Sympathiefaktor im Job

Quint

,
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Ich habe in der Vergangenheit in einem Betrieb gearbeitet, in der es eine junge Dame namens C. gab. C. war eine sehr freundliche, positive Person, die sich jeden einzelnen Tag Zeit genommen hat, alle Mitarbeiter bei uns zu begrüßen und ein paar Worte mit ihnen zu wechseln - besonders lange mit unserem Chef. Sie hat sich nie beschwert, nie ein negatives Wort in den Mund genommen und war scheinbar nie gestresst. Irgendwann hat sie angefangen, mit unserer Teamleiterin gemeinsam in die Kantine zu gehen, sich auch außerhalb der Arbeitszeiten mit ihr zu treffen oder für sie zu backen. Als Cs. Probezeit vorbei war, wurde sie auf Empfehlung ihrer Teamleiterin in eine andere Abteilung versetzt. Für ihre Stelle dort hatte sie eigentlich nicht den benötigten Hintergrund oder die entsprechende Erfahrung, unser Chef war trotzdem dafür.

Danach hat sich Cs. Verhalten geändert. Zum einen hat sie von einem Tag auf den anderen aufgehört, mit ihrer ehemaligen Teamleiterin etwas zu unternehmen. Mehr als ein kurzes "Hi, wie geht's?" gab es nicht mehr, Cs. Aufmerksamkeit lag stattdessen auf ihre neue Abteilungsleiterin. Die tägliche Runde durch die Büros fiel auch plötzlich aus, längere Gespräche gab es nur noch mit Abteilungsleitern bzw. Leuten mit Einfluss. Irgendwann ging eine Kollegin mal zufällig durch die ehemalige Arbeit von C. und stellte fest, dass sie maximal ein Drittel ihres eigentlichen Arbeitspensums geleistet hat. Das hat dann auch erklärt, wie C. wirklich jeden Tag mit jedem reden und bei allen wichtigen Anlässen dabei sein konnte. Traurig ist noch, dass meine Kollegin Cs. tatsächliches Arbeitspensum bei ihrer Teamleiterin zu Sprache bringen wollte, diese das aber mit einem "Das würde sie doch NIE tun!" abschmetterte und sich nicht einmal die Beweise ansehen wollte.

Habt ihr in eurem Job ähnliche Geschichten erlebt? In meiner Berufserfahrung habe ich leider immer öfters feststellen müssen, dass sehr gute Leistung nur sehr selten entsprechend entlohnt wird - oft sieht es der Chef irgendwann als gegeben an und fordert sogar noch mehr. Natürlich sollte man kein asozialer Hermit sein und in einem Team arbeiten können, ist aber Verhalten wie jenes von C. wirklich nötig, um heute auf der Karriereleiter voranzukommen?
 
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Meine Erfahrung (freie Wirtschaft): Wer einfach nur gut und fleissig ist in dem was er tut, der bleibt genau da wo er ist und wird erst dann befördert, wenn er sonst woanders hin gehen würde (spätestmöglicher Zeitpunkt bevor man den Mitarbeiter verliert). Wäre der Chef ja auch schön dämlich seinen besten Performer von einer Stelle wegzunehmen, die er mit maximaler Effizienz ausfüllt. Ohne soziales "Engagement" aka "netzwerken" keine Karriere. In den meisten Fällen über einschleimen, Cliquenbildung, Privataktivitäten. Wie bereits vor Jahrzehnten schonmal festgestellt: Niemand ist in der CDU, weil er christliche Werte vertreten will.

Bei uns auf der Arbeit sind mittlerweile zwei Damen in Leitungspositionen die weder die Qualifikation noch die Berufserfahrung dafür hätten. Dank des Zusammenspiels von "Frauenquote" und Privatkontakten in die Chefetage haben sie jedoch mehr als easy alle anderen - deutlich erfahreren - Bewerber ausgestochen. Whatsapp mit dem Chef und dem Chef vom Chef, nach der Arbeit hier ein Käffchen da ein Pläuschchen, so läuft das. Die Stellenausschreibung war dann nur noch pro forma.


