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Da sich hier in letzter Zeit vermehrt Threads mit Themen wie
5k Euro - was tun
Überversichert?
Geld möglichst profitabel anlegen
Riester-Rente
Wie in Öl investieren
finden (mit teilweise sogar wirklich lesenswerten Posts), interessiert mich, wo ihr euch sonst noch - außerhalb von bw.de ( ) Informationen zu Geldanlagen holt. Dabei geht es mir nicht unbedingt um Spekulationen und Insider-Tipps (obwohl ich natürlich aus o.g. Threads weiß, dass die bw.de-Gemeinde über solche massenhaft verfügt), sondern eher um "normale" Dinge wie Altersversicherung (wenn ihr sowas macht/habt), Berufsunfähigkeitsversicherung, Krankenversicherung, Riester-Rente, Bausparverträge, Fondanlagen etc. Da hier immer mehr User ins Arbeitsleben eintreten, wird dieses Thema ja auch relevanter für den ein oder anderen.
Anlass ist, dass ich vor geraumer Zeit recht lange mit nem Typen gequatscht hab, der bei ner Versicherung in der Vertrags- und Abrechnungsabteilung für Makler arbeitet und mir nochmal vor Augen geführt hat, wie wahnsinnig "unabhängig" doch Finanzberater oder Versicherungsmakler eigentlich sind. Dass die ihre Courtage absahnen, ist jedem bewusst. In welchem Rahmen sich diese Beträge abspielen und welche Manipulationsmöglichkeiten von Seiten der Versicherung (deren Vertreiber die Makler sind) es gibt, wissen die meisten nicht. Diese Beträge variieren je nach Verhandlungsgeschick des Maklers (was kann er rausschlagen) und natürlich je nach Vertrag(sart). Z.B. bekommt der Makler mehr für einen Riester-Rente-Abschluss als für irgendeine andere Art der Altersvorsorge. Oder mehr für einen Bausparvertrag als für eine andere Geldanlage... Somit besteht - offensichtlich - ein Interessenskonflikt. Sinnvoll beraten oder einem Vielverdiener ne Riester-Rente aufschwatzen? Ausgewogene Chancen-Risiken präsentieren oder dicke, risikofreie Renditen mit schönen Charts versprechen?
Es wäre theoretisch möglich (der Typ konnte mir keine plausible Gegenmaßnahme dagegen aufzeigen), dass die Versicherung/die Bank ein Grottenprodukt anbietet, was in fast jedem Punkt schlechter für den Kunden ist als etwaige Konkurrenzprodukte, dass sie dem Berater aber eine sehr hohe Beteiligung anbietet und dementsprechend seine Anreize noch mehr verschiebt.
Zwar bekommt der Berater nur seine (ganze) Kohle, wenn der Kunde 5+ Jahre im Vertrag bleibt und brav einzahlt und nicht plötzlich merkt, dass ihm da Scheiße angedreht wurde, aber dieses Risiko ist relativ gering. (Nach 5 Jahren gibt es noch zusätzlich ein paar Kröten für die Kundenhaltung, aber davon kann man als Berater wohl nicht leben)
Zwar muss der Berater nach neuesten gesetzlichen Vorschriften dem Kunden mindestens zwei Alternativen vorlegen und der Kunde (!) muss die Entscheidung treffen, welche der beiden Alternativen er wählt (das muss schriftlich festgehalten werden), aber hier hat der Makler durch Betonung der Stärken des einen Instruments und Schwächen des anderen natürlich auch einen wahnsinnigen Informationsvorteil gegenüber dem (Laien-)Kunden.
Mittlerweile darf zwar nicht mehr jeder Makler werden (bzw. man kann nicht einfach anfangen, Versicherungen zu verticken, sondern muss vorher eine Prüfung ablegen), aber ich denke die Hürden zum "großen Geld", was einige Finanzberater ihren Vertretern versprechen (siehe Zeit-Artikel unten), sind immer noch relativ gering.
Dazu kommt - meinte zumindest der Typ - dass in Deutschland Honorarberatung nicht möglich wäre oder zumindest nicht kontrollierbar. D.h., es ist nicht möglich, einem Berater 200 Euro auf den Tisch zu legen, sich ausgiebig beraten zu lassen und dabei sicher zu sein, dass dieser keine Provisionen bekommt und sich damit nicht mehr im Interessenskonflikt befindet. Außerdem würde das wahrscheinlich eh keiner machen. Ich weiß zwar, dass der Berater (mein) Geld durch Provisionen bekommt, aber es ihm direkt auf den Tisch zu legen, um mich unabhängig zu beraten, dagegen sträubt sich alles in mir.
