Zynisches Essay: Noten

Somewhere

Guest
Von Geburt an sind alle Menschen gleich,
nur durch die Bildung entfernen sie sich voneinander.
( Konfuzius )





Noten. Was sind schon Noten? Irgendwelche Zahlen auf einem Blatt Papier. Zahlen, die uns
maßgeblich in der Schulzeit beeinflussen. Zahlen, die über unseren zukünftigen Weg richten
sollen; die einem gute oder schlechte Laune schenken und letztendlich nur nichtsaussagende
Zahlen sind. Arabische Zahlen.


Was bewirken Noten? Im Grunde genommen Vieles. Sie schaffen unzufriedene Eltern, spottende
Freunde, aber auch Neid, Hass und Überschätzung.


Wer bewertet uns? Lehrer. Menschen. Menschen, die wie jeder andere Mensch subjektiv sehen.
An Objektivität glauben sowieso nur naive Weltverbesserer mit romantischen Vorstellungen.


Während man als gut aussehender junger Mann bei der zehn Jahre älteren, gut parfümierten
Lehrerin durch ein unverkennbares Lächeln mit 1 bewertet wird, wird man beim senilen
Versagerlehrer, der in seiner eigenen Schulzeit gehänselt wurde und durch einzigartige
Schauspielkunst zu etwas avanciert ist — "ich bin Lehrer" —, als neunmalkluger Besserwisser
mit einer 4 abgestempelt wird. An der Note 5 noch knapp vorbeigeschrammt wegen finaler,
harter Schleimarbeit.


Doch wer hat jetzt eher Recht in der Bewertung? Die Antwort lautet: niemand. Bewertet wird
nach Leistung und Arschkriecherei, nicht nach wirklichem Wissen und Weisheit. Leute mit
Wissen und Weisheit sind einfach zu intellektuell. Sie durchschauen sofort das Lehrertum —
und messen dann den Zensuren keine Bedeutung zu.


Ein zweiter Einstein könnte in der Hauptschule sitzen. Aber solange er stottert, wird ihn niemand
ernst nehmen. Schließlich gibt es in jeder Klasse einen Streber, auf den man immer rumhacken
kann. Arschloch.


Wieso sind mindestens über 70% der Lehrer entsetzt, wenn einen das Fach nicht interessiert?
Die Jugend von heute? Alles Kunstbanausen, Faulenzer und Taugenichtse.


Durch Noten wird versucht zu motivieren. Wer würde denn sonst noch zur Schule gehen? Wer
würde lernen? Die meisten — solange ihnen ein für sie interessantes Fach geboten wird.
Innerliche Motivation übersteigt äußerliche um Meilen. Wer freiweillig etwas Bestimmtes erarbeitet,
erzielt ein viel besseres Ergebnis als irgendein unter Druck stehender Schüler.


Nur weil ich durch biologisches Glück ein effektiver arbeitendes Gehirn erhalten habe und durch
Erziehung ein wissbegieriger Mensch bin, bin ich doch nichts besseres als das neben mir sitzende
Mädchen, welches trotz stundenlangem Lernen um fünf Noten schlechter schreibt.


Doch genau das wird einem in der Schule vermittelt.



Und um selber naiv und romantisch zu sein: wir sollten alle Selbstreflexion üben. Dadurch erkennen
wir unsere wirklich guten Eigenschaften, aber lernen auch unsere Makel kennen, die es dann zu
akzeptieren oder zu verbessern gilt.
Es ist besser für einen selber, für uns und eine erleuchtete Gesellschaft.
 

shaoling

Guest
Original geschrieben von Somewhere
Von Geburt an sind alle Menschen gleich,
nur durch die Bildung entfernen sie sich voneinander.
( Konfuzius )





Noten. Was sind schon Noten? Irgendwelche Zahlen auf einem Blatt Papier. Zahlen, die uns
maßgeblich in der Schulzeit beeinflussen. Zahlen, die über unseren zukünftigen Weg richten
sollen; die einem gute oder schlechte Laune schenken und letztendlich nur nichtsaussagende
Zahlen sind. Arabische Zahlen.


