weiter versorgt werden, gar keine Frage. Das ist aber, bei realistischer Betrachtung, ein lächerlich geringer Anteil. All die ganzen elektiven Eingriffe und Untersuchungen... Omma Schröppke braucht eine neue Hüfte? Scheiß drauf, die alte tut es auch noch ein paar Wochen länger. Jeremy-Pasqual hat sich mit seinem neuen Scooter besoffen auf die Fresse gelegt und beide Arme gebrochen, kann sich deshalb momentan nicht den Arsch abwischen? Tjo, dann liegt er halt in seiner eigenen Scheiße, wenn Mama nicht den Lappen schwingen kommt. Karl-Heinz Plömmer ist nicht mehr so gut zu Fuß? Schade für ihn, denn das Essen wird nicht mehr ausgeteilt, sondern im Essenswagen zur Selbstabholung abgestellt. Sofern es überhaupt noch Essen ohne Zuzahlung gibt.

Die komplette Grundpflege könnte man getrost unter den Tisch fallen lassen und das Personal damit massiv entlasten. Zynisch und menschenverachtend? Auf jeden Fall. Aber das sind die derzeitigen Arbeitsbedingungen ja auch :deliver:
 
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Naja, das ist halt genau der Punkt. Wer in der Branche arbeitet ist sozial und lässt die Patienten nicht im Stich.
Würden da so Typen wie in der Finanzbranche arbeiten, würden die den Spieß umdrehen und fordern: Änderung bis nächste Woche, sonst sind die Arbeitgeber schuld, dass Menschen verrecken. Und sie würden verrecken.
 
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Ich bin kein Freund des neuen Einwanderungsgesetzes.

Mir will nicht in den Kopf, wieso ein Wirtschaftsraum mit über 500 Millionen Einwohnern, die prinzipiell alle hier arbeiten könnten, wenn die Bedingungen denn attraktiv genug wären, nicht ausreichend sein soll.
Es ist natürlich billiger für die Arbeitgeber, wenn man für kleines Geld Leute von sonstwoher einstellen kann, anstatt Löhne zu erhöhen, weiter zu automatisieren, oder umfangreich auszubilden. Das sehe ich ein. Der dumme ist mal wieder der Staat, der weiter Arbeitslose durchfüttern muss, da die Vorrangprüfung für deutsche Bürger entfällt. Im schlimmsten Fall wandern nun sogar Leute samt Familie ein, deren Zahlungsbilanz für Steuern und Sozialabgaben im Verhältnis zu den empfangenen Sozialleistungen für sich und ihre Familie auf Lebenszeit gesehen negativ ist und gleichzeitig ist ein bereits hier lebender Mensch arbeitslos.
Und demnächst werden wir uns auch weiter über zu niedrige Löhne wundern und empört sein.
 
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Benrath

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Arbeitslosenquote ist atm <5 % Tendenz fallend. Aus meiner Perspektive wird hier mal wieder zu wenig differenziert :deliver:
Es gibt ganz klar Jobs wo es für AGs schwierig ist Stellen zu besetzen, es aber auch klare Maßnahmen gäbe da was daran zu ändern. Sei es durch höhere Löhne, selber mehr Ausbilden oder tatsächlich Leute aus dem Ausland anwerben. Meine Vermutung ist aber, dass es sich in den meisten Fällen um Arbeitsbereiche handelt, die weniger attraktiv sind (z.B. Pflege) oder hohe Qualifikationen (z.B. IT whatever) benötigen und deswegen breite Einwanderung nix bringt, wenn die nicht entweder zwingend in diese weniger attraktiven Jobs wollen oder bereits hoch qualifiziert sind.
 
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Ich bin kein Freund des neuen Einwanderungsgesetzes.

Mir will nicht in den Kopf, wieso ein Wirtschaftsraum mit über 500 Millionen Einwohnern, die prinzipiell alle hier arbeiten könnten, wenn die Bedingungen denn attraktiv genug wären, nicht ausreichend sein soll.

kommt halt total auf die Branche an. Die IT Hochburg im Sillicon Valley funktioniert auch nur weil es alle hochqualifizierten Inder und Chinesen dort hinzieht. Nur mit hochqualifizierten Inländern klappt sowas niemals. Im gobalisierten Wettbewerb verlieren wir dann grandios in den Zukunftsmärkten (na gut tuen wir gerade ja auch so schon...)
 

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Der Artikel zeigt vor allem, wo dran es im Grunde mangelt - Flexibilität. Der Herr aus dem Artikel ist das klassische Beispiel. Er will in seinem shithole Pinneberg bleiben und sucht sein Glück in Hamburg in einem Bereich, der hier einfach nicht gefragt ist. Motor dieser Stadt ist der Hafen, hier werden massig Ingenieure im Tief und Seebau gesucht um die ganzen Projekte zu realisieren. Wenn er flexibel wäre und sich Richtung Süddeutschland bewegt, würde sicherlich schnell einen Job finden. In Hamburg mit dem Schwerpunkt bleibt nur gl hf bei der Suche.
 
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Das könnte man aber auch umgekehrt aufziehen. Der Hidden Champion vom Arsch der Welt könnte sich ja auch einen Standort eröffnen der in der Nähe von (passenden) Arbeitskräften ist. Aber man ist ja an so einem "attraktiven" Standort der nur 1,5 Stunden von der nächsten Metropole entfernt ist (ja sowas steht teils tatsächlich in Stellenanzeigen).
 

parats'

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Sicherlich, aber ich glaube einfach, dass hier die Flexibilität auf Seiten der AN liegen muss...
 
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Das könnte man aber auch umgekehrt aufziehen. Der Hidden Champion vom Arsch der Welt könnte sich ja auch einen Standort eröffnen der in der Nähe von (passenden) Arbeitskräften ist. Aber man ist ja an so einem "attraktiven" Standort der nur 1,5 Stunden von der nächsten Metropole entfernt ist (ja sowas steht teils tatsächlich in Stellenanzeigen).

was erwartest du denn? Das die Produktionshalle für 5000 Mitarbeiter in der Innenstadt steht?
Gerade wenn man sich spezialisiert/promoviert sollte einem doch klar sein, dass man zwar die Aussicht auf einen sehr guten Job hat, hierfür aber eine hohe Standortflexibilität mitbringen muss, weil die entsprechende Firmen höchstwahrscheinlich nicht direkt um die Ecke sind.
 

Benrath

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Das ist btw einer der Gründe warum Ingenieur scheiße ist, wenn man in den großen Städten bleiben will. Das passiert einem als Jurist oder BWLer viel weniger. Es gibt so viele "hidden" champions irgendwo in der badenwürtembergischen Pampa.

Edit: und lieber ein schlechtes Angebot abgelehnt, weil Bezahlung zu schlecht Der Mann war bisher nur an der Uni und hat 0 Arbeitserfahrung. Eventuell beißt er mal ein Jahr in den sauren Apfel?
 
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Hab nicht umsonst "in der Nähe" geschrieben. Natürlich macht es 0 Sinn ne Großproduktion mitten in Hamburg zu erwarten. Aber zwischen den Extremen Hamburger Innenstadt und deutlich über 100km von einer Metropole weg gibt es durchaus noch einiges an Spielraum.
Wer sagt denn, dass der nicht bereit ist aus Hamburg wegzuziehen? Nur ist es eben ein Unterschied, ob man in (die Nähe) eine andere Großstadt zieht oder in ein paar-Tausend-Seelen-Nest auf dem platten Land.
 
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