haschischtasche
Ährenpenis
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Der Mann mit den Nerven eines Adlers und den Augen aus Stahlseilen in: Wie ich einmal im Theater meine Taschenuhr blutrünstig zerstörte.
Ist jetzt schon fast 'nen Monat her, dass ich im Theater war. Die Physiker. Hab ich bestimmt schon fuffzehn mal gesehen, in etwa zehn verschiedenen Aufführungen. Aber das tue ich mir ja auch nicht freiwillig an. Ich mochte Dürrenmatt zwar wegen dem Tunnel und ganz sicher hat er den Ernst-Robert-Curtius-Preis auch verdient, aber was finden die Leute an den Physikern? Nicht, dass es die Physiker nicht wert wären, aber so können sie doch nicht währen. Ich meine: Ich sehe manche Leute hier immer wieder, egal was läuft. Und Sie gucken sich die gleiche Inkarnation eines Stückes mehrmals an. So auch der nette Herr, welcher sich neben mich setzte...
Diesmal roch er nicht nach irgendeiner überteuerten Tabakmelange aus Frankreich. Wieder Erwartens roch er widerwärtig nach englischen Weingummis. Sollte ich mal ein Parfum erschaffen, würde das zwar nach allerlei vulgärem Zeug riechen, aber ganz sicherlich nicht nach englischen Weingummis, schon gar nicht nach irgendetwas aus der englischen Küche. Gute Duftbestandteile sind zum Beispiel frisch geschlagenes Kirschholz, altes Leder oder ein Hauch von Filmentwickler, aber doch keine Lebensmittel.
Er habe mit dem Rauchen aufgehört, hat er gesagt. Ob ich auch welche möchte, hat er gefragt. „Nein, Mensch. Und jetzt hören sie auf zu Futtern, sonst haue ich ihnen, rein metaphorisch, Eine rein. Früher hätte es so was auch nicht gegeben im Theater, dass da jemand nach Weingummis riecht. Nach Schweiß vielleicht, oder Herrencreme, aber doch nicht nach Weingummis.“. Aber er habe doch mit dem Rauchen aufgehört, versicherte er mir abermals und packte die theaterkonform nicht-knisternde Plastiktüte aus seiner rechten in seine linke Jackentasche. Irgendwo war der Anblick ja schon traurig. Wie ein pickelübersähter Gnom mit kurzen braunen Haaren, der sich, immer wenn in der Schule gerade keine guckt, gegen die flache Hand haucht.
Seinem Aussehen nach zu urteilen dürfte er so um die 48/50 gewesen sein, dabei sah der gute Herr aus als wäre er gerade mal 30. Doch er verhielt sich wie 78. Vermutlich hatte er das Rentenalter aber noch nicht überschritten. Einen Fedora sollte er also nicht tragen, wie er es im Raucherbereich immer tat. Aber seinem Modebewusstsein sei dank, hat er das Rauchen ja aufgegeben.
Ich persönlich habe das ja aufgegeben. Also das Rauchen aufgeben hab ich aufgegeben. Dafür bietet es mir einfach zu viel. Also das Rauchen, nicht das Rauchen aufgeben. Klar, es schmeckt scheiße, ist unfreundlich Anderen gegenüber, viel zu Teuer und was sonst nicht. Aber ich mag es einfach; Immer wieder, egal was ich gerade tue, bietet mir meine Sucht eine kleine Pause zum innehalten, und die nehme ich gerne an. Aber ich halte auch an Stoppschildern an. Funktioniert auch anders herum, in jeder Pause bietet sich nämlich meine Sucht an. So auch im Moment, denn es war Pause.
Ein seltsames Publikum treibt sich heutzutage in Theatern herum. Insbesondere im Raucherbereich. Da gibt es besonders alte, die sich zwischen ihren Zügen wie Eisbären mit Asthma anhören und besonders junge, die in Schulklassengroßen Ballungen auftreten und die sich zwischen ihren Zügen wie Mickey Maus mit Asthma anhörten. Dazwischen 'ne handvoll Leute, die lautlos waren. Von der Akustik her waren die mir am liebsten. Allerdings optische Defizite. Besonders grässlich war eine Frau, die auch öfters da war: Handtasche über linker Schulter, Sektglas in der linken Hand, Träger rechts unterhalb der Schulter auf dem Oberarm liegend, Brennende Zigarette zwischen Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand und in selbiger Zigarettenschachtel, Handy und Feuerzeug, in der Reihenfolge. Dazu zweieinhalb Zentimeter lange Kunstnägel. Früher fragte ich mich, wie man mit solchen Nägeln brauchbaren Geschlechtsverkehr durchführen will, heute frage ich mich eigentlich nur noch „Warum eigentlich?“. Es ist ja quasi das Barthaartoupet für die Frau.
