Zeilen von mir

Scorn4

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13.02.2003
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Münster
Ich habe gerade unter dem Einfluss eines Dokumentarfilmes folgende Zeilen verfasst:




Die Sonne schien heiß auf die breite Wiese und ließ ihr Grün hell in ihrem Licht leuchten. Weiße und rote kleine Blumen sprossen hier und da hervor und ergaben ein frühsommerliches Bild, unterbrochen von einzelnen wieder aufgebauten Gebäuden, deren angenehmer Holzgeruch die warme Luft erfüllte.
Und während die Klasse den Weg entlangschreitet, sagt der polnische Führer mit leichtem Akzent, „Und hier befand sich sich der Entkleidungsraum, zu dem die nicht zur Arbeit tauglich befundenen Neuankömmlinge geführt wurden. Es ist für die die vorletzte Station auf dem Weg ins Krematorium gewesen.“
„Ey krass, Alter, den Achim sollte auch ma einer vergasen“, rief jemand aus der Menge der Schüler, erntet damit die Aufmerksamkeit seiner Klassenkollegen und den strafenden Blick seines Lehrers.
„Isch fick disch gleich, du Penner. Vergas dein Mudda du Wichser!“
„Ach halt die Fresse du Hurnsohn sonst gib ich dir gleich ma die Mudda“
„Könntet ihr jetzt bitte mal endlich ruhig sein! Das hier ist kein Ort, an dem man Witze über sowas macht. Und Vicky, jetzt reiß dich mal zusammen!“
Die angesprochene Schülerin, die schon seit der Ankunft lustlos und halb benommen das Schlusslicht der Gruppe bildet, weil sie die Nacht zuvor mit den Jungs durchmachen wollte und erst um halb vier morgens unter allzu starkem Alkohol- und Hascheinfluss von ihrem Lehrer aus deren Zimmer geschafft wordern war, verzieht die Miene. Sie hatte sich auf der Busfahrt zweimal übergeben müssen, das erste Mal hatte der Bus nicht rechtzeitig halten können.
Der Leiter fährt fohrt. „Den Häftlingen wurde befohlen, ihre Kleidung sorgfältig zu nummerieren und zu sortieren, damit sie später wieder gefunden werden kann. Währned sie jedoch glaubten, die Kleidung selbst wieder zu finden, würden es aber andere Häftlinge sein, die diese Kleidung nach Wertvollem und Wertlosem ordnen würden, während sie selbst schon durch Zyklon B getötet und ihre Leichen auf dem Weg zur Einäscherung in den Brennofen waren.“
„Ey gut dass das damals war, ne? Die scheiss Klamotten von Agi würde heute ja eh keiner haben wollen“.
„Boah halt ma dein Maul ey, du Untermensch. Disch würden die gleich als erstes ins KZ schiggn.“
„Seit gefälligst ruhig, alle beide! Sofort!“, will Herr Rennz dazwischen gehen.
„Aber man, Herr Renz, das ist doch nur Spaß. Ihr Deutschen habt ja echt voll keinen Humor“, schmollt der Angesprochene. „Doch“, schreit einer, „Was ist ein Knubbel in der Gasleitung?“
„Ruhe!“, brüllt der Lehrer außer sich, hält inne, fährt mit seiner Hand über seine zornesrote Stirn durch sein Haar, schüttelt sich kurz, wendet sich an den leiter und entschuldigt sich: „Tut mir wirklich leid, Herr Kurtzspil, ich hätte meine Klasse besser darauf vorbereiten sollen. Die wissen sich einfach nicht zu benehmen.“
„Hää ja man, du hast voll kein Benehmen, ey“, tönt eine aus der Gruppe, wird durch Herrn Renz’ drohenden Finger wieder zum Schweigen gebracht. Sobald er sich dem Leiter zuwendet, geht das Getuschel hinter seinem Rücken unüberhörbar weiter.
