Die Beerdigung von Benny & Kenny [Romanauszug]

[fN]Leichnam

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Die Beerdigung von Benny & Kenny [Romanauszug "Frau Winter und die Kriegsbeendigungsmaschine"]

Hauptmanns Aufräumkommando kam uns entgegen gefahren. Wir winkten artig und lösten dann die Sprengfallen aus. Es war herrlich, wieder auf der Straße zu sein. Ärgerlich nur, dass sich unser Tross um Doktor Tunichtguts Familie vergrößert hatte. Der verfluchte Rattenjunge gab einfach keine Ruhe, hatte offenbar auch schon eine ganze Reihe anderer Gebrechen in seinem jungen Leben entwickelt und meine Sicht auf ihn schwankte zwischen Mitleid und tiefer Verachtung. „Und wenn jetzt die Aliens kommen ?“ witzelte der Busfahrer, kassierte einen gestrengen Blick von Frau Dr. Tunichtgut ( ein vollkommen humorloses Weib im Übrigen ) und machte sich wieder stiller. „Die würden vor Schreck glatt umkehren.“ nahm Frau Winter den Faden wieder auf. „Und sich 'nen anderen Planeten suchen. Die müssten sich ja schämen, hier zu invasieren. Mit der Erde war sowieso nie viel los. 'Ne Sonne, der Mond, fünf Klimazonen und 'ne Unzahl Zähne. Die fortschrittlichste Spezies hat das Plappern gelernt. Na mein Gott. Man sieht ja, was dabei rumkommt. Es ist doch alles Mimikry. Gründe für Optimismus: Der Schlaf im Kleinen & der Tod im Großen. Ansonsten..“