Wie lange wohl noch Pause ist? Hand ab in den Rock und Uhr ertastet, dann rausgezogen. Dabei spürte ich einen kleinen Widerstand. Halb zehn, fuffzehn Minuten noch. Um die Kausalität hinter dem Widerstand zu ergründen ließ ich, lässig, wie es meine Art war, die Uhr einfach fallen. KLONK, runter gefallen. Der Widerstand ließ sich wohl mit dem Hängenbleiben eines Kettengliedes in irgendetwas Anderem erklären, was zur Aufbiegung des ersteren führte. Schade, dass ich weder Sekundenzeiger noch Lust, länger als zehn Sekunden auf das Ziffernblatt zu gucken, hatte, also die Uhr wieder uninvestigiert in den Rock und die Peinlichkeit mit der zweiten Zigarette aus dem Gesicht gewischt.
Mein desbezüglicher Ärger hielt nur einen Augenblick lang an, dann erblickte ich die bis dato bizarrste Persönlichkeit in meinem Leben. Eigentlich war sie nur „'ne fette Kuh“, um einen der Pickelbuben zu zitieren. Für mich war sie mehr als das. Sie war der Inbegriff der Lautmalerei. Sie war so eine Art Kartoffel in kleine Pantöffelchen. Neben ihr stand ihr Mann, oder ihr Freund oder aber ihr Bruder, so recht lässt sich das bei solchen Frauen nie sagen. „WAPP, WAPP, WAPP“ dachte ich, als sie ein paar Schritt machte. Sie war zwar Fett, aber sie Schwabbelte nicht so, dass man „Schwabbel, Wabbel, Schwabbel“ sagen könnte, man muss es schon eher als so ein hin- und herwappen ihrer beweglichen Teile ausdrücken. Trotzdem ließe sich ihre Viskosität sicherlich physikalisch beschreiben. Darüber hätte ich gerne meinen nicht-vorhandenen Doktor der Physik abgelegt. Anscheinend war sie Raucherin, denn sie wappte in meine Richtung. Auf dem Weg musste sie durch zwei Türbögen. Man kennt ja, auch wenn niemand weiß woher, dieses Geräusch, wenn ein Rohr durch etwas ziemlich passendes plötzlich verstopft wird. So ein „Fump“ oder „Fomp“. Wie ein Tennisball in einem vom Durchmesser her nicht ganz so gut bestücktem Regenrohr. Dieses Geräusch hörte ich auf ihrem Weg zweimal. Die ganze Situation empfand ich als so grandios, dass ich mir ernsthaft sorgen machte, es könnte mir soviel Freude bereiten, dass sich dieses „Fump“ in einer Psychose manifestiert, und ich es immer hören müsse, wenn jemand, der etwas korpulent ist, durch eine Engstelle tritt. Hat es sich übrigens nicht.
Ich war heute schon bei drei Uhrmachern. Alle wären ja durchaus bereit, mir die Uhr zu reparieren, irgendwas schien sich einfach nur gelöst zu haben, also keine superseltenen Miniteilchen die für Tausende von Mark von einem nigerianischen Uhrensammler gekauft werden müssten, aber viel lieber würden sie mir die Uhr abkaufen, und wenn reparieren, dann nur mit Zusatzinvestionen wegen Versicherungstechnischen Geschichten, wenn denn was passiert und bla. Sie war es mir zwar wert, aber damit war ich nicht zufrieden, also ab zum nächsten, 20km Fahrt. Wie sich herausstellte war es gar kein Uhrmacher, es war eine Uhrmacherin. Catharina Mistelarzt. Seltsamer Name. Damit würde ich keine Werbung an der Tür machen, durch die ich gerade ging. Sie schon.