In Behörden: Bei einer Kombination von guter Leistung und wenigen Fehltritten erreicht man regelmässig automatisch den nächsten Beförderungsscore, ergo steigt man automatisch durch Erfahrung in der Gehaltsklasse - durch gute Leistungen kann man das beschleunigen. Posten werden aber dennoch eher nach persönlichem Gusto vergeben als nach Kompetenz. Es scheint generell viel wichtiger zu sein, dass eine Person "auf Linie" mit der Chefetage ist als dass sie wirklich was kann. Unbequeme Leute werden eher weggelobt, also schon befördert aber dann irgendwo hin versetzt, wo sie eigentlich nicht hin wollten. Als Beamter biste ja da nicht soo frei in Deiner Auswahl, da hat der Dienstherr das Sagen wo er Dich einsetzt.
 
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In meinem Job muss man, um wirklich Karriere zu machen, sich auf das Schmierentheater mit MBs und dem KM einlassen. Und innerhalb des Kollegiums natürlich fleißig "netzwerken", wobei es "interessiert an Bullshit wirken" eher trifft. Hab da keinen Bock drauf. Ich mach meine Arbeit und versuche, mich mit den Kollegen, die mir sympathisch sind, gut zu vertragen. Der Rest bleibt auf professioneller Distanz. Mit Vorgesetzten stelle ich mich natürlich gut. Saubere Arbeit leisten und ein bisschen smalltalken, wenns sein mus. Aber das volle Bussibussi-Getue? Ohne mich. Wie gesagt, ist v.a. langfristig ein Netzwerk mit dem Überbau nötig und das ist mir zu CSU-verseucht. Wobei ich eh noch nicht weiß, ob ich wirklich in Bayern bleiben werde. Mal abwarten, wie sich Verbeamtungssituation in den nächsten paar Jahren entwickelt.
 

parats'

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Ich hatte nur mal eine Kollegin sie sich buchstäblich hochgeschlafen hat.
 
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Glaube, Sympathie und Netzwerk ist immer wichtig.
Ob sich manipulatives Schleimen oder echte Freundlichkeit und Herzlichkeit durchsetzt, hängt dann von der Kultur des Unternehmens ab.

Bei uns ist es eher positiv.
D.h. Bewertung ist ausreichend objektiv, gute Kontakte und Sympathie aber definitiv wichtig, damit die Leute Bock auf Vorschläge haben, oder mal bereit sind etwas Zeit in eine nicht-verpflichtende Anfrage zu stecken.

Gerade bei Senior Mgmt, die ja wirklich wenig Zeit haben, ist es ja verständlich, dass man bei der Arbeit auch Spaß und positive Vibes haben möchte, d.h. dass man bspw. bei Zeitmangel mit sympathischen Mitarbeitern das Meeting eher nicht absagt, und mit unsympathischen Mitarbeitern eher absagt und sagt: "geht das auch via Mail oder nächsten Monat?".
 

Gustavo

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Spielt in meiner Branche (akademischer Bereich) maximal bei der ersten Berufung eine Rolle. Jedem hier ist bewusst, dass man mindestens sechs Jahre miteinander zu tun hat und mit tenure kann es schnell noch deutlich länger werden (Berufung ist hier (USA) zwar unbürokratischer als in DE, dafür ist die tenure-Entscheidung mindestens so bürokratisch, weshalb mittlerweile die meisten Leute tenure bekommen), d.h. bis entweder der Kandidat oder man selbst die Uni wechselt. Das spielt definitiv eine Rolle im Berufungsverfahren und ich habe schon Leute gesehen, die sich um einen Job gequatscht haben. Danach können die Leute allerdings durchaus komplett durchdrehen und ihre Stelle bleibt sicher. Leute die "sympathischer Kollege" gut spielen können gibt es durchaus einige, aber im Großen und Ganzen habe ich eher die Erfahrung gemacht, dass die netten Leute genuin nett und in der Überzahl sind.
 
