Differenzierbarkeit

FORYOUITERRA

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ich hab hier eine funktion f(t) mit integral_a^b f(t)^2 dt < infty und eine funktion g(s,t) die zweimal stetig differenzierbar für s ungleich t ist, jedoch nicht differenzierbar für s = t ist.

kann man irgendwelche aussagen über die differenzierbarkeit von

F(s) = integral_a^b f(t)g(s,t) dt

treffen?
 
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Ich wuerde vermuten, dass man sie unter dem Integral differenzieren kann, aber du hast dein Problem nicht ganz eindeutig gestellt:

*) Was ist der Definitionsbereich von g?
*)Und in welchem Sinn ist sie 2mal stetig differenzierbar? Als Funktion von 2 Variablen oder nur in s?
Ich wuerde deine Aussage so interpretieren, dass an jeder Stelle (s,t) mit s != t alle partiellen Ableitungen bis zur zweiten Ordnung existieren und stetige Funktionen auf dem Definitionsbereich ohne die Gerade {s=t} definieren. Aber es koennte leicht sein, dass es anders gemeint war.

edit:
habe mich umentschieden bezueglich der Vermutung: Unter den von dir angegeben Voraussetzungen ist die Funktion F(s) nicht einmal wohldefiniert, weil f(t)*g(s,t) nicht unbedingt integrierbar ist.
Wenn es sich um ein konkretes Anwendungsproblem, dann waeren zusaetzliche Informationen nuetzlich, wie z.b.: ist die Funktion g beschraenkt / integrierbar? Und ihre Ableitungen?
 
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Die Funktion muss nichtmal definiert sein. Wenn ich zum Beispiel a = -1, b = 1,
f(t) = 1 für alle t, g(t,s) = 1/(s-t)^2 für s =/= t und g(s,s) = 0 wähle,
existiert für s € [-1,1] das Integral nicht. Die Funktionen erfüllen aber alle deine Voraussetzungen. Du brauchst noch Wachstumsannahmen von g(s,t) und seinen Ableitungen in der Nähe von s = t. Dann kannst du das vielleicht mit nem Satz über Parameterintegrale oder dem Satz über majorisierte Konvergenz lösen (bei letzterem nach Bildung des Differenzenquotienten). Hinreichend für zweimalige Differenzierbarkeit deiner Funktion wären etwa Beschränktheit von g und seinen Ableitungen ( wobei man das sicherlich noch abschwächen kann).
Das sieht man so: Erstmal ist der Integrand integrierbar, was man mit Hilfe der Hölderungleichung sieht. Wenn du den Integranden nach s differenzierst, erhältst du f(t)d/ds g(s,t), was man betragsmäßig durch C*|f(t)| mit einer Konstanten nach Voraussetzungen abschätzen kann (d/ds g(s,t) sollte beschränkt sein). C*|f(t)| ist also eine von s unabhängige (!) integrierbare Majorante und man kann den Satz über die Differenzierbarkeit von parameterintegralen anwenden.

Brauchst du das für ein spezielles Beispiel?

edit: Der Integrand ist natürlich nur fast überall differenzierbar, aber das reicht für den Satz über parameterintegrale.
 
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danke schonmal. ich hatte gehofft, dass es da irgendwo ziemlich allgemeine sätze für solche funktionen gäbe:
tatsächlich gibt es noch ein paar annahmen über g(s,t) (definiert über [a,b]^2) ist eine sogenannte covariance function/kernel und als solche symmetrisch und positiv definit. (mit zweimal stetig diffbarkeit (aber nicht an s=t) ist genau der zweite punkt von brusko gemeint. ein konkretes zahlenbeispiel für so eine funktion ist z.b. g(s,t) = s+t-|s-t| = min(s,t), allerdings brauche ich eine aussage, die so allgemein wie möglich ist).
beschränkheit von solchen funktionen ist via cauchy schwarz ungleichung kein problem. auch eine beschränkheit von f(t) wäre keine harte annahme.

da für s!=t die funktion g(s,t) zweimal stetig diffbar sein soll, müssten auch sämtliche partiellen ableitungen für s!=t beschränkt sein. damit sollte man also auch ohne zusätzliche annahmen das machen können was sven vorschlägt...
...und ich nun mal versuche nachzuvollziehen ;)

nochmals danke an euch.
 
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Also ich denke, das allgemeinste, was man unabhängig von einem speziellen f sagen kann, wäre, dass F differenzierbar ist, wenn der Ausdruck (g(s+h,t) - g(s,t))/h eine beschränkte
L2-Norm (bezüglich dt) hat. Für die zweifache Differenzierbarkeit zusätzlich noch die beschränkte L2-Norm von (g_s(s+h,t) - g_s(s,t))/h, wobei g_s die partielle Ableitung nach s sein soll.
Beweis kann ich dir geben, wenn das ein interessantes Kriterium für dich wäre.