Obwohl ich Interjektionen mit Ausnahme der Lautmalerei kathegorisch ablehne, spielten mir meine Gefühle ein Deftiges „WOW“ in meine Gedanken. Ich wüsste auch nicht, wie ich die Frau, ich sah nur etwa fünf Zentimeter ihres Oberkörpers und ihr Gesicht, besser beschreiben könnte. Das Wort Wonne kann in der heutigen Zeit leider kaum noch genutzt werden, aber hier war meine Situation in der heutigen Zeit. Eine Wonne. Die Reinste. Ein Gesicht wie ein Azurit, Mimik wie ein Watteanzug. Wie der Zeitraffer eines radschlagenden Pfaus. Nein. Sogar wie der Zeitraffer von zwei radschlagenden Pfauen. Wäre ich ein Fasan, der vorm erreichen seines ersten Geburtstages auf dem Esszimmertisch einer wohlhabenden Familie gelandet ist, würde dieser Anblick mein ganzes bisheriges Leben wieder wettmachen können. Leider war ich weder ein Fasan, noch habe ich so etwas zu Lebzeiten als so unangenehm empfundenes wie den Tod je erlebt. Schade eigentlich, wär doch auch mal ganz nett.
Sie könne mir die Uhr schon fertig machen, aber jetzt gerade nicht, da müsste ich bis morgen warten. Ich nahm dankend an, ließ die Uhr da, verabschiedete mich mit all der mir jemals anerzogenen Höflichkeit und ging nach Hause. Nach 20 Metern traf mich quasi der Schlag, weswegen ich mich umdrehte und zurück Richtung Uhrmacherwerkstatt ging. Ich bin doch mit Auto hier, ich Pappnase. In meiner Wohnung angekommen stellte ich nur eben den Wecker aus, war ja Wochenende und legte mich ins Bett. Nicht um zu Schlafen, sondern um an Sie zu denken.
Der nächste Tag ging erstaunlich leicht von der Hand, und als ich mich nach Ihrem mich über die Situation meiner Uhr informierenden Anruf freute, saß ich auch schon im Auto und war eigentlich schon da. Sie ganz ernst, ich wie ein Kind, jedenfalls fühlte ich mich so. Uhr bekommen, Bezahlt, verabschiedet und gegangen, bzw. gefahren.
Das ist jetzt alles Jahre her und ich wollte immer mal doch noch irgendwie Kontakt zu der Frau aufnehmen. Kam ich aber nicht zu, oder redete ich mir doch immer wieder aus. Ich weiß nicht so genau. Ich hab seitdem die Uhr nicht mehr benutzt, nur jetzt gerade mal kurz drauf geguckt, worauf mir diese Anekdote meines Lebens einfiel. Ich schaute nochmal auf die Uhr und bemerkte, dass Catharina mir gegenüber gar nicht so ablehnend war, wie ich damals dachte: Sie lief Rückwärts...
Ist jetzt schon fast 'nen Monat her, dass ich im Theater war. Die Physiker. Hab ich bestimmt schon fuffzehn mal gesehen, in etwa zehn verschiedenen Aufführungen. Aber das tue ich mir ja auch nicht freiwillig an. Ich mochte Dürrenmatt zwar wegen dem Tunnel und ganz sicher hat er den Ernst-Robert-Curtius-Preis auch verdient, aber was finden die Leute an den Physikern? Nicht, dass es die Physiker nicht wert wären, aber so können sie doch nicht währen. Ich meine: Ich sehe manche Leute hier immer wieder, egal was läuft. Und Sie gucken sich die gleiche Inkarnation eines Stückes mehrmals an. So auch der nette Herr, welcher sich neben mich setzte...
Diesmal roch er nicht nach irgendeiner überteuerten Tabakmelange aus Frankreich. Wieder Erwartens roch er widerwärtig nach englischen Weingummis. Sollte ich mal ein Parfum erschaffen, würde das zwar nach allerlei vulgärem Zeug riechen, aber ganz sicherlich nicht nach englischen Weingummis, schon gar nicht nach irgendetwas aus der englischen Küche. Gute Duftbestandteile sind zum Beispiel frisch geschlagenes Kirschholz, altes Leder oder ein Hauch von Filmentwickler, aber doch keine Lebensmittel.
Er habe mit dem Rauchen aufgehört, hat er gesagt. Ob ich auch welche möchte, hat er gefragt. „Nein, Mensch. Und jetzt hören sie auf zu Futtern, sonst haue ich ihnen, rein metaphorisch, Eine rein. Früher hätte es so was auch nicht gegeben im Theater, dass da jemand nach Weingummis riecht. Nach Schweiß vielleicht, oder Herrencreme, aber doch nicht nach Weingummis.“. Aber er habe doch mit dem Rauchen aufgehört, versicherte er mir abermals und packte die theaterkonform nicht-knisternde Plastiktüte aus seiner rechten in seine linke Jackentasche. Irgendwo war der Anblick ja schon traurig. Wie ein pickelübersähter Gnom mit kurzen braunen Haaren, der sich, immer wenn in der Schule gerade keine guckt, gegen die flache Hand haucht.
