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Schwertkampf: Film vs Realität

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Den Post hab ich ursprünglich für den GoT Thread geschrieben, aber nachdem es offensichtlich Aufklärungs- und Diskussionsbedarf gibt und dort ja nicht mehr drüber diskutiert werden sollte, hier mal ein eigener Thread.

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€: Abgesehen davon, woher hast du diese blödsinnige Idee vom 1on1 Duell zwischen Rittern im Mittelalter? Unter welchen Umständen soll sowas passiert sein? Es gab Turniere (wo logischerweise alle gepanzert waren, weil Lanze auf Lederwams ist eher nicht so geil) oder halt Krieg. Wo soll dieses ominöse Duell zu Fuß um Leben und Tod in voller Montur stattgefunden haben?
Gottesurteil wurde ja schon genannt.

Schilde im Harnisch ergeben übrigens wenig Sinn, man ist ja schon gepanzert.
Man ist als trainierter Kämpfer auch nicht langsamer im Harnisch als ohne oder erschöpft wesentlich schneller. Das hält man locker die Zeit durch die nötig ist um einen Wirkungstreffer zu setzen, zumal man Hiebe und Stiche gegen einen selbst völlig ignorieren kann.

Die Chancen mit der normalen Griffweise (beide Hände hinten am Griff) eine Blöße im Harnisch (z.B. Achseln oder Kniekehle) zu erwischen ist recht gering. Üblicherweise würde man ins Halbschwert wechseln, egal ob mit Rüstung oder ohne:
MS_Germ.Quart.16_10r.jpg

Hier wird auf die Blöße in der Achsel gezielt.

Wenn ihr mehr drüber wissen wollt könnte euch z.B. das Video interessiere: https://www.youtube.com/watch?v=1S_Q3CGqZmg
Man sieht sehr gut, dass Dierk nicht wirklich eingeschränkt ist.

Harnischkampf hat aber generell sehr viele Würfe, was wegen wegen dem veränderten Schwerpunkt recht gut funktioniert. Anschließend wird der Gegner am Boden fixiert und mit dem Dolch abgefertigt:
MS_Germ.Quart.16_28r.jpg


Wobei meine Waffe der Wahl wohl eher eine Mordaxt wäre.

"Waren sie gestürzt und verletzt oder konnten sich wegen ihrer schweren Rüstungen nicht sofort erheben, wurden sie von walisischen Fußsoldaten mit langen Messern erstochen." [Hervorhebung von mir]
In Rüstung vom Pferd geworfen zu werden ist sicher nicht angenehm, aber lässt sich auch verkraften. Gibt auch Videos wie Leute im Harnisch Räder schlagen, find ich allerdings grad nicht.

Wikipedia is hier leider eine wahnsinnig schlechte Quelle, da steht fast nur Mist zum Thema historische Kampfkünste.

Generell hat man in einer Kampfsituation auf die man sich vorbereiten konnte (kein Überfall im Wald oder so) beide Hände sinnvoll eingesetzt, d.h. entweder eine einhändige Waffe + Schild oder gleich eine zweihändige Waffe verwendet.
Schwerter waren dabei nicht unbedingt die Primärwaffen, auch wenn das in der Fantasy so dargestellt wird. Stangenwaffen etwa bieten eine größere Reichweite und sind deutlich billiger herzustellen. Ein (Lang)Schwert ist vorallem eine sehr flexible Waffe und lässt sich gegen Gegner mit und ohne Rüstung gleichermaßen einsetzen.

Quelle: Ich betreib historisches Fechten, bin regelmäßig auf entsprechenden Events und kenn dementsprechend Leute mit Harnisch. Primärquellen kann ich bei Bedarf raussuchen.

Fazit: Fast alle Kampfszenen in GoT sind hochgradig unrealistisch (Staffel 1 war dank anderem Choreograph deutlich besser) und halten einer historischen Betrachtung nichtmal ein wenig stand, von daher erübrigt sich die Diskussion um spezielle Szenen eigentlich.


Ihr müsst mir das auch garnicht glauben, sucht euch einen historischen Fechtverein (keine Schaukämpfer) raus, schaut vorbei und lasst euch ein paar Sachen zeigen. Einfach mal auf der Karte hier schaun.
 
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Teegetraenk

Tippspielmeister WM 2006
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In der Armory in Leeds hatten sie ziemlich viel Ausstellungsraum für Einzelkämpfer in Harnisch investiert. In England hat man wohl vor allem eine zweihändige Stangenwaffe, die am Kopf nen Schlagdorn, Hammer und Spitze hatte genutzt und ähnlich gefasst wie oben im Bild die Schwerter.

Ziel wars wohl