Die Ära Kohl: Wiedervereinigung, Spenden, usw.

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die argumentation geht dahin, dass man aus der ddr erstmal eine sonderwirtschaftszone gemacht hätte und dann behutsam an das niveau der brd herangeführt hätte. das sind halt alles "hätte-hätte"-spekulationen. defacto war man sicher einerseits von der geschwindigkeit und der einmaligen chance überrumpelt, deutschland wiederzuvereinigen, andererseits auch romantisch verklärt und etwas angetrunken von der wirtschaftlichen leistungsfähigkeit der brd. ich würde den protagonisten nicht mal unbill unterstellen, sondern schlicht naivität. als kohl blühende landschaften versprach, in dem man einfach ein bisschen den schutt beiseite schob, dann kann man ihm das durchaus als ernst gemeint abkaufen, weils eben auf seinen erfahrungen nach 45 beruht. allerdings unter verkennung der tatsachen, das die umstände nicht vergleichbar sind und waren.
 

Deleted_228929

Guest
Ok dann hat man die ossis aber nicht mit der 1 zu 1 umstellung beschissen, sondern sie haben danach nicht gecheckt, dass Sie Ihre Löhne an passen müssen. De Facto hat man ihnen aber erst mal ne Menge Geld geschenkt. Man stelle sich den Aufschrei vor, alle Konto hätten auf einmal nur noch 1/5 des Wertes.
Jo, "Die Ossis hätten doch einfach mal...". Was ist das denn für ein Stammtischniveau? :flop:

Ansonsten Logik? Erst klatschen wir im viel zu hohen Wechselkurs die D-Mark drüber und dann kürzen wir die Löhne - was war da jetzt direkt noch der Unterschied zu einem von vornherein niedrigeren Wechselkurs?


Gehen wir ma davon aus, die Währung wäre nicht 1zu1 getauscht sondern beispielsweise 5zu1, hätte das dann nicht auch verheerende Folgen gehabt? (Ehrliche Frage; die VWL-technische Betrachtung würde mich echt interessieren)

Ostdeutschland wäre dann doch wohl zum in-house Billigproduktionsland geworden; was evtl negativer wäre als die jetzige Entwicklung.

Den psychologischen Effekt ala "ihr seid genauso viel wert wie wir" beim 1zu1 Tausch sollte man doch sicherlich auch nicht unterschätzen. Ein Fußball-WM Sieg hat ja schon positive Effekte auf die Wirtschaftsleistung. Was hat da wohl ein "ihr seid nur ein Fünftel wert" für Effekte? (auch wenn es wirtschaftlich betrachtet die Wahrheit wäre)
*seufz* Eigentlich hatte ich mir irgendwann mal vorgenommen, solche Diskussionen nicht mehr im Internet zu führen, aber here we go: Wie oben schon erwähnt sagen nominale Werte nicht notwendigerweise die ganze Wahrheit, so z.B. bei Löhnen. Die absolute Nominallohnhöhe sagt relativ wenig aus, denn es kommt nicht nur darauf an, was eine Arbeitsstunde kostet, sondern auch darauf, was man für diese Arbeitsstunde bekommt. In der DDR-Industrie lag dem Vernehmen nach die Produktivität deutlich unter dem Westniveau. Deswegen hätte die bei einem entsprechend niedrigeren Nominallohniveau eben nicht die westdeutsche Industrie mal eben weggerotzt. (Wenn absolute Nominallöhne entscheidend wären, müsste uns Griechenland ja mittlerweile die Hölle heiß machen ökonomisch.)

Richtig ist natürlich, dass westdeutsche Firmen mit ihrer produktiveren Technologie dann nach Ostdeutschland hätten abwandern können und ihre höhere Produktivität dort mit den niedrigeren Löhnen kombinieren können. Das gleiche Geschrei wird aber seit Jahrzehnten in Bezug auf alle möglichen Entwicklungsländer gemacht, die erfolgreich den Aufustieg zum high income country schaffen (Japan, Asiatische Tiger, China) und in keinem dieser Fälle hat deren wirtschaftlicher Aufstieg zum Untergang Deutschlands geführt, erstens, und zweitens ist es im idealfall so, dass die Löhne mit der Produktivität mitsteigen. So hätten die neuen Bundesländer dann halt schrittweise zum Westen aufschließen können. Inzwischen haben sie das auch mehr oder weniger geschafft, aber ich denke, dass man das mit geringeren makroökonomischen Flurschäden hätte haben können.

Mir ist klar, dass das alles sehr lehrbuchmäßig ist, was ich hier schreibe und einfach wäre es so oder so nicht geworden. Ich bin jetzt auch keiner, der dauernd über die Transferzahlungen nach Ostdeutschland jammert und rumheult, was man nicht für schöne Steuersenkungen im Westen hätte verteilen können. Teuer wäre es so oder so geworden. Aber erstmal mit einem absurd zu hohen Wechselkurs die letzten Rest der DDR-Wirtschaft wegbügeln, die noch funktioniert haben und hinterher mühevoll den Scherbenhaufen aufräumen, das konnte nicht die Ideallösung sein. Und dass der zu hohe Wechselkurs ein massives Problem darstellen würde, wusste man, wie gesagt, auch damals schon. Deshalb ist diese Aktion, wie ebenalls gesagt, voll kritikwürdig. Da lasse ich auch kein Gejammer gelten, es hätte ja sonst eine Völkerwanderung nach Westdeutschland gegeben. Die haben wir nämlich auch so gehabt. Nur dass die Leute nicht vor vermeintlich zu niedrigen Löhnen geflohen sind, sondern vor der Massenarbeitslosigkeit. Überhaupt wurde afaik lange überhaupt nicht darüber geredet, im Osten tutti-frutti die D-Mark einzuführen. Das ist, wenn ich mich recht erinnere, erst im Frühjahr 1990, kurz vor der Volkskammerwahl, auf einmal vom Himmel gefallen.