Seinem Aussehen nach zu urteilen dürfte er so um die 48/50 gewesen sein, dabei sah der gute Herr aus als wäre er gerade mal 30. Doch er verhielt sich wie 78. Vermutlich hatte er das Rentenalter aber noch nicht überschritten. Einen Fedora sollte er also nicht tragen, wie er es im Raucherbereich immer tat. Aber seinem Modebewusstsein sei dank, hat er das Rauchen ja aufgegeben.
Ich persönlich habe das ja aufgegeben. Also das Rauchen aufgeben hab ich aufgegeben. Dafür bietet es mir einfach zu viel. Also das Rauchen, nicht das Rauchen aufgeben. Klar, es schmeckt scheiße, ist unfreundlich Anderen gegenüber, viel zu Teuer und was sonst nicht. Aber ich mag es einfach; Immer wieder, egal was ich gerade tue, bietet mir meine Sucht eine kleine Pause zum innehalten, und die nehme ich gerne an. Aber ich halte auch an Stoppschildern an. Funktioniert auch anders herum, in jeder Pause bietet sich nämlich meine Sucht an. So auch im Moment, denn es war Pause.
Ein seltsames Publikum treibt sich heutzutage in Theatern herum. Insbesondere im Raucherbereich. Da gibt es besonders alte, die sich zwischen ihren Zügen wie Eisbären mit Asthma anhören und besonders junge, die in Schulklassengroßen Ballungen auftreten und die sich zwischen ihren Zügen wie Mickey Maus mit Asthma anhörten. Dazwischen 'ne handvoll Leute, die lautlos waren. Von der Akustik her waren die mir am liebsten. Allerdings optische Defizite. Besonders grässlich war eine Frau, die auch öfters da war: Handtasche über linker Schulter, Sektglas in der linken Hand, Träger rechts unterhalb der Schulter auf dem Oberarm liegend, Brennende Zigarette zwischen Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand und in selbiger Zigarettenschachtel, Handy und Feuerzeug, in der Reihenfolge. Dazu zweieinhalb Zentimeter lange Kunstnägel. Früher fragte ich mich, wie man mit solchen Nägeln brauchbaren Geschlechtsverkehr durchführen will, heute frage ich mich eigentlich nur noch „Warum eigentlich?“. Es ist ja quasi das Barthaartoupet für die Frau.
Wie lange wohl noch Pause ist? Hand ab in den Rock und Uhr ertastet, dann rausgezogen. Dabei spürte ich einen kleinen Widerstand. Halb zehn, fuffzehn Minuten noch. Um die Kausalität hinter dem Widerstand zu ergründen ließ ich, lässig, wie es meine Art war, die Uhr einfach fallen. KLONK, runter gefallen. Der Widerstand ließ sich wohl mit dem Hängenbleiben eines Kettengliedes in irgendetwas Anderem erklären, was zur Aufbiegung des ersteren führte. Schade, dass ich weder Sekundenzeiger noch Lust, länger als zehn Sekunden auf das Ziffernblatt zu gucken, hatte, also die Uhr wieder uninvestigiert in den Rock und die Peinlichkeit mit der zweiten Zigarette aus dem Gesicht gewischt.
Mein desbezüglicher Ärger hielt nur einen Augenblick lang an, dann erblickte ich die bis dato bizarrste Persönlichkeit in meinem Leben. Eigentlich war sie nur „'ne fette Kuh“, um einen der Pickelbuben zu zitieren. Für mich war sie mehr als das. Sie war der Inbegriff der Lautmalerei. Sie war so eine Art Kartoffel in kleine Pantöffelchen. Neben ihr stand ihr Mann, oder ihr Freund oder aber ihr Bruder, so recht lässt sich das bei solchen Frauen nie sagen. „WAPP, WAPP, WAPP“ dachte ich, als sie ein paar Schritt machte. Sie war zwar Fett, aber sie Schwabbelte nicht so, dass man „Schwabbel, Wabbel, Schwabbel“ sagen könnte, man muss es schon eher als so ein hin- und herwappen ihrer beweglichen Teile ausdrücken. Trotzdem ließe sich ihre Viskosität sicherlich physikalisch beschreiben. Darüber hätte ich gerne meinen nicht-vorhandenen Doktor der Physik abgelegt. Anscheinend war sie Raucherin, denn sie wappte in meine Richtung. Auf dem Weg musste sie durch zwei Türbögen. Man kennt ja, auch wenn niemand weiß woher, dieses Geräusch, wenn ein Rohr durch etwas ziemlich passendes plötzlich verstopft wird. So ein „Fump“ oder „Fomp“. Wie ein Tennisball in einem vom Durchmesser her nicht ganz so gut bestücktem Regenrohr. Dieses Geräusch hörte ich auf ihrem Weg zweimal. Die ganze Situation empfand ich als so grandios, dass ich mir ernsthaft sorgen machte, es könnte mir soviel Freude bereiten, dass sich dieses „Fump“ in einer Psychose manifestiert, und ich es immer hören müsse, wenn jemand, der etwas korpulent ist, durch eine Engstelle tritt. Hat es sich übrigens nicht.