„Wirklich, ich muss mich für dieses Benehmen entschuldigen. Gerade Ihnen als Überlebenden des Lagers muss das in der Seele wehtun.“
Der Blick des Leiters wird undurchsichtig: „Man hat mir in meinem Leben soviel angetan, mir soviel Schmach udn Leid zugefügt, dass mich sowas nicht mehr berühren kann. Glauben Sie mir, gerade solche reaktionen zeigen mir, dass meine Arbeit hier sinnvoll und richtig ist.“
„Herr Renz, können wir mal eine Zigarettenpause machen?“
„Conny, meinst du etwa, dass wir hier zum Rauchen hingefahren sind?“
„Och nee, Herr Rent, aber das ist hier so öde und wir haben schon eine Stunde lang nicht mehr rauchen können“
„Nein, wir sind ja auch nicht zum Rauchen hier, oder?“
„Ja, aber was wolln wa denn eigentlich hier? Und außerdem hab isch das Rescht zum Rauchen. Ich bin ein freier Mensch, oda?“
„Auf diesen gelände ist das Rauchen verboten und daran wirst du dich gefälligst halten“
„Was wolln se denn machen, hä? Misch schlagen, hä? Ich bin halt n asoziales Stück, ich steh ausahalb der Gesellschaft, ich halt misch nischt an Regeln“.
„Doch das wirst du. Oder willst du, dass ich wieder deine Eltern anruf?“
„Denen ist das doch scheissegal, ey. Isch darf rauchen.“
„Ich kann mich erinnern, dass du nach dem letzten Anruf zwei Wochen lang nicht zur Schule gekommen bist. Warum war das nochmal?“
Sie dreht sich beschämt weg, peinlich berührt durch diese Art von Wissen ihres Lehrers. Dieser dreht sich zur ganzen Gruppe hin und blickt sprachlos eine Schülerin an.
„Was hast du denn da?“, sagt er, geht zu einer Schülerin und zieht ihr einen Ohrstöpsel ihres Diskmans weg. Hardrock ertönt kurz, aber deutlich: „Neger, Neger, Wasserträger ...“
„Mach das sofort aus, verdammt!“, sagt er, fasst sich dann und wendet sich der Gruppe zu: “So, wir kommen jetzt zum realistischen Teil unseres Aufenthalts. Wir werden den letzten Weg der Gefangenen so nachgehen wie sie. Legt eure Kleidung ordentlich ab und stellt euch in Dreierreihen auf.“
Wiederworte und Protest regen sich in der Gruppe.
„Ey solln wa uns etwa ausziehen?“
„Das können Sie mir nischt vorschreiben, Herr Renz, da hamse nischt das Rescht zu!“
„Verdammt nochmal, jetzt haltet endlich die Klappe und macht einmal was euch gesagt wird. Das wird ja immer peinlicher mit euch!“
Murrend folgt die Gruppe der Anweisung.
„Ey yo, du bist escht peinlich, Alta“
„Halt die Fresse du Nigga. Selber peinlich, du Hurnsohn“
„Ey kumma, die halt ja voll kleine Titten!“
„Und du hastn kleinen Schwanz, du Pisser!“
„Äh yo, der Gunni hatn kleinen Schwanz!“
„Yooo fastn Mädchen der Gunni!“
„Yo un die Karin rasiert sich nicht, die hat voll den Busch!“
„Wenn ihr fertig seid, stellt euch auf, Dreierreihen, los!“, ruft Herr Renz.
Unter Gelächter und hämischen Kommentaren versammelt sich die Gruppe wie angeordnet.
„Hier fand der letzte Appell statt,“ erklärt der Leiter, „Juden, Russen, Ungarn ...“
„Der Agi ist auchn Jude“, tönt es aus der Gruppe.
„Ruhe!“ brüllt Renz, „Seid entlich mal ruhig, ihr seid eine Schande!“
„Ey das war nicht ich, wieso sagen Sie das imer mir?“
„Sei verdammt nochmal ruhig, Micha, ruhig, verstehst du?“
„Ja aber das war doch gar nicht ich, Herr Renz, das ...“
„Ruhig! Sag nichts! Halt jetzt den Mund!“
„Ja aber das ...“
„Sag nichts!“, brüllt er und ballt seine Hände. Das Gesicht des Lehrers ist rot vor Zorn und er zittert.