Und der Tod ließ sich in der Tat nicht lumpen, denn während wir uns in weltbewegender Mission wähnten, nahm er rücksichtslos Benny und Kenny aus unserer Mitte. Die beiden hatten es im wahrsten Wortsinn zu arg getrieben. Die Details hier zu veröffentlichen, lässt mein Scham- und Mitgefühl nicht zu und so überlasse ich es der Fantasie eines etwaigen Lesers, sich auszumalen, was nötig ist, um zwei homosexuelle Männer besten Alters beim Verkehr miteinander aneinander zu eliminieren.
Jetzt hatten wir eine Beerdigungsfeier in unseren gedrängten Zeitplan einzufügen.Schwarze Kostüme mussten gekauft werden. Dem Rattenjungen wurde eine Lilie ins nagelneue Knopfloch gesteckt und Frau Doktor Tunichtgut schien endlich einen Anlass gefunden zu haben, der ihres permanenten Trübsinns gerecht wurde. Sie war wie geschaffen für Trauerfeierlichkeiten jeder Art. Die Grabrede schrieb ich auf der Damentoilette neben der alten Kapelle. Aus diesem Anlass war ich eine halbe Stunde früher angereist. Ich ließ mich inspirieren vom Duft der Angst vor ungewollten Schwangerschaften, vor dem Tod und Patrick Lindner. Entstellte Selbstbildnisse kamen mir in den Sinn. Ich habe die Finsternis des Lebens und ihre Notwendigkeit nie ganz begriffen, doch war ganz sicher eine Spur von jedem Akt der Gewalt, jeder Gräueltat und jedem Ausbruch des menschlichen Unwesens auch tief in meine Seele versenkt und jene geheimen Lager versuchte ich nun anzuzapfen, um Benny und Kenny einen angemessenen Abgang zu verschaffen.
Als ich auf das kleine Podest stieg, lachte mich stumm Frau Winter aus der hinteren Reihe an. Tod und Verderben, das war ganz nach seinem Geschmack, lenkte ihn ab, machte ihn gesund und munter. Seine verdrehte Seele war nun eben so konstruiert und ich war nur froh, dass niemand außer mir die Grimassen sehen konnte, die sich in seinem Gesicht abzeichneten. Einmal drehte sich Bennys Mutter nach ihm um, da hob er schnell sein Lexikon zwischen ihren Blick und sein Gesicht, in der nutzlosen Hoffnung damit eine Pietätlosigkeit zu vermeiden.
Benny und Kenny hatten immer alles geteilt. Die Wohnung, gemeinsame Freunde und Lover, Will Turners Locke, das Testament und laut diesem nun also auch das Grab. Nur in einem Punkt waren sie sich uneins. Benny wollte einen Sarg, Kenny dagegen wollte verbrannt und in einer Urne bestattet werden. Nun gab es im Grunde solche Mischgräber nicht offiziell und so hatte man dem Leichnam Bennys einfach Kennys Urne beigelegt, seine Arme über ihr gekreuzt und dann den Deckel drauf. Naja, es war okay.
Von den Wald- und Wiesengräbern hinter der vor mir versammelten Trauergemeinschaft stieg ein dünner, feuchter Nebel auf, die Morgensonne ward darin sichtbar und ich verlas die ersten Worte. Frau Winter gluckste fröhlich und der scheiß Rattenjunge machte arges Geräusch mit seinem Speichelapparat. Es waren die Eltern der Verstorbenen anwesend, ein paar Onkel, Tanten, sogar Bennys Großvater, oh weh. Dazu noch eine Hand voll Models - Tunten von Bennys und Kennys Schlag haben auf diesem Gebiet astreine Verbindungen - und die unvermeidliche Gruppe von Liebhabern, treuen Schwanzwedlern und anderen verheulten Analkaspern. Die besten Gedanken kamen mir schon immer auf Damentoiletten und so tat meine Rede einiges an Wirkung. Die Mütter der kürzlich verstorbenen Söhne auf deren Beerdigung zum Weinen zu bringen war kein Kunststück, aber auch die an Kummer gewohnten Väter der armen Schwutten und selbst unser leidgeprüfter Busfahrer brachten nach einigem Kampf die ersten Tränen hervor. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich mich in meiner Rolle als Grabredner prächtig wohl fühlte; die von mir verfassten Worte waren durchtränkt von aller Liebe und Fäulnis, die sich am Ort ihrer Entstehung finden ließen und so sprach ich chiffriert vom großen Segen der fortpflanzungsarmen Homoliebe, ihrer heiligen Unschuld, webte individuelle Erinnerungen an jeden der beiden ein, ja, überhaupt beschränkte ich mich in erster Linie darauf, dass sie Menschen, nicht nur Schwule waren und das schien dem heterosexuellen Anteil der Trauernden einzuleuchten, denn Menschen waren auch jene. Zwischenein wandte ich mich direkt an die beiden und sprach ihnen meinen persönlichen Dank aus. Dank für all ihre Warmherzigkeit und Fürsorge, für ihre Treue mir und Frau Winter gegenüber. [ Jener kam in diesem Moment dem noch offenen Grab zum ersten Mal gefährlich nahe. ] An dieser Stelle muss ich ein Geständnis machen. Die Dinge verwirrten mich zusehends. Da war dieser ausgeglichene, ruhige Mann. Für ihn hätte ich eine Million kriegsgehärteter Eurotaler kassieren mögen, aber es sprachen all jene verrotteten Gewissensreste für ihn und gegen meinen schändlichen Trieb, ihn einfach zu verraten. Außerdem war es zu spät. War es mein oder Frau Winters Wille gewesen, dass diese seltsame Waffenwissenschaftlerfamilie nun an uns hing ? In allen wichtigen Entscheidungen vertraute ich dem irrsinnigen Selbstzerstörer blind, der nun, die Hand einer betrogenen Mutter in der seinen führend, am Grab ihres verstorbenen Sohnes entlang schlich und ihr Dinge zusprach, deren Inhalt ich nicht verstand, aber ich sah an den weichen, schweren, hin und wieder von inneren Widerständen gestörten Bewegungen ihres Gesichtes, dass ich schon immer richtig lag, dass ich einen guten Verbündeten hatte und weiter sprach ich Worte des Trostes und der Dankbarkeit. Rührend umgab die flatterhafte Seele Frau Winters die Mutter. Und weil ich ihm vertraute, hatte ich keine Bedenken, ihn einfach machen zu lassen. Auch Lilith sollte man keinen Vorwurf machen. Sie saß ein wenig abseits und brauchte ihre Trauer nicht zu spielen, denn sie hatte die beiden sehr gemocht. Sie waren ihre Patenbrüder gewesen, wie Frau Winter es nannte.
Aber es kam wie es kommen musste und während ich allmählich zum religiösen Anteil meiner Grabrede übergehen wollte, machte Frau einen unvorhergesehenen Hopser in die frische Grube hinein. Zunächst machte es den Anschein, als wolle er sich dazulegen, aber er war nur auf dem polierten Furnier des Sargdeckels ausgerutscht. Jetzt richtete er sich wieder auf, die Seitenwände der Grube als Stütze nutzend, und schließlich klemmte er im Spreizschritt über Bennys und Kennys Sarg und machte sich an jenem zu schaffen. Das Hallo unter den Trauergästen mag man sich vorstellen. Zwei dürre Models kippten gleich in Ohnmacht, die tuntigsten unter den Tunten stimmten ein ohrenbetäubendes Gezeter an, Bennys Großvater stürzte stockschwingend an den Rand der Grube und ich stand nur da, sah vom Podest runter in die Grube und auf Frau Winter und wusste nur, er hatte es mal wieder versaut. Frau Winter hatte unterdessen den Sarg bereits von seiner Abdeckung befreit und schob die schwere Platte ächzend über den Rand der Grube. [ Das Beunruhigende am Anblick einer Leiche ist ja die Angst, ein Lebenszeichen zu entdecken. ] Bennys blasses Gesicht tauchte plötzlich auf, es schien für einen Toten reichlich Unfrieden zu tragen und mir war, aber das mag eine Täuschung gewesen sein, als krampften sich seine Finger stärker um Kennys letzte kleine Ruhestätte, die er in den Händen hielt. Sie schien auch das Ziel Frau Winters Interesse zu sein, denn er spreizte die Finger und bückte sich herunter, um Benny die Urne zu entwenden. Ich warf mich unterdessen auf den Großvater, der seinen blöden, alten Stock gegen Frau Winter erhoben hatte. Mit Wucht schubste ich ihn in die Arme seiner Schwiegertochter und konnte mir das Lachen nicht verkneifen. [ Wo ist der Mensch, der mich vor meiner Niedrigkeit bewahrt ? ] In jeder traurigen Hinsicht. Als Jugendlicher suchte ich Trost bei Hunter Stockton Thompson, statt bei meinem Vater. Bei Thompson lässt sich lernen wie man mit Depressionen umgeht.