Alternativ wäre ein Kriterium, dass es eine L2-Funktion z1(t) gibt mit |g_s(s,t)| <= z1(t) für fast alle t und alle s und entsprechendes nochmal für die zweite s-Ableitung von g. Dann sollte es mit Hölder und dem Satz über parameterabhängige Integrale gehen.

Wirklich bessere Kriterien wüsste ich jetzt erstmal nicht.

edit: Was du da meintest, dass es quasi automatisch ist, dass die Ableitungen beschränkt wären, ist denke ich nicht so. Wenn du etwa die
Funktion g(s,t) = Sqrt(|s-t|) nimmst, dann würden die Ableitungen in der Nähe von s=t schon gegen unendlich streben. Das bedeutet allerdings noch nicht, dass F(s) nicht trotzdem diffbar sein könnte.
 
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Hinzufuegen koennte man noch, dass Beschraenktheit der Differenzenquotienten
( f(s+h,t) - f(s,t) ) / h
direkt aus dem Mittelwertsatz folgt, sofern f_s (die partielle Ableitung nach s) beschraenkt ist und f(s,t) stetig ist in Abhaengigkeit von s. Das waere also ein relativ einfach nachzupruefendes Kriterium, wenn es gegeben ist. Und analog fuer die zweite Ableitung.

edit: Ich korrigiere mich nochmal: Mittelwertsatz kann man eventuell nicht direkt anwenden, weil die Stelle wo die Fkt nicht differenzierbar ist ja zwischen s und s+h liegen koennte. Aber die Konklusion stimmt trotzdem.
 
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Beschränktheit der Differenzenquotienten/Ableitungen ist nicht notwendig (allerdings hinreichend), wie man etwa an folgendem Beispiel sieht:

g(s,t) = |s-t|^(5/3), sagen wir a = b = 1 und s € [-1,1], f(t) = 1
Dann ist nach meiner Rechnung F(s) = 3/8 (s+1)^(8/3) + 3/8 (1-s)^(8/3), das ist zweimal stetig diffbar, obwohl die zweite s-Ableitung von g unbeschränkt ist.
 
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Ich bin mir nicht sicher was du in deinem letzten post sagst:
*) Dass Beschraenktheit der Ableitungen nicht unbedingt notwendig ist, um unter dem Integral differenzieren zu duerfen?
*) Oder dass Beschraenktheit der Ableitungen nicht aus der fast-ueberall Differenzierbarkeit folgt?

Beidem wuerde ich wohl zustimmen, aber ersteres scheint mir selbstverstaendlich und letzteres hattest du glaube ich in deinem letzten post schon diskutiert.
 
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Ja beides eigentlich, wollte nur mal ein konkretes und nicht ganz triviales Beispiel geben ;)
 

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hab nochmal in den annahmen nachgeschaut. es werden explizit unbeschränkte ableitungen von g(s,t) für |s-t|->0 zugelassen. (g(s,t) ist stetig). bringt mich also nicht weiter.
tatsächlich übersetzt sich meine annahme, dass eine eine zweifach stetig differenzierbare funktion h (relevanter definitionsbereich [a,b]^2 x [0,b-a]) und ein parameter 0<c<2 existiert, so dass für alle s und t die funktion g(s,t) sich schreiben lässt als h(s,t,|t-s|^c) (und h_z(t,t,z)|_{z=0} !=0 für alle t.)
 

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Ok also für diese Version bräuchtest du nen Beweis?
das wäre göttlich, wenn es sich da solch eine aussage beweisen ließe, aber ich glaube es ist nicht möglich. Gegenbeispiel:

edit: doch kein gegenbeispiel. war nen kleiner rechenfehler drin

für ein u mit 0< a<u<b sei
f(s) = 1_{u<s<b} und g(s,t) = min(s,t) = t+s-|t-s|.
(f ist natürlich quadratintegrierbar, g(s,t) erfüllt meine voraussetzungen. beachte, dass allgemein jede solcher funktionen g(s,t) auch symmetrisch ist.)

somit ist

F(s) = int_a^b f(v) g(s,v) dv = int_{u}^b g(s,v)


sei nun s<u dann ist

F(s) = int_u^b s dv = s (b-u)

wenn jedoch s in [u,b] ist, dann gilt
F(s) = int_u^s v dv + int_s^b s dv
= 0.5 (s^2-u^2) + s(b-s) = s*b -0.5s^2 -0.5*u^2

somit ist lim_{s to u, s>u) F(s) = ub-u^2 = ub-u^2 = lim_{s to u, s<u) F(s).

edit: doch kein gegenbeispiel. war nen kleiner rechenfehler drin
 
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Das heißt, nach deiner Rechnung wäre dein F nichtmal stetig?
Das kann nicht sein, mit dem Satz über Parameterintegrale kann man hier leicht zweimalige Differenzierbarkeit zeigen. Nurmal die Stetigkeit: Der Integrand ist bei jedem (fast jedes reicht) festen t stetig in s. Weiterhin ist |f(v) g(s,v)| <= max(|a|, |b|) =: C für alle s und v (v € [a,b]). C ist also eine von s unabhängige integrierbare Majorante, also muss F stetig sein. Deine Rechnung ist auch falsch.