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In meinem Job muss man, um wirklich Karriere zu machen, sich auf das Schmierentheater mit MBs und dem KM einlassen. Und innerhalb des Kollegiums natürlich fleißig "netzwerken", wobei es "interessiert an Bullshit wirken" eher trifft. Hab da keinen Bock drauf. Ich mach meine Arbeit und versuche, mich mit den Kollegen, die mir sympathisch sind, gut zu vertragen. Der Rest bleibt auf professioneller Distanz. Mit Vorgesetzten stelle ich mich natürlich gut. Saubere Arbeit leisten und ein bisschen smalltalken, wenns sein mus. Aber das volle Bussibussi-Getue? Ohne mich. Wie gesagt, ist v.a. langfristig ein Netzwerk mit dem Überbau nötig und das ist mir zu CSU-verseucht. Wobei ich eh noch nicht weiß, ob ich wirklich in Bayern bleiben werde. Mal abwarten, wie sich Verbeamtungssituation in den nächsten paar Jahren entwickelt.

was hast du nochmal beruflich gemacht? Lehrer oder? finde es nur komisch, dass du von "Karriere" sprichst. In wie fern kann man als lehrer Karriere machen?

Falls du doch was anderes machst und ich das falsch in Erinnerung habe ignoriere es. Und es ist nicht als diss gemeint..
wäre auch lustig als Sozialpädagoge :deliver:
 
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man kann als lehrer auf die ministeriums-laufbahn einbiegen. ansonsten kann man maximal schulleiter werden. ist aber primär für die schüttelschorschs und fleißbienen. die meisten gammeln - gerade, wenn sie verbeamtet sind - einfach der pension entgegen. (stimmt evtl. nicht)
was ich gut finde. wer braucht schon leistungsmotivation?
 
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D.h eine Laufbahn in der man dann eher nicht mehr pädgogisch und unterrichtend tätigt ist.

Eine letzte kurze Frage dann hör ich mit off topic auf:

Aus Interesse; was für Fächer unterrichtest & welche Schulform?
 
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Als Schulleiter unterrichtet man noch, aber deutlich weniger. Als Ministerialbeauftragter unterrichtet man auch, hat aber z.B. viel verwaltungstechnischen Kram dazu. Wenn man ins Ministerium geht, unterrichtet man nicht mehr und bringt dafür den Bildungsstandort voran. (U U)

Unterrichte D/G/Eth an der RS. (Keinen Bock auf Gym, da beschissener Arbeitsmarkt)
 
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Spielt in meiner Branche (akademischer Bereich) maximal bei der ersten Berufung eine Rolle. Jedem hier ist bewusst, dass man mindestens sechs Jahre miteinander zu tun hat und mit tenure kann es schnell noch deutlich länger werden (Berufung ist hier (USA) zwar unbürokratischer als in DE, dafür ist die tenure-Entscheidung mindestens so bürokratisch, weshalb mittlerweile die meisten Leute tenure bekommen), d.h. bis entweder der Kandidat oder man selbst die Uni wechselt. Das spielt definitiv eine Rolle im Berufungsverfahren und ich habe schon Leute gesehen, die sich um einen Job gequatscht haben. Danach können die Leute allerdings durchaus komplett durchdrehen und ihre Stelle bleibt sicher. Leute die "sympathischer Kollege" gut spielen können gibt es durchaus einige, aber im Großen und Ganzen habe ich eher die Erfahrung gemacht, dass die netten Leute genuin nett und in der Überzahl sind.

Ganz ehrlich. Ich versteh nur Bahnhof :ugly:
 
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Koordinator (einer von mehreren Konrektoren) oder Schulleiter lohnt halt mal so überhaupt nicht. Finanziell ist das Mehr an € ein Witz und der Arbeitsaufwand ist an Schulen mit 100+ Schülern so viel heftiger im Vergleich zur normalen Lehrkraft.
Zudem sind einem ziemlich stark die Hände gebunden was Personal anbelangt und es ist nicht wirklich einfach unliebsame Kollegen an andere Schulen "weiterzureichen". Wenn infrastrukturell etwas gemacht werden muss, schlägt man sich stunden-, wochen- oder sogar monatelang mit dem Schulträger herum und kommt wenig dazu interne Dinge voranzutreiben.
Ein guter Freund von mir hat es mit sehr viel Zufall & Glück als Schulleiter an eine gute Gemeinschaftsschule (früher mal ausgezeichnete, konservative Realschule) geschafft. Dort weht der Wind noch etwas anders, es ist jedoch die einzige Schule abseits der Gymnasien dieser Art. An allen anderen Gemeinschaftsschulen ist man hart am Rotieren was das Klientel anbelangt und das landet am Ende auch wieder auf dem Tisch des Schulleiters (Ordnungsmaßnahmen in schöner Regelmäßigkeit, ab und an Polizei vor Ort und andere unschöne Dinge).
 