[ Thompson: Auch so eine tragische Gestalt. Er wollte immer den großen amerikanischen Roman schreiben. Hat er nie gemacht. Er hat ja nur einen wirklichen Roman geschrieben. The Rum Diary. Mit Anfang 20. Gutes Buch. ( Die Strip-Szene ist vortrefflich gelungen. Und finster, oh, so finster. ) Hunter S. Thompson hatte früher ganze Bücher von Hemingway und Fitzgerald abgeschrieben – per Hand. Er wollte wissen, wie es sich anfühlt, solche Worte und Zeilen zu schreiben. ] Na, ich sah dem Opa mit einiger Bitterkeit nach, hoffte, er würde sich nicht schwer verletzen und drehte mich, um zu schauen, was Frau in der Grube trieb. Da musste ich schon Kennys trockene Asche schmecken. Sie wehte mir in zwei kurz nacheinander angesetzten Zügen auf die Lippen, in die Augen, und ich blinzelte wie damals als Kind in der alltäglichen Schlussszene des Sandmännchens. Ich bin zu sensibel für diesen gottverlassenen Planeten. Tote Tiere kamen mir in den Sinn. Ich weiß nicht, ob es tatsächlich Kennys Asche war, die sie zu mir trieb. All die Eichhörnchen und Rehe, wissen Sie etwas über die Eichhörnchen des bspw. 17. Jahrhunderts ?, da war all die ungelesene Information in Kennys Asche und ich musste sie mir aus den Augen wischen, davon ablassen wie von der Liebe. [ Es gibt keine Liebe. Schade eigentlich. ] Kennys ehemaliger Körper rutschte mir, getränkt in Salzwasser, zum ersten Mal die Wange hinab und ich fragte mich, was zum Teufel ich nur mit all diesem irren Schwachsinn gemeinsam hatte. Man hat ja nur die Wahl, ob man gewillt ist, die bodenlose Leere des Daseins anzunehmen oder aber, ob man seinen Beitrag zum vielschichtigen Netz aus Lügen und Unwahrheiten geben möchte, das die Leere verdeckt und von Zeit zu Zeit erträglich macht. Seine Asche in meinem Gesicht gab Kennys Tod eine so reale, greifbare Dimension, die er vorher für mich noch nicht gehabt hatte.
Und in diesem Zustand der Bestürzung über den Verlust eines Freundes musste ich mit ansehen wie Frau Winter den zweiten verstorbenen Freund an den Schultern packte und versuchte, ihn mit aller Macht wachzurütteln. Offensichtlich hatte er komplett den Verstand verloren. Mobiltelefone wurden panisch aus Handtaschen gerissen, mancher verließ die Beerdigung fluchtartig, eines der gestürzten Models erwachte dank der Hilfe hinzugeeilter Schwuchteln. Die andere war vielleicht tot. [ Einen besseren Ort zum tot sein gibt es nicht. ] Man sollte sich von der Illusion verabschieden, in einer stabilen Welt zu leben. Und man sollte den Trugschluss aufgeben, sich selbst zu kennen. Denn es wird unausbleiblich die Situation kommen, in der man sich selbst dann nicht wiedererkennt. Blackbox. Du und Ich. Der Mörder und der Heilige – sie sind in dir und mir. Richtig, ich sollte nicht schwafeln. Also scheiß auf diesen paranoiden Dreck. Hui, Politik. All diese dreimal verfluchten Schwerverbrecher und Massenmörder. Ich kenne nur einen Weg. Den Weg der Isolation. Alle Staatschefs an die Wand. Es wäre ein Anfang. Aber sie würden nachwachsen, wie das Gerümpel aus griechischen Sagen, die ich aus Selbstschutz lang vergessen habe. [ Ist das schon zynisch ? ] Unser Schicksal ist von seltsamen Philosophen sowas von abgekartet. Auch die soll der scheiß Satan fressen !
Ein ähnlich gearteter Rundumschlag vertrieb Models, Mütter und Homosexuelle aus meiner näheren Umgebung. Es war zu viel, schlicht zu viel, und sie duckten sich vor meiner entfesselten Wut hinter Bäume und Grabsteine.
„Ihr seid alle Arschlöcher !“ schrie ich. Eine neue Droge. Die letzte. Ein unabdingbarer Neuanfang, nur für einige Jahre, danach stand mir der Sinn, ein Weg raus aus all den Entsetzlichkeiten, die nach mir griffen. Gib mir eine andere Droge ! Und dann weg, den Stecker ziehen, den beknackten Schalter von I auf 0 schalten. Flucht. Weg, für immer. Ich fühlte mich langsam reif dafür. Denn vielleicht ist die Tabula Rasa-Platte heute schon nicht mehr das härteste, das in diesem sonnigen, grünen Land produziert wird. Vielleicht ist man bei Krupp wieder geil auf Zahlen geworden. Ich weiß es nicht. Vielleicht ist sie überholt. Vielleicht gibt es mittlerweile Menschen, die anderes aushecken. Menschen, die nichts mehr von Frauen halten. Menschen ohne Sinn für Humor. Vielleicht ist es soweit. Ich muss es in Anbetracht all der Untoten, die mich umgeben, befürchten.
Und Benny erwachte zu neuem Leben !