Die eigene Politik für alternativlos und jeden Kritiker zum linken Spinner oder gleich noch Vaterlandsverräter zu erklären, war auch damals schon CDU/CSU-Mentalität.
 
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die argumentation geht dahin, dass man aus der ddr erstmal eine sonderwirtschaftszone gemacht hätte und dann behutsam an das niveau der brd herangeführt hätte. das sind halt alles "hätte-hätte"-spekulationen. defacto war man sicher einerseits von der geschwindigkeit und der einmaligen chance überrumpelt, deutschland wiederzuvereinigen, andererseits auch romantisch verklärt und etwas angetrunken von der wirtschaftlichen leistungsfähigkeit der brd. ich würde den protagonisten nicht mal unbill unterstellen, sondern schlicht naivität. als kohl blühende landschaften versprach, in dem man einfach ein bisschen den schutt beiseite schob, dann kann man ihm das durchaus als ernst gemeint abkaufen, weils eben auf seinen erfahrungen nach 45 beruht. allerdings unter verkennung der tatsachen, das die umstände nicht vergleichbar sind und waren.

Ich denke man darf hier auch als aussenpolitischen Faktor nicht vergessen, dass in genau dieser Phase die Russen und auch der REst bei einer Widervereinigung mitgespielt haben. Nach Gorbatschow wäre das imho schon nicht mehr möglich gewesen. Oder hätte wahrscheinlich deutlich größere Zugeständnisse zur Folge gehabt.

In Folge dessen fand ich den Weg: Wiedervereinigung jetzt, nicht auf Raten und ohne wenn und aber. Jetzt Fakten schaffen für richtig. Da war einfach kein Spielraum um zu zögern und das sehe ich schon als seinen Verdienst. Das er gesagt hat: "Scheiss drauf, wir machen das jetzt, so eine Chance kommt nicht mehr wieder." Klar, hatte Konsequenzen, aber war imho richtig.
 

Benrath

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Ich versteh das Argument, weil Löhne unflexibel usw. Aber du versteht den politischen Zwang und die Attraktivität des 1 zu 1 Wechselkurses nicht. Dass der hohe Wechselkurs den Ossis ein hohes Startendowment gegeben hat, bleibt bestehen. Alle deren Barersparnisse wurden verfünfacht.

Und Ex-Post ist es etwas einfach zu sagen, dass man hätte wissen müssen, dass die Produktivität sooo niedrig war. Klar hätte es bessere Alternativen gegeben und im Grunde hast du Recht, dass Industrie und Gewerkschaften im Einklang den Osten den Bach runter gehen gelassen haben.

Ich habe btw meine Zeifel, dass peu a peu so gut funktioniert hätte und ob der harte schnitt langfristig nicht besser war. Die Wegmigration in den Westen hätte es bei peu a peu auch gegeben. Die Frage bleibt doch, wieso im Osten bleiben bei Arbeitslosigkeit / viel zu niedrigem Lohn im Vergleich zum Westen.
 

Gustavo

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Und Ex-Post ist es etwas einfach zu sagen, dass man hätte wissen müssen, dass die Produktivität sooo niedrig war. Klar hätte es bessere Alternativen gegeben und im Grunde hast du Recht, dass Industrie und Gewerkschaften im Einklang den Osten den Bach runter gehen gelassen haben.


Man sollte auch nicht vergessen, dass das in der Rückschau leichter zu sagen ist als in Echtzeit. Hätten Gewerkschaften und Industrie gewusst, dass innerhalb von ein paar Jahren eine Produktionsverlagerung nach Osteuropa auch für vergleichsweise kapitalintensive Produktion möglich würde, hätten sie vermutlich anders verhandelt. Dass das für den Standort Deutschland letztendlich mehr Vor- als Nachteile haben würde, war damals vermutlich kaum ersichtlich (es wird ja heute immer noch von einer großen Mehrheit nicht verstanden).
 
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Ja, man muss fairerweise anmerken, dass die Turboglobalisierung damals noch ein Schimmer am Horizont war. Da lief einiges viel schneller als gedacht.
 
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wenn deine freunde dich verpfeifen, weil du mal ein paar raubkopien am start hattest, sind das dann auch ehrenmänner?

Wenn sich ein ehemaliger Bundeskanzler weigert an der aufklärung des größten korruptionsskandals der Bundesrepublik mitzuwirken und stattdessen haupttäter deckt und somit deren strafverfolgung vereitelt ist das nicht ehrenhaft. Kohl hat dadurch halt allen gezeigt was ihm wirklich wichtig ist. Nicht recht und gesetz, das land oder das volk sondern er selbst und seine spezis.

Außerdem nehm ich ihm die ehrenwort geschichte nicht ab. Viel wahrscheinlicher ist es, dass da wenn die täter auffliegen noch viel mehr dreck zum vorschein kommt.
 
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