„Ist ja gut, man“, schmollt der Angesprochene.
„Hier wurden sie ein letztes Mal aufgestellt und zur Gaskammer geführt, vorbei an den Blumenbeeten und dem Rot-Kreuz-Wagen. Das alles sollte den Häftlingen den Eindruck vermitteln, dass es sich um eine hygienisches Bad handele. Tatsächlich aber wurde auf dem Rot-Kreuz-Wagen das Zyklon B für ihren Tod transportiert. Folgen Sie mir bitte ...“
Die Gruppe bewegt sich hinter dem Leiter und Herrn renz her. Späße und Kommentare werden ausgetauscht, Hände zum gegenseitigen Hitlergruß erhoben und auf den Boden gespuckt. Man erreicht schließlich die Gaskammer.
„Um den Schein zu wahren, wurde hier über der Tür ein Schild mit der Aufscfhrift ‚Brausedusche’ angebracht ...“
„Brausedufche“ äffen einige Schüler.
„... Die SS-Männer schalteten das Licht an und rieten den Gefangenen, gut einzuatmen, weil das gesund sei. Sie blieben zynisch bis zuletzt.“
„So“, sagt Lehrer Renz, „nach euch“.
Die Gruppe bewegt sich, respektlose Witze und Bemerkungen fallen, jemand erzählt einen Judenwitz.
„Kumma, hat dien fetten Arsch.“
„Steht Hitler mit 3 Juden aufm Hochaus ...“
„Bah pack mir nich an Arsch du Wichser!“
„Boah guck nich so du Jude!“
„Brausedufche“
Die Klasse bewegt sich in die restaurierte Kammer, die Brauseköpfe hängen von der Decke und das Licht flackert aus Neonlampen.
„Warum gibt es in der Gaskammer immer genau elf Löcher?“, witzelt einer.
„He, das sieht ja voll echt aus.“
„Herr Renz, wollen se nicht auch vergast werden?“
Gelächter geht durch die Runde.
Herr Renz steht regungslos am Eingang.
„Nein.“
Er schaut die Gruppe an und das Gelächter verstummt.
Er schaut zurück.
Er zuckt einmal kurz.
Und schließt die Tür.
Es herrscht Stille.
„Herr renz, finden se das lustig?“, fragt einer. Mageres Grinsen zieht durch die gruppe. Eine Schülerin geht unsicher zur Tür, will sie öffnen. Es ist ab geschlossen. Sie zittert und ruft nach iohrem Lehrer, ruft lauter, schreit kreischt. Sie ruft panisch „nein!“, ruft um Hilfe, droht, fehlt, schlägt gegen die Tür.
Das Licht geht aus. Alles ist dunkel. Alles kreischt.
Die Schüler schreien in Panik. Laufen wild umher, renen sich um. Treten sich. Schlagen sich. Einer kotzt, ein andere heult.
Dann ist Stille. Angst und Stille.
Eim Zischen ertönt: erst leise, dann lauter. Die Luft wird lauwarm, sie wird feucht.
Und tödlich.
Das eingeleitete Gas tritt durch die nasen und Münder in die Lungen der um Hulfe und Gnade schreienden Schüler. Sie fallen, zittern, keuchen, würgen, kotzen und sterben elendig.
Einer nach dem anderen.
Alle.



Herr Renz geht zum Leiter.
Seine Miene ist todernst.
„Ich glaube, jetzt haben sie es“.
„Ja“, antwortet der Leiter. „Jetzt ...“
 
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Jau, knorke Sache das, und ein Happy End gibts auch noch. :wm:
 

Scorn4

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Nett von neuch, aber darf ich erfahren, inwiefern eure Kritik ernst gemeint ist und was verbessert werden kann?
 

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MS
Irgendwie ein ziemlich makabres Ende... :bored:
 
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Man könnte das so auslegen, als würdest du den Holocaust glorifizieren, aber dein Stil ist ziemlich gut. Weiter so .
 
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