Aber was sagte man eigentlich gerade ? Ich probierte: „Guten Morgen.“ [ Himmel ! Ich brauche 1000 Jahre Schlaf nach den ersten verlebten 34 auf diesem Planeten. ] Frau Winter kletterte umständlich auf dem nicht gar so Toten in der Enge seines Grabes herum und Benny quittierte es mit Seufzen und Stöhnen. Das eben erwachte Model verabschiedete sich augenblicklich wieder in tiefe Ohnmacht. Ein Raunen ging durch die Menge, das langsam anschwoll zu allgemeinem Jubel und einer unbeschreiblichen Heiterkeit. Ich wischte mir derweil Kennys letzte Reste vom Anzug.

[…]

Nachher landete ich dann natürlich noch auf dem ohnehin zur Horizontalen geneigten Model. Dabei hatte ich ihr nur das handelsübliche Märchen ihrer „schönen Augen“ erzählt; und dann noch etwas Spontanpoesie ihren Mund betreffend – da schaute sie mich schon kaufsüchtig an und wurde dann glücklich und dankbar, später dann auch durchaus laut. Sie war eine Naturgewalt, gefangen im Körper einer bulimischen Elfe. ( Na, ich kann schon, wenn ich will ! ) Sprach's recht besonnen zu ihr: „Mädchen ! Könntest du dir vorstellen, auf ein Kind, das aussieht wie du und ich, zu verzichten ? Falls nicht, lass uns getrennte Wege gehen und wir müssen unser beider kostbare Zeit nicht aneinander verschwenden.“ ( Bin nämlich gegen Fortpflanzung; vor allem die eigene. ) Aber zum Teufel, das Weib war nun scharf wie 'ne Fliegerbombe ! Also Runde zwei.

Frau Winter warf am nächsten Morgen die interessante Frage auf, ob es nicht ein Fehler Kennys gewesen sei, sich verbrennen und einäschern zu lassen und versetzte damit die Frühstücksrunde um Benny in tiefe Nachdenklichkeit. Ich selber war so betroffen, dass ich mir Kaffee und Schnaps im Wechsel zwischen die Kiemen pfiff. Ohne Ende und Vernunft. Ich stehe auf Stimulanzen aller Art. Ein altes Problem. Unheilbar. [ Ich war noch nie der Ansicht, dass der Suff irgendetwas entschuldigen könne. Aus dem einfachen Grund, dass man nicht betrunken war, als man anfing zu trinken. Es ist in jedem Fall 'ne schlechte Idee. Aber was soll's ? In einer falschen Welt kann man keine richtigen Entscheidungen treffen. Und wenn es darum ging, mich selbst zugrunde zu richten, war ich schon öfter ganz groß. ] Immer Ich, Ich, Ich. Diese Verantwortungslosigkeit ist meinen Eltern zu verdanken. Na, heut' liegen sie auf zwei verschiedenen Friedhöfen.
Zurück zur eigentlichen Faszination: Benny. Benny. Und nochmal, ich musste blinzeln: Benny. Butterhörnchen in der Hand, dann schob er es sich in den Mund. Nicht langsam, nicht wie in Zeitlupe. Benny. Im Fensterbrett saß Lilith und aschte eine Zigarette an ihrer Kaffeetasse ab. Wir verfolgten an diesem Morgen das ehrgeizige Ziel, die Welt vom Alkohol zu befreien. [ Verbrennen – oder alles selbst trinken ? ] Am Ende des Flurs, in der Küche, tobte ein kurzes Gemetzel zwischen Köchen und Kellnern, das die Köche wegen besserer Ortskenntnis für sich entschieden. Ein geschlagener Kellner lag noch dort, seine Beine ragten zur Tür heraus und ich stieg über sie in Richtung Baderaum. Mit aller Kraft versuchte ich das blöde Glockenmaul des Pissoirs kaputt zu pissen. [ Bei meiner Ausmusterung stellte ich meine tiefgelbe Giftpisse neben die Röhrchen der Anderen – mit ihrem kristallklaren Inhalt. Scheiß Europawehr. Im Verteidigungskrieg bin ich dabei. Wenn hier einer aufkreuzt und versucht, unsere Frauen zu ficken. Andernfalls mache ich lieber in Frieden. ] Ein nervöser Mann rauchte eine Zigarette beidhändig. Ich zitterte aktiv. Viele schlimme Farben waren sichtbar.