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Kann in meinem aktuellen Laden und auch in dem davor nicht sagen, dass man mit Schleimen weiterkommt.
Bin aber vielleicht auch in einem Bereich in dem sich Leistung gut objektivieren lässt (Umsatz, billable Stunden, gewonnene Opportunities, Stunden im Office/beim Kunden, gefahrene Kilometer, undundund...).

Demnach denke ich, wer in meinem Bereich was kann, der kommt weiter.
 
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TheGreatEisen

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In meinem Job ist Erfolg auch recht gut messbar, solange man ihn auf Größen wie vermittelten Umsatz, Eigenumsatz usw. bezieht. Deutlich schwieriger wird es in größeren Einheiten, wenn es um Akquise-Themen geht. Das sind auch gleichzeitig die neuralgischen Konfliktherde: Wer hat das Mandat akquiriert? Oft werden Mandate verschiedenen Personen zugeschlüsselt. In größeren Kanzleien ist nach meinem Empfinden durchaus politisches Gespür wichtig. Wird man von einem der Rainmaker protegiert, stimmt natürlich auch der Umsatz und damit die wichtigste Kenngröße einer Anwaltskanzlei.

Seit ich selbständig bin, interessiert mich der ganze Schwachsinn zum Glück nicht mehr. Ich hatte noch nie Bock darauf, mir während einer 5-jährigen Ochsentour einen braunen Hals zu holen, um irgendwann vielleicht! einmal in die Partnerriege aufzusteigen.

Aber die meisten Anwälte unterschätzen die Bedeutung der Akquise. In Wahrheit kann ein Mandant gar nicht beurteilen, ob der Anwalt sehr gut oder gut gearbeitet hat. Es gibt nicht wenige erfolgreiche Anwälte, die mittelmäßige Arbeit leisten, diese aber gut vermarkten. Wenn ich sehe, wie schwer sich viele der hochdekorierten Prädikatsjuristen mit Doktortitel und LLM an der "Front", nämlich im Gespräch mit potentiellen Mandanten tun, wundert es mich nicht, warum diese Leute ihr Leben lang als Backoffice anderen zuarbeiten werden.

Bei der Justiz, so hört man, und in der Verwaltung, soll für die ganz große Karriere je nach Region immer noch das passende Parteibuch von Vorteil sein. Ansonsten wird sich dort wie seit jeher hochgedient.
 
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ja, ich glaube sympathie mit den chefs / networken ein wichtiger faktor beim gelingen einer karriere ist - aber dein beispiel ist rein negativ. neben der einschleimenden hinterfotze gibt es auch einfach leute, die auf einer wellenlänge mit dem chef sind. und, oh wunder, die leute haben mehr chancen.

in meinem unternehmen gibt es mittlerweile aber ein zentral organisiertes programm, an dem man erfolgreich teilgenommen haben sollte, sonst gibts keine führungsverantwortung. das kenn ich auch aus anderen konzernen. dort wird zwar nur die führungskompetenz festgestellt, aber das sollte zumeinst die inkompetenten schleimer eliminieren.

dann gibt es natürlich viele berufe, bei denen der externe erfolg auch vom "scheisse für gold verkaufen"/kunden einlullen/sympathisch wirken abhängt. da sehe ich es nur als konsequent auch gleich den schlag der leute in die chefetage zu befördern ^.^
 

Gelöschtes Mitglied 137386

Guest
kann da eisen nur rautieren, gerade anwälte müssen halt auch irgendwie mit menschen können, sonst ist man im falschen beurf. ein großer teil ist nämlich die akquise und die betreuung von mandanten mit all ihren kleinen wehwehchen und da kommt es oft weniger auf das juristische können an, als darauf den mandanten ein gutes gefühl zu geben - handwerklich sind nämlich die meisten anfragen/aufgaben kein hexenwerk.

dasselbe gilt für karrierechancen. die hängen bei uns natürlich vornehmlich von objektiven zahlen ab, aber natürlich spielt auch gegenseitige sympathie eine rolle - würde mich wundern wenn das in anderen unternehmen (oder auch behörden) anders läuft. ohne die richtigen zahlen kommst du gar nicht erst in betracht, aber darüber hinaus musst du halt auch andere qualitäten mitbringen.
 
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