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Kunge, Doppelspitze 2019
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Um mal die Stimmung im Com weiter zu vergiften poste ich diesen Artikel der SZ:
"Party-Patriotismus ist Nationalismus"
Deutsche Fans verwandeln seit der WM 2006 internationale Sport- und Musikwettbewerbe in schwarz-rot-goldene Jubelfeiern. Politiker begrüßen die Meere von Nationalflaggen als Zeichen eines harmlosen und unverkrampften Patriotismus. Sozialwissenschaftler halten das für eine gefährliche Fehleinschätzung.
Es wäre der Diskussion sehr zutragend wenn ihr den Artikel komplett lest, aber ich quote hier mal einige Stellen die mir herrausstechen:
Der Artikel ruft beim lesen in mir starkes Unbehagen hervor. Ich will anfangs stark widersprechen. Das schmilzt aber bis zum Ende weg, uns es bleibt nur ein diffuses Unbehagen.
Denn letztendlich stimmt es doch dass Nationalismus eine völkische Ideologie des 18. und 19. Jahrhunderts ist, die auf unsere heutige Lebenssituation in einer frei handelnden, reisenden und kommunizierenden Welt nicht mehr passt.
Wie aber dann mit der Fahnenschwenkerei umgehen? Da stehe ich etwas alleingelassen da. Jemand der eine Fahne schwenkt wird ja dadurch nicht automatisch zum Nationalist, gibt aber diesen Tendenzen Schutzraum und evtl sogar Rückendeckung.
Es kommt aber halt bei Jedem persönlich eben auch auf die Beweggründe an. Deswegen werde ich auch Leute die neben mir mit der selben Fahne stehen kritisieren wenn sie nationalistisches gesülze von sich geben.
Ich werde zum nächsten Spiel der Nationalelf wieder mit Fahne da sein, wie ich es auch zu einem FC-Spiel mit der Rot-Weißen Fahne tun würde.
Für mich ist die Fahne in erster Linie ein historisches Symbol. Aber Symbolismus ist wichtig. Und in Ermangelung anderer Symbole greife ich beim Fußball auf die Deutschland-Fahne zurück. Denn was bleibt sonst? Eine DFB-Fahne? Nein Danke.
Ich würde die Moderation bitten dieses Themer streng zu moderieren, denn es kann sehr schnell emotional geladen werden und zieht Trolle magisch an. Und ich hoffe hier eine ernste, sachliche Diskussion zu erreichen, selbst wenn wir im Com sind.
"Party-Patriotismus ist Nationalismus"
Deutsche Fans verwandeln seit der WM 2006 internationale Sport- und Musikwettbewerbe in schwarz-rot-goldene Jubelfeiern. Politiker begrüßen die Meere von Nationalflaggen als Zeichen eines harmlosen und unverkrampften Patriotismus. Sozialwissenschaftler halten das für eine gefährliche Fehleinschätzung.
Es wäre der Diskussion sehr zutragend wenn ihr den Artikel komplett lest, aber ich quote hier mal einige Stellen die mir herrausstechen:
Tatsache ist, dass der Begriff Patriotismus von vielen Menschen hartnäckig falsch verwendet wird - jedenfalls aus Sicht jener Sozialwissenschaftler, die sich mit dem Thema beschäftigen. "Der Kern des Patriotismus ist, genau wie beim Nationalismus, die Identifikation mit seinem Land", sagt Wilhelm Heitmeyer vom Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld. "Der Patriot ist außerdem stolz auf die Demokratie und auf die sozialen Errungenschaften in seinem Land, ohne dass er das mit anderen Ländern vergleicht. Der Nationalist dagegen vergleicht sein Land immer mit anderen Nationen. Er ist stolz, Deutscher zu sein, und er ist stolz auf die deutsche Geschichte." In diesem Sinne hatte der frühere Bundespräsident Johannes Rau den wichtigsten Unterschied wohl auf den Punkt gebracht, als er sagte: "Ein Patriot ist jemand, der sein Vaterland liebt. Ein Nationalist ist jemand, der die Vaterländer der anderen verachtet."
[..]
Leider kann man das so nicht sagen. Die Marburger Forscher stellten nämlich fest, dass es darauf ankommt, wie wichtig einem Patrioten die demokratischen Prinzipien sind. Je stärker er diese betont, desto geringer ist seine Fremdenfeindlichkeit.
"Die Identifikation mit dem Land spielt bei diesen Patrioten keine so wichtige Rolle", sagt Wagner. "Wenn sie aber hochgekocht wird, dann kommt es auch bei Patrioten zu dem gleichen negativen Effekt wie beim Nationalisten."