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Zur Handlung kann ich freilich nicht viel sagen.
Aber es ist ein interessanter Stil: Southpark und Simpsons treffen auf einen postapokalyptischen Simplicissimus?

Wenn nicht zu viele Schoßgeschichten drin vorkommen, würde ich ihn sogar lesen. ;)
 
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es wirkt doch sehr aufgesetzt und unreif... aber nicht jeder ist ein naturtalent und ohne talent muss man dann hart daran arbeiten. ist nur die frage ob du das willst?
 

Green Monkey

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Hab mir jetzt auch mal die Zeit genommen und den Text gelesen.

Romanauszüge sind natürlich immer so eine Sache, weil man eben nur einen sehr kleinen Ausschnitt zu sehen bekommt. Zum einen muss man sich erstmal inhaltlich orientieren und zum anderen mit den Personen vertraut machen. Gut, es fällt nicht ganz leicht, aber ein Bild bekommt man schon (verschiedene Verweise auf historische Personen, zudem irgendwie ein Europakonzept [Eurotaler, Europawehr], in Verbindung mit dem Kriegshinweis in der Überschrift reimt man sich dann etwas zusammen).

Edit-Zusatz:
Auch wenn mich der Schreibstil persönlich nicht so anspricht, muss man einfach sagen, dass er absolut hochwertig und sehr sehr geeignet für einen Roman ist. Abwechslungreich in der Wortwahl, guter Satzbau, einfach rund. Also alles edel und schick soweit. Manchmal wünsche ich mir nur irgendwie einen herausragenden Höhepunkt, einen Satz den man zweimal lesen muss, weil er so gut ist, und der einem irgendwie im Gedächtnis bleibt. Aber das ist wohl auch der Gattung Roman geschuldet, da macht man eher die lange Distanz über Ausdauer und durchgehend ein sehr hohes Niveau halten muss man auch erstmal können... Eine direkte Anmerkungen vielleicht noch, bei "Sprach's recht besonnen zu ihr" bin ich mir irgendwie recht unsicher, ob das so korrekt verwendet worden ist, da bin ich einfach ein bisschen gestolpert.

Inhaltlich weiß ich nicht recht, was ich von den vielen Einschüben halten mag. Sie sind für sich genommen gut und interessant, aber ich würde mich fragen, ob sie auch den Roman "voranbringen". Manchmal sind es dann so kleine Stopsteine, die einen kurz aus der Handlung ziehen. Wahrscheinlich bin ich da eher ein Vertreter der puristischen Linie "so wenig wie nötig schreiben". Andererseits muss man auch hier wieder sagen, gerade in einem Roman kann man ja viel eher abscheifen und sehr ausführlich schreiben.

Was mir sonst noch auffällt, ist dass die Handlung von Stil und zum Teil auch figurenpsychologien Aspekten sehr in den Hintergrund gedrängt wird (zumindest im Auszug). Das ist per se nichts schlechtes, doch in unserer heutigen Zeit nicht gerade leserfreundlich. Wir sind es einfach gewohnt, durch Filme, Spiele und co, dass ständig etwas passiert, action, action, action. Jetzt muss man sicher nicht auf die Idee kommen, sich dem bedingungslos unterzuwerfen, aber für ein vertretbares Maß an Handlung und guter Struktur bin ich eigentlich schon sehr dankbar. Die Gefahr ist in meinen Augen einfach, dass der Stil zu sehr im Vordergrund steht und dann ist man quasi von diesem einen Faktor allein abhängig.
 
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[fN]Leichnam

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thx fürs feedback soweit. vor allem vielen dank an green monkey für den umfangreichen und interessanten beitrag. ist immer interessant zu hören wie die eigenen texte auf andere wirken.
 
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