Was bewirken Noten? Im Grunde genommen Vieles. Sie schaffen unzufriedene Eltern, spottende
Freunde, aber auch Neid, Hass und Überschätzung.


Wer bewertet uns? Lehrer. Menschen. Menschen, die wie jeder andere Mensch subjektiv sehen.
An Objektivität glauben sowieso nur naive Weltverbesserer mit romantischen Vorstellungen.


Während man als gut aussehender junger Mann bei der zehn Jahre älteren, gut parfümierten
Lehrerin durch ein unverkennbares Lächeln mit 1 bewertet wird, wird man beim senilen
Versagerlehrer, der in seiner eigenen Schulzeit gehänselt wurde und durch einzigartige
Schauspielkunst zu etwas avanciert ist — "ich bin Lehrer" —, als neunmalkluger Besserwisser
mit einer 4 abgestempelt wird. An der Note 5 noch knapp vorbeigeschrammt wegen finaler,
harter Schleimarbeit.


Doch wer hat jetzt eher Recht in der Bewertung? Die Antwort lautet: niemand. Bewertet wird
nach Leistung und Arschkriecherei, nicht nach wirklichem Wissen und Weisheit. Leute mit
Wissen und Weisheit sind einfach zu intellektuell. Sie durchschauen sofort das Lehrertum —
und messen dann den Zensuren keine Bedeutung zu.


Ein zweiter Einstein könnte in der Hauptschule sitzen. Aber solange er stottert, wird ihn niemand
ernst nehmen. Schließlich gibt es in jeder Klasse einen Streber, auf den man immer rumhacken
kann. Arschloch.


Wieso sind mindestens über 70% der Lehrer entsetzt, wenn einen das Fach nicht interessiert?
Die Jugend von heute? Alles Kunstbanausen, Faulenzer und Taugenichtse.


Durch Noten wird versucht zu motivieren. Wer würde denn sonst noch zur Schule gehen? Wer
würde lernen? Die meisten — solange ihnen ein für sie interessantes Fach geboten wird.
Innerliche Motivation übersteigt äußerliche um Meilen. Wer freiweillig etwas Bestimmtes erarbeitet,
erzielt ein viel besseres Ergebnis als irgendein unter Druck stehender Schüler.


Nur weil ich durch biologisches Glück ein effektiver arbeitendes Gehirn erhalten habe und durch
Erziehung ein wissbegieriger Mensch bin, bin ich doch nichts besseres als das neben mir sitzende
Mädchen, welches trotz stundenlangem Lernen um fünf Noten schlechter schreibt.


Doch genau das wird einem in der Schule vermittelt.



Und um selber naiv und romantisch zu sein: wir sollten alle Selbstreflexion üben. Dadurch erkennen
wir unsere wirklich guten Eigenschaften, aber lernen auch unsere Makel kennen, die es dann zu
akzeptieren oder zu verbessern gilt.
Es ist besser für einen selber, für uns und eine erleuchtete Gesellschaft.
Sie setzen sich in sprachlich adäquater wie drastischer Weise gekonnt mit der Form des zynischen Essays auseinander. Dabei haben Sie die inhaltliche Problematik in ihren Grundzügen korrekt erfasst.
Jedoch gehen Sie nach einem pragmatischen Einstieg leider nicht entscheidend über Ihre Grundthese hinaus und versäumen es, sie in einem weitreichenderen Kontext zu reflektieren.
Worin sehen Sie die Gründe für den von Ihnen kritisierten Zustand? Welche Lösungsmöglichkeiten schlagen sie vor?
Solche Fragen bleiben leider unbeantwortet. Schade!

Lobend hervorzuheben ist ihre Sprachbeherrschung: fast keine Fehler. Schön!

9 Punkte
 
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