Ich bin ja auch kein Freund von Rumgeheule, aber das ändert nichts daran, dass der Unger natürlich absolut Recht hat. Auch wenn er selber sicher nicht absolut clean ist, hat er absolut andere Doping-Voraussetzungen als die Jamaikaner.
Es ist nicht naheliegend, anzunehmen, dass während der Spiele selber stark gedopt wird, weil halt wirklich jeder 100% kontrolliert wird und ne Probe behalten wird. Tendenz steigend. Das meiste passiert halt während des Jahres, wie Unger ja auch selber beschreibt. Ein normaler Mensch kann halt nur so und so viel trainieren und braucht ab und an mal längere Pausen um sich zu erholen. Danach kann er wieder komplett von vorne anfangen, jede Saison. Während hart dopende Sportler vielleicht das ganze Jahr durch trainieren und das auch noch mit höherer Intensität. Jemand hat geschrieben "Wenn die Regeneration beschleunigt wird, muss man dennoch noch haerter trainieren, um die Effekte ueberhaupt ausnutzen zu koennen." Das ist doch nicht nur absolut unlogisch, sondern auch noch am Thema vorbei. Durch Doping kann intensiver (mehr Leistung während einer Einheit) _und_ öfter (schnellere Regeneration) trainiert werden!
Aber damit befassen wir uns ja nur mit Randproblemen. Wenn man für alle Nationalitäten gleiche Bedingungen schaffen will, dann muss man halt viel härter durchgreifen bei den nationalen Komitees und die wiederrum bei ihren Exekutivorganen. Bloß das Problem ist hier ja das selbe, wie ganz allgemein bei Doping im Profisport:
Alle Funktionäre wissen, dass gedopt wird, aber akzeptieren es.
Wenn du als Funktionär ehrlich wärst, müsstest du entweder jeden Tag mit aller Kraft gegen so ziemlich alle "verbündeten" Institutionen vorgehen, oder deinen Job kündigen.
Das ist für mich das schlimmste und wahrscheinlich auch 2FHs Problem, diese Verlogenheit.
Klar wollen weder Sportler, noch einzelne Verbände, noch Sponsoren, noch die Haupt-Sport-Medien, dass gegen Doping härter vorgegangen wird. Aber eigentlich sollte z.B. das IOC davon unabhängig sein und links und rechts Sportler sperren (die erwischt wurden), Verbände ausschließen (die nicht genug kontrollieren), Veranstaltungen absagen (wenn Doping-Freiheit nicht gewährt ist) etc. Das würden integere Funktionäre auch tun.
Nun wissen wir alle, dass Menschen egoistisch handeln und die Funktionäre nunmal davon profitieren, dass sie sich bei oben genannten Verbündeten beliebt machen. Wenn die Öffentlichkeit will, dass sich etwas ändert, dann muss man entweder diese Einflussnahme stärker beschränken, oder stärkere Anreize für die Befriedigung des öffentlichen Interesses für Funktionäre setzen.
Nichts anderes macht Sinn. Ob das passieren wird? Dazu müsste erst mal die Öffentlichkeit das Problem nicht nur verstehen, sondern auch in der Breite ein Interesse daran haben, dass Sport sauber ist. Den meisten ist es ja egal, so lange da eine gute Show geboten wird. Viele fordern ja mittlerweile sogar (ohne über die Konsequenzen nachzudenken), dass Doping erlaubt werden soll. Also sieht es sehr dunkel für doping-freien Sport aus.
Das ist übrigens ein klassisches Problem der Regulierung: dass im Endeffekt (starke) Minderheiten mit großem Interesse mehr Einfluss haben als Mehrheiten mit kleinem Interesse.