Bitte was, Du bist Jurist?
(Oder meinst Du die Jurascheine aus $degree?)
Nee, nur erstes Staatsexamen. Hab eine Weile mit mir gerungen ob ich Jura-WiMi machen will, mich dann aber doch noch für ein richtiges Studium entschieden.
Ich denke das liegt v.a. an der Ausweglosigkeit der Lage … und auch daran, dass sie selbst sehen, dass sie sowohl a) auf einen Koalitionspartner angewiesen sein werden, und b) das BSW dann das geringere Übel ist. Da ist die CDU eben wieder ganz bei sich selbst die opportunistische Machterhaltungspartei.
Ich war auch überrascht. Insbesondere, dass sie das auch schon vor der Wahl so deutlich sagen. Vermutlich haben sie beschlossen, dass es besser ist so zu kommunizieren anstatt Zweifel über eine eventuelle Zusammenarbeit mit der AfD aufkommen zu lassen, was sie mit einiger Sicherheit als die strategisch dümmere Variante sehen.
Sagen wir mal so: Ich bin überrascht, wie bereitwillig die Bevölkerung diese Argumentation kauft. Es war ja tatsächlich ein Trauerspiel, wie sich alle CDU-Politiker auf die Frage, was man denn macht wenn es nur für eine Koalition mit den Linken reichen würde, gewunden haben; selbst solche, die ich sonst als ziemlich integer wahrnehme wie Röttgen konnten keinen geraden Satz dazu rausbringen.
Die Idee hinter Dublin III ist doch nicht, dass Millionen Migranten in Ländern wie Griechenland und Italien sind.
Die Idee ist, einen starken Anreiz zu setzen, die illegale Migration der Außengrenze der EU zu stoppen.
Ich weiß nicht, woher du das hast, aber das stimmt so wirklich überhaupt nicht. "Abschreckung" war überhaupt nicht der Gedanke bei Dublin, das würde nämlich eine Übereinkunft zwischen Transitländern und Zielländern nötig machen, dass die Transitländer die Asylsuchenden nicht länger weiterziehen lassen (in der Hoffnung, dass dann weniger kommen). So eine Übereinkunft gab es aber nie, im Gegenteil: Das System ist seit es existiert ein konstanter Zankapfel, weil die Transitländer eben genau das nicht wollen. Die ursprüngliche Dublin-Vereinbarung von 1990 war noch unter ganz anderen Voraussetzungen getroffen worden, da gab es noch keine EU im heutigen Sinn, der Ostblock war noch nicht zusammengebrochen und es gab auch noch keine großen Flüchtlingsströme über das Mittelmeer*: Das hauptsächliche Problem, um das man sich kümmern wollte, waren damals Menschen, die mit einem Visum in einen Staat eingereist sind und in einem anderen Asyl beantragt hatten, Sekundärmigration nach illegalem Grenzübertritt war eher ein sekundäres Problem. Dafür gab es zwar auch Regelungen, aber die wurden von den Transitländern nicht beachtet.
Spätestens seit Ende der Ostblockkonflikte siehst du immer dasselbe Muster, wenn es darum geht das System zu reformieren: Die Haupteinreiseländer Italien, Griechenland (und später Spanien) sowie Mehrheiten im Parlament sind für mehr Umverteilung und gegen mehr Durchgriffsrechte der EU, die Zielländer (als Mehrheiten im Rat) sind gegen Umverteilung und für eine Einschränkung der Eigenständigkeit der Systeme (um besser nachzuverfolgen, wer von wo kam). Der Kompromiss ist dann immer, dass die Nachverfolgungsmöglichkeiten so zahnlos sind, dass die Transitländer sie weiterhin ignorieren können, während die Umverteilungsmechanismen so sehr auf Freiwilligkeit beruhen, dass sie nie zur Anwendung kommen. Schon Dublin-II (was die Zielländer dringend wollten) konnte nur durch einen Verfahrenstrick der Dänen überhaupt im Rat angenommen werden und Dublin-III gibt es nur, weil sich die Lage der klassischen Zielländer durch die Rechtsprechung von EuGH und EGMR bzgl. Griechenland Anfang der 2010er-Jahre verschlechtert hatte, wofür die Zielländer dann Konzessionen bzgl. der Rechtssicherheit von Asylbewerbern gemacht haben. Die unrühmliche Rolle Deutschlands, erst den Transitländern die kalte Schulter zu zeigen, als man selbst noch nicht wirklich von dem Problem betroffen war und dann nach Solidarität zu rufen, als man es auf einmal war, ist ja bereits häufig thematisiert worden. Von Einigkeit oder gar einer Strategie gibt es da gar nix.
*tatsächlich gab es nach Zusammenbruch des Ostblocks schon ein gewisse maritime Flüchtlingsbewegung über das Mittelmeer, aber die lief von Albanien nach Italien