Anschließend fand ich diese Dinge u.a. durch die Ausführungen von Rusty Ryan im Riester-Rente- und Öl-Thread bestätigt. Ebenso durch Artikel wie diese:
Finanzberatung - warum die Bank am Ende immer verdient (Handelsblatt.com)
AWD - Schneller sein als die anderen (zeit.de)
Außerdem war ich bei einem Gerichts-Prozess dabei, wo es um falsche Beratung ging und eine Familie 100k verloren hatte, weil sie in relativ spekulative Anlagen investiert hat (totaler Müll) und der Berater ihnen (angeblich) erzählt hatte, die maximalen Verluste wären 20%. Nicht zu vergessen die Tatsache, dass meiner Oma vor nem halben Jahr von der Sparkassen-Finanzberatung ein Bausparvertrag aufgeschwatzt wurde (LOL). Dazu kommt die steigende Unzufriedenheit mit der Beratung nach der Finanzkrise (z.B. Zertifikate von LehmanBrothers). Die Sucht nach mehr Rendite (wie kann ich Geld möglichst profitabel - natürlich ohne Risiko) - und mittlerweile - die fast panische Angst vor Verlusten macht's möglich.
Ich denke, am Ende ist natürlich jeder selbst Schuld, wenn er sich was "aufschwatzen" lässt. Die Ausführungen oben sollten aber klar gemacht haben, dass man recht abhängig davon ist, was einem der (nicht wirklich unabhängige) Finanzberater auftischt. Demgegenüber kann man sich natürlich überall informieren, die Wissensgesellschaft und das Internet machen's möglich. Wenn man sich da vor Augen führt, dass viele Leute mehr Zeit damit verbringen, sich einen neuen Fernseher oder ein neues Handy auszusuchen als eine passende Versicherung oder Geldanlage, wundert man sich gar nicht mehr, warum sich der Finanzberater schlechte Beratung leisten kann.
Nach diesem - wie ich gerade sehe - doch recht ausführlichen Thema-Einstieg interessiert mich jetzt, wie die (aufgeklärte) bw.de-Gemeinde sich um ihre Finanzbelange kümmert. Dabei geht es mir vordergründig nicht um "was habt ihr" sondern wirklich "wie informiert ihr euch", d.h. bei wem, wie viel Zeit investiert ihr und was haltet ihr von dem Beratungssystem (würdet ihr z.B. jemandem mehrere Hundert Euro bezahlen für die Beratung, wenn ihr wüsstet, dass dieser keine Provisionen bekommen darf). Lange Rede, kurzer Sinn...Wie informiert ihr euch über Finanzanlagen und Versicherungen? Erfahrungen und Insider-Infos aus der Welt der Finanzberater (von Freunden oder euch selbst) sind gern gesehen.
5k Euro - was tun
Überversichert?
Geld möglichst profitabel anlegen
Riester-Rente
Wie in Öl investieren
finden (mit teilweise sogar wirklich lesenswerten Posts), interessiert mich, wo ihr euch sonst noch - außerhalb von bw.de ( ) Informationen zu Geldanlagen holt. Dabei geht es mir nicht unbedingt um Spekulationen und Insider-Tipps (obwohl ich natürlich aus o.g. Threads weiß, dass die bw.de-Gemeinde über solche massenhaft verfügt), sondern eher um "normale" Dinge wie Altersversicherung (wenn ihr sowas macht/habt), Berufsunfähigkeitsversicherung, Krankenversicherung, Riester-Rente, Bausparverträge, Fondanlagen etc. Da hier immer mehr User ins Arbeitsleben eintreten, wird dieses Thema ja auch relevanter für den ein oder anderen.
