Original geschrieben von [buendig]
hmm, eigentlich ist doch allgemein bekannt, dass die janjaweed oder wie auch immer man sie schreibt, von der sudanesischen regierung zumindest toleriert werden, da sie gegen die nicht muslimischen rebellischen völker im südsudan vorgehen.
araber ist vielleicht nicht unbedingt zutreffend und gezielt angeheuert wurden sie wohl auch nicht, aber letztlich ist das doch haarspalterei.
Sie werden nicht nur toleriert, sondern wurden sogar dafür eingesetzt und von der Regierung ausgerüstet.
Man sollte aber die Hintergründe im Auge behalten. Die Regierung hatte ja nicht plötzlich mal den Einfall, ein paar widerspenstige Stämme auszurotten, sondern hat auf einen Aufstand rebellischer Gruppen reagiert.
Sicherlich mögen dem politisch korrekten westlichen Beobachter die Gegenmittel völlig indiskutabel erscheinen, aber man muss die Situation im ganzen Sudan betrachten: Erst vor wenigen Jahren ist ein Bürgerkrieg zuende gegangen, der Millionen von Menschenleben gefordert hat. Überall im Land schwelen Konflikte, deren Ursachen weit über die aktuelle politische Situatoin hinausgehen. Die Zentralgewalt der Regierung ist schwach. Wenn man an einer Front Schwäche zeigt, bricht an der anderen ein Aufstand los. Die regulären Streitkräfte reichen bei weitem nicht aus, um der Lage Herr zu werden.
Was tut man also? Man nutzt die zum Teil jahrhundertealten wirtschaftlichen und sozialen Konflikte und bekämpft eine Gruppe, indem man ihre Feinde unterstützt.
Dass solche Konflikte niemals schön anzusehen sind und die beteiligten Gruppen beiderseits sehr wenig Rücksicht auf das Völkerrecht nehmen, sollte niemanden verwundern.
Es ist jedenfalls auch nicht richtig zu behaupten, dass die Regierung kein Interesse daran hätte, den Konflikt zu lösen. Im Gegenteil, eigentlich hat die Regierung an kaum etwas anderem ein echtes Interesse, als ihre eigene Macht zu erhalten. Und dazu ist ihr eben jedes Mittel recht.
Es stimmt auch nicht, dass es keinerlei ernsthafte Friedensbemühungen gegeben hätte. Die getroffenen Friedensvereinbarungen wurden vonseiten der Regierung sogar relativ ambitioniert umgesetzt. Leider hat das nichts geholfen, was zum Großteil daran liegt, dass zum einen die Milizen nur begrenzt dem Einfluss der Regierung unterliegen und zum anderen die Rebellen unter sich uneins sind, weshalb man keinen echten Verhandlungspartner hat.
Den Möglichkeiten der Regierung sind also Grenzen gesetzt und ich wüsste auch ganz gerne, wie die Humanitätsverteidiger es sich vorstellen, dass man dem Töten mal eben Einhalt gebieten solle.
Damit wären wir bei der für mich wesentlich wichtigeren Frage: Was soll man tun, was sollen wir westliche Staaten tun?
Und da vertrete ich einen eher pragmatischen Standpunkt und sage: Es gibt wahrscheinlich nicht allzu viel, was wir tun können.
Sicher, man sollte sich, notfalls auch mit politischem Druck, dafür einsetzen, dass die notwendigsten Maßnahmen getroffen werden, um das Leid der Menschen dort zu lindern. Ebenso kann und sollte man diplomatische Hilfe anbieten, um eine Einigung herbeizuführen.
Aber durch autoritäres Eingreifen das Töten beenden und die betroffenen Gebiete befrieden kann man wahrscheinlich nicht, wenigstens nicht zu einem geringen Preis.
Man muss die Natur dieser Konflikte beachten. Über 40% der Bevölkerung sind jetzt unter 15 Jahren alt und sie steigt weiterhin stark an. Es gibt bei weitem genug sozialen, wirtschaftlichen und politischen Brennstoff. Die Zentralgewalt der Regierung ist zu schwach, um diese Kräfte im Zaum zu halten und auch die stark wachsende Wirtschaft ist erfahrungsgemäß nicht in der Lage, sie in genügendem Maße zu binden.
Es wäre eigentlich ein großes Wunder, wenn in diesem Land nicht Bürgerkrieg und Massentötungen stattfänden.
Natürlich gäbe es dennoch Mittel und Wege, die laufenden Tötungen zu stoppen. Aber wie fruchtbar der Boden für so etwas ist, sehen wir z.B. im Kosovo, dem Musterbeispiel für humanitäre Intervention. Sowie sich ein Blauhelm mal umdreht, wird wer umgebracht und schwupps ist wieder ein Pogrom am Werk.
Und der Sudan ist nicht der Kosovo, sondern wesentlich schwerer zu kontrollieren. Die Rebellen zögern ja schon jetzt nicht, die stationierten Freidenstruppen anzugreifen. Und wir sollten auch nicht vergessen, dass wir vielleicht die Entscheidungen treffen, das Geld und ein paar logistischce Mittel zur Verfügung stellen. Den Kopf hinhalten dürfen dann junge Männer aus Nigeria oder von der Elfenbeinküste, die kaum rosigere Perspektiven haben als die jungen Stammeskrieger, denen sie Einhalt gebieten sollen.
Ob es denen Spaß macht, dafür zu bluten, dass ein paar Herren in Designeranzügen auf der Sonnenseite des Erdballs sich auf die Schulter klopfen können? Ich wage es zu bezweifeln.