Ich war heute schon bei drei Uhrmachern. Alle wären ja durchaus bereit, mir die Uhr zu reparieren, irgendwas schien sich einfach nur gelöst zu haben, also keine superseltenen Miniteilchen die für Tausende von Mark von einem nigerianischen Uhrensammler gekauft werden müssten, aber viel lieber würden sie mir die Uhr abkaufen, und wenn reparieren, dann nur mit Zusatzinvestionen wegen Versicherungstechnischen Geschichten, wenn denn was passiert und bla. Sie war es mir zwar wert, aber damit war ich nicht zufrieden, also ab zum nächsten, 20km Fahrt. Wie sich herausstellte war es gar kein Uhrmacher, es war eine Uhrmacherin. Catharina Mistelarzt. Seltsamer Name. Damit würde ich keine Werbung an der Tür machen, durch die ich gerade ging. Sie schon.
Obwohl ich Interjektionen mit Ausnahme der Lautmalerei kathegorisch ablehne, spielten mir meine Gefühle ein Deftiges „WOW“ in meine Gedanken. Ich wüsste auch nicht, wie ich die Frau, ich sah nur etwa fünf Zentimeter ihres Oberkörpers und ihr Gesicht, besser beschreiben könnte. Das Wort Wonne kann in der heutigen Zeit leider kaum noch genutzt werden, aber hier war meine Situation in der heutigen Zeit. Eine Wonne. Die Reinste. Ein Gesicht wie ein Azurit, Mimik wie ein Watteanzug. Wie der Zeitraffer eines radschlagenden Pfaus. Nein. Sogar wie der Zeitraffer von zwei radschlagenden Pfauen. Wäre ich ein Fasan, der vorm erreichen seines ersten Geburtstages auf dem Esszimmertisch einer wohlhabenden Familie gelandet ist, würde dieser Anblick mein ganzes bisheriges Leben wieder wettmachen können. Leider war ich weder ein Fasan, noch habe ich so etwas zu Lebzeiten als so unangenehm empfundenes wie den Tod je erlebt. Schade eigentlich, wär doch auch mal ganz nett.
Sie könne mir die Uhr schon fertig machen, aber jetzt gerade nicht, da müsste ich bis morgen warten. Ich nahm dankend an, ließ die Uhr da, verabschiedete mich mit all der mir jemals anerzogenen Höflichkeit und ging nach Hause. Nach 20 Metern traf mich quasi der Schlag, weswegen ich mich umdrehte und zurück Richtung Uhrmacherwerkstatt ging. Ich bin doch mit Auto hier, ich Pappnase. In meiner Wohnung angekommen stellte ich nur eben den Wecker aus, war ja Wochenende und legte mich ins Bett. Nicht um zu Schlafen, sondern um an Sie zu denken.
Der nächste Tag ging erstaunlich leicht von der Hand, und als ich mich nach Ihrem mich über die Situation meiner Uhr informierenden Anruf freute, saß ich auch schon im Auto und war eigentlich schon da. Sie ganz ernst, ich wie ein Kind, jedenfalls fühlte ich mich so. Uhr bekommen, Bezahlt, verabschiedet und gegangen, bzw. gefahren.
Das ist jetzt alles Jahre her und ich wollte immer mal doch noch irgendwie Kontakt zu der Frau aufnehmen. Kam ich aber nicht zu, oder redete ich mir doch immer wieder aus. Ich weiß nicht so genau. Ich hab seitdem die Uhr nicht mehr benutzt, nur jetzt gerade mal kurz drauf geguckt, worauf mir diese Anekdote meines Lebens einfiel. Ich schaute nochmal auf die Uhr und bemerkte, dass Catharina mir gegenüber gar nicht so ablehnend war, wie ich damals dachte: Sie lief Rückwärts...