Anlass ist, dass ich vor geraumer Zeit recht lange mit nem Typen gequatscht hab, der bei ner Versicherung in der Vertrags- und Abrechnungsabteilung für Makler arbeitet und mir nochmal vor Augen geführt hat, wie wahnsinnig "unabhängig" doch Finanzberater oder Versicherungsmakler eigentlich sind. Dass die ihre Courtage absahnen, ist jedem bewusst. In welchem Rahmen sich diese Beträge abspielen und welche Manipulationsmöglichkeiten von Seiten der Versicherung (deren Vertreiber die Makler sind) es gibt, wissen die meisten nicht. Diese Beträge variieren je nach Verhandlungsgeschick des Maklers (was kann er rausschlagen) und natürlich je nach Vertrag(sart). Z.B. bekommt der Makler mehr für einen Riester-Rente-Abschluss als für irgendeine andere Art der Altersvorsorge. Oder mehr für einen Bausparvertrag als für eine andere Geldanlage... Somit besteht - offensichtlich - ein Interessenskonflikt. Sinnvoll beraten oder einem Vielverdiener ne Riester-Rente aufschwatzen? Ausgewogene Chancen-Risiken präsentieren oder dicke, risikofreie Renditen mit schönen Charts versprechen?
Es wäre theoretisch möglich (der Typ konnte mir keine plausible Gegenmaßnahme dagegen aufzeigen), dass die Versicherung/die Bank ein Grottenprodukt anbietet, was in fast jedem Punkt schlechter für den Kunden ist als etwaige Konkurrenzprodukte, dass sie dem Berater aber eine sehr hohe Beteiligung anbietet und dementsprechend seine Anreize noch mehr verschiebt.
Zwar bekommt der Berater nur seine (ganze) Kohle, wenn der Kunde 5+ Jahre im Vertrag bleibt und brav einzahlt und nicht plötzlich merkt, dass ihm da Scheiße angedreht wurde, aber dieses Risiko ist relativ gering. (Nach 5 Jahren gibt es noch zusätzlich ein paar Kröten für die Kundenhaltung, aber davon kann man als Berater wohl nicht leben)
Zwar muss der Berater nach neuesten gesetzlichen Vorschriften dem Kunden mindestens zwei Alternativen vorlegen und der Kunde (!) muss die Entscheidung treffen, welche der beiden Alternativen er wählt (das muss schriftlich festgehalten werden), aber hier hat der Makler durch Betonung der Stärken des einen Instruments und Schwächen des anderen natürlich auch einen wahnsinnigen Informationsvorteil gegenüber dem (Laien-)Kunden.
Mittlerweile darf zwar nicht mehr jeder Makler werden (bzw. man kann nicht einfach anfangen, Versicherungen zu verticken, sondern muss vorher eine Prüfung ablegen), aber ich denke die Hürden zum "großen Geld", was einige Finanzberater ihren Vertretern versprechen (siehe Zeit-Artikel unten), sind immer noch relativ gering.
Dazu kommt - meinte zumindest der Typ - dass in Deutschland Honorarberatung nicht möglich wäre oder zumindest nicht kontrollierbar. D.h., es ist nicht möglich, einem Berater 200 Euro auf den Tisch zu legen, sich ausgiebig beraten zu lassen und dabei sicher zu sein, dass dieser keine Provisionen bekommt und sich damit nicht mehr im Interessenskonflikt befindet. Außerdem würde das wahrscheinlich eh keiner machen. Ich weiß zwar, dass der Berater (mein) Geld durch Provisionen bekommt, aber es ihm direkt auf den Tisch zu legen, um mich unabhängig zu beraten, dagegen sträubt sich alles in mir.
Anschließend fand ich diese Dinge u.a. durch die Ausführungen von Rusty Ryan im Riester-Rente- und Öl-Thread bestätigt. Ebenso durch Artikel wie diese:
Finanzberatung - warum die Bank am Ende immer verdient (Handelsblatt.com)
Viele Kunden kennen die Höhe ihrer gesamten Gebühren nicht. Eine Beraterin schätzt, bei den sehr intransparenten geschlossenen Fonds gingen bis zu zehn Prozent des Anlagebetrages allein an den Vertrieb, bei Zertifikaten bis zu vier Prozent, bei Spezialanleihen bis zu drei Prozent. Bei Investmentfonds beträgt der Ausgabeaufschlag bis zu fünf Prozent. Außerdem erhält der Vertrieb aus der jährlichen Fondsverwaltungsgebühr einen Anteil. Bei Versicherungen erhält der Verkäufer nach Abschluss gleich eine vierstellige Euro-Summe an Provision, die den Beiträgen der Kunden entnommen wird. Dazu kommen für den Kunden oft noch weitere intransparente Gebührenposten.
AWD - Schneller sein als die anderen (zeit.de)
Jeder hier steht unter den Fittichen eines erfahrenen AWD-Mitarbeiters, der in den kommenden Monaten viel Zeit investieren wird, um seinen Schützling zu einem Finanzvermittler auszubilden. Auch meine Führungskraft ist anwesend. »Wir brauchen Mitarbeiter, die wirtschaftlich denken und andere überzeugen können«, sagt Wolf. »Sie sollten eine soziale Ader haben, aber keine zu starke. Wir wollen schließlich auch Geld verdienen.«
...
Jetzt erklärt der Gebietschef mir und den anderen Bewerbern, die es geschafft haben, was AWD für uns bedeuten soll: Erfolg hat, wer »Einheiten schreibt«. Einheiten gibt es für jedes Finanzprodukt, das ein Kunde abschließt. Von der Riester-Rente über die private Krankenversicherung bis hin zum Kauf von Investmentfonds. Pro Einheit, lerne ich weiter, verdiene ich am Anfang vier Euro, später möglicherweise mehr als zehn Euro. Die Zahlen am Ende der Berechnungen sind gigantisch: Nur zwei oder drei Riester-Verträge und eine kleine Versicherung im Monat, und schon habe ich 5000 Euro in der Tasche. Wer in der Hierarchie aufsteigt, verdient an denen mit, die unter ihm sind – Tausende Euro, wenn die sich anstrengen. Man zeigt uns Ranglisten der besten Gebietsleiter. Die Zahl der geschriebenen Einheiten ist an der Spitze sechsstellig, wir Bewerber rechnen: Diese Leute müssen Einkommensmillionäre sein. Der Chef erklärt: »Die Gewinne mögen Ihnen hoch vorkommen. Aber in der Finanzbranche steckt nun mal so viel Geld. Auch für Sie.«
...
Ich lerne: Der Erfolg meiner Arbeit bei AWD wird nicht daran gemessen, wie gut ich jemanden berate, sondern daran, wie viel Geld er am Ende für Produkte ausgibt, die ich empfehle. Ich soll meine Beziehungen und Kontakte zu Geld machen. Wie gut ich berate, ist zweitrangig. Wie gut mein persönliches Netzwerk ist, das zählt.
Außerdem war ich bei einem Gerichts-Prozess dabei, wo es um falsche Beratung ging und eine Familie 100k verloren hatte, weil sie in relativ spekulative Anlagen investiert hat (totaler Müll) und der Berater ihnen (angeblich) erzählt hatte, die maximalen Verluste wären 20%. Nicht zu vergessen die Tatsache, dass meiner Oma vor nem halben Jahr von der Sparkassen-Finanzberatung ein Bausparvertrag aufgeschwatzt wurde (LOL). Dazu kommt die steigende Unzufriedenheit mit der Beratung nach der Finanzkrise (z.B. Zertifikate von LehmanBrothers). Die Sucht nach mehr Rendite (wie kann ich Geld möglichst profitabel - natürlich ohne Risiko) - und mittlerweile - die fast panische Angst vor Verlusten macht's möglich.
Ich denke, am Ende ist natürlich jeder selbst Schuld, wenn er sich was "aufschwatzen" lässt. Die Ausführungen oben sollten aber klar gemacht haben, dass man recht abhängig davon ist, was einem der (nicht wirklich unabhängige) Finanzberater auftischt. Demgegenüber kann man sich natürlich überall informieren, die Wissensgesellschaft und das Internet machen's möglich. Wenn man sich da vor Augen führt, dass viele Leute mehr Zeit damit verbringen, sich einen neuen Fernseher oder ein neues Handy auszusuchen als eine passende Versicherung oder Geldanlage, wundert man sich gar nicht mehr, warum sich der Finanzberater schlechte Beratung leisten kann.
Nach diesem - wie ich gerade sehe - doch recht ausführlichen Thema-Einstieg interessiert mich jetzt, wie die (aufgeklärte) bw.de-Gemeinde sich um ihre Finanzbelange kümmert. Dabei geht es mir vordergründig nicht um "was habt ihr" sondern wirklich "wie informiert ihr euch", d.h. bei wem, wie viel Zeit investiert ihr und was haltet ihr von dem Beratungssystem (würdet ihr z.B. jemandem mehrere Hundert Euro bezahlen für die Beratung, wenn ihr wüsstet, dass dieser keine Provisionen bekommen darf). Lange Rede, kurzer Sinn...Wie informiert ihr euch über Finanzanlagen und Versicherungen? Erfahrungen und Insider-Infos aus der Welt der Finanzberater (von Freunden oder euch selbst) sind gern gesehen.