Quint
,
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Täglich wiederholte sich eine sehr einfache Routine: aufschließen, Cola, Kicker, abschließen. Aus den Begegnungen hier entstanden keine Freundschaften, durch die unzähligen Repetitionen der einfachsten Tätigkeiten erreichte ich weder Perfektion noch einen inneren Zustand der Ruhe. Ich war einfach. Ich verging einfach. Knapp 20 Jahre später ist nichts geblieben von diesem Zivildienst. Außer dieser immer gleiche Tag, die immer gleichen Farben, die Stille, ein Abdruck, der kaum noch zu sehen ist.
Und dann war da noch das Dauerthema in der Stube: das Verhältnis von denjenigen, die vom "Gymmi" kommen und studieren wollen, zu denjenigen, die Handwerker oder Bauarbeiter waren. Ich habe begriffen, dass die ein sehr feines Gespür dafür haben, ob jemand sie ernst nimmt oder auf sie herabschaut. Diese Lehre waren die zwölf Monate wert.
Ich hatte nie zuvor einen toten Menschen gesehen. Mit zittrigen Fingern wählte ich die Nummer meines Chefs. Willst du den Rest des Tages freinehmen, fragte er gleich. Ich dachte an Frau Waldmann, die schon auf ihren Kaffee wartete und an die 20 alten Menschen, die Essen auf Rädern bestellt hatten. Einen Ersatz für mich zu finden, hätte den Zeitplan komplett kollabieren lassen. Alles okay, sagte ich. Ich mache weiter.
Mir war schnell klar, dass der Ton und auch die Umgebung dieser sogenannten "kämpfenden Truppe" bei den Panzergrenadieren nicht meine Welt waren. Im Rückblick absurde Wochen mit viel Schlamm im Gesicht. Diese persönlichen Grenzerfahrungen möchte ich aber nicht missen.
Ich war sauer, dass ich ein Jahr verlor. Erst am Ende merkte ich, dass ich auch etwas gelernt hatte. Zum Beispiel, was es bedeutet, im hohen Alter hilflos zu sein. Ich verstand, dass für die meisten Bewohner die Einsamkeit viel, viel schlimmer war als der gebrechliche Körper.
Jetzt konnte ich verstehen, warum sich einige Einwanderer in Parallelgesellschaften zurückziehen: Ich lebte plötzlich selbst in einer. Auch die Entwicklungshelfer und weißen Geschäftsleute, die schon seit Jahren in Malawi lebten, sprachen kaum Chichewa und fuhren von einem Expat-Barbecue zum nächsten. Doch obwohl sie das Land und seine Menschen so schlecht kennen, sind sie diejenigen, die die wichtigen Entscheidungen treffen und das Geld verteilen.
Absurde Wochen mit viel Schlamm im Gesicht
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