F(s) = int_a^b f(v) g(s,v) dv = int_{u}^b g(s,v) stimmt noch.

Soweit habe ich geschrieben, bis ich deinen edit gemerkt habe, du hast es wohl mittlerweile selber gemerkt :D
Also ich hab raus:
F(s) = s (b-u) für s <= u
F(s) = (s-u)^2 / 2 + s(b-s) für b > s > u
F(s) = (b-u)^2 /2 für s >= b und das ist zweimal stetig diffbar

Wenn ich die Tage mal Zeit finde, werd ich mal nen Beweis versuchen. Heute allerdings nicht mehr, es sei denn es geht um Leben und Tod ;) ^^
 
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geht nicht um leben und tod, aber nen beweis, dass unter den gegebenen annahmen aussagen über die differenzierbarkeit für das parameterintegral zu finden wäre absolute oberklasse.
 
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Mal ne Zwischenfrage: Wie oft differenzierbar hättest du gerne? Ich bin bisher irgendwie davon ausgegangen, dass zweimal stetig diffbar gewünscht ist. Das kann unter den Voraussetzungen schonmal nicht gehen. Das sieht man an einer leichten Modifikation meines obigen Beispieles:

g(s,t) = |s-t|^(1/3), sagen wir a = -1, b = 1 und s € [-1,1], f(t) = 1
Dann ist nach meiner Rechnung F(s) = 3/4 (s+1)^(4/3) + 3/4 (1-s)^(4/3), das ist einmal stetig diffbar, aber in den Randpunkten -1 und 1 kein zweites Mal.

Bisher steh ich ein bisschen auf dem Schlauch bei dem Beweis, für 1<= c < 2 ist die einmalige Differenzierbarkeit nicht so das Problem, weil die Ableitungen beschränkt sind.
Aber für 0 < c < 1 bekomm ich nichtmal einmal diffbar hin.
 

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randprobleme sind vernachlässigbar.
am besten wäre es, wenn man zeigen könnte, dass die zweite ableitung des parameterintegrals existiert.
vielleicht kann man auch über eine zerlegung von der kovarianzfunktion g(s,t) in dessen eigenfunctionen irgendwie leichter rangehen, es gilt nämlich, dass sich g(s,t) schreiben lässt als
g(s,t) = sum_(j=1)^infty l_j e_j(s) e_j(t)
(l_j eigenwerte, e_j eigenfunktionen)
wobei sich halt die eigenschaften von g(s,t) auf die der eigenfunktionen durchdrücken sollten.
 

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covarianceoperator. http://en.wikipedia.org/wiki/Mercer's_theorem
g(s,t) ist ein positiv definiter kernel. bringt aber dennoch nix: eigenfunktionen können differenzierbar sein, auch wenn g(s,t) es nicht ist (der wert der eigenwerte fällt dann wohl zulangsam ab?!)

zweimal (stetig) differenzierbarkeit kann man übrigens nicht zeigen. habe dazu ein gegenbeispiel konstruiert, was nicht nur an den rändern nicht differenzierbar ist. allerdings ist das von mir konstruierte beispiel, genau wie das deinige auch, einmal stetig differenzierbar. wenn man das zeigen könnte (und dann noch, dass sie NICHT zweimal stetig differenzierbar ist) wäre es schon ziemlich gut.
 
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So, kleines Update:

Wenn man formal unter dem Integral differenziert, dann kommt dort die Ableitung d/ds |t-s|^c = sign(s-t)*c*|t-s|^(c-1) vor. Wenn f nur quadratintegrierbar ist, dann muss dieser Ausdruck auch quadratintegierbar sein, damit überhaupt ne Chance besteht, dass man unter dem Integral differenzieren kann. (Könnte natürlich sein, dass das ganze diffbar ist, allerdings nicht indem man wie meist unter dem Integral differenzier, halte ich aber für wenig wahrscheinlich.)
Das geht nur für 1/2 < c.
Alternative wäre, stattdessen f beschränkt und integrierbar zu fordern, dann muss der obige Ausdruck nur integrierbar sein und das ginge schon für 0 < c.

Ich habe heute ganz zufällig einen Beweis für was ähnliches mit dem Newton-Potential im Gilbarg-Trudinger gefunden und denke, den könnte ich so umschreiben, dass er für diese beiden Fälle passen würde.
 
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