Demnach spielt der Bezug auf die Demokratie und die sozialen Errungenschaften in der deutschen Gesellschaft kaum eine Rolle für die Fans. Es geht vielen um den Partyspaß und den Sport - dafür aber bräuchte man keine Fahnen. Den meisten aber scheint es um das Gefühl der Zusammengehörigkeit, der Identifikation mit einer Gruppe zu gehen, deren Mitglieder man an den nationalen Insignien erkennt.
Der "Party-Patriotismus" ist demnach nichts anders als Nationalismus, stellt Heitmeyer deshalb fest. Und Klaus Boehnke von der Jacobs University in Bremen hält sowieso nur wenig davon, Nationalismus und Patriotismus zu trennen. Das wäre lediglich aus wissenschaftlicher Perspektive sinnvoll, in der Öffentlichkeit dagegen nicht.
Um mit sich selbst zufrieden zu sein - die Wissenschaftler sprechen vom Streben nach einer positiven Selbstbewertung -, neigt man dazu, auch die Gruppe, der man angehört, positiv von anderen Gruppen abzusetzen. Dieses Phänomen ist gut untersucht. Als Gruppe kann man natürlich auch "die Deutschen" betrachten. Und da wird es heikel.
"Eine zu starke Identifikation mit dem eigenen Land birgt die Gefahr, dass sie in Nationalismus umschlägt", so Wagner. "Und das kann zur Ausgrenzung jener führen, die man selbst als nicht dazugehörig wahrnimmt." Je schärfer die Grenzen gezogen werden, und umso weniger kritische Positionen innerhalb der Gruppe existieren, desto größer ist die Gefahr.
Aber die deutschen Fans sind doch nicht die Einzigen, die während solcher Großveranstaltungen Fahnen schwingen und singen. Wieso macht man sich also hierzulande einen solchen Kopf darüber? Das hängt den Forschern zufolge unter anderem mit dem Selbstverständnis von Staatsbürgerschaft zusammen. Und die wird in Deutschland noch immer vor allem über die Abstammung definiert und nicht über den Geburtsort, wie es bei den US-Amerikanern, den Franzosen oder Briten möglich ist. "Wir sind deshalb mit solchen Ländern nicht vergleichbar", erklärt Wagner. "Wenn das alltägliche Staatsverständnis wie bei uns von genetischer Abstammung geprägt ist, wirkt sich der Nationalismus stärker negativ aus."
Und auch die multiethnische Zusammensetzung der Nationalelf hat keine größere Toleranz in der Gesellschaft zur Folge. Dass Kinder von Einwanderern sich fußballerisch für Deutschland ins Zeug legen, wird zwar akzeptiert. Die Sozialwissenschaftler finden aber schlicht und einfach keine Belege dafür, dass das zugleich auch für Migranten im gesellschaftlichen Alltag gilt.
Der Artikel ruft beim lesen in mir starkes Unbehagen hervor. Ich will anfangs stark widersprechen. Das schmilzt aber bis zum Ende weg, uns es bleibt nur ein diffuses Unbehagen.
Denn letztendlich stimmt es doch dass Nationalismus eine völkische Ideologie des 18. und 19. Jahrhunderts ist, die auf unsere heutige Lebenssituation in einer frei handelnden, reisenden und kommunizierenden Welt nicht mehr passt.
Wie aber dann mit der Fahnenschwenkerei umgehen? Da stehe ich etwas alleingelassen da. Jemand der eine Fahne schwenkt wird ja dadurch nicht automatisch zum Nationalist, gibt aber diesen Tendenzen Schutzraum und evtl sogar Rückendeckung.
Es kommt aber halt bei Jedem persönlich eben auch auf die Beweggründe an. Deswegen werde ich auch Leute die neben mir mit der selben Fahne stehen kritisieren wenn sie nationalistisches gesülze von sich geben.
Ich werde zum nächsten Spiel der Nationalelf wieder mit Fahne da sein, wie ich es auch zu einem FC-Spiel mit der Rot-Weißen Fahne tun würde.
Für mich ist die Fahne in erster Linie ein historisches Symbol. Aber Symbolismus ist wichtig. Und in Ermangelung anderer Symbole greife ich beim Fußball auf die Deutschland-Fahne zurück. Denn was bleibt sonst? Eine DFB-Fahne? Nein Danke.
Ich würde die Moderation bitten dieses Themer streng zu moderieren, denn es kann sehr schnell emotional geladen werden und zieht Trolle magisch an. Und ich hoffe hier eine ernste, sachliche Diskussion zu erreichen, selbst wenn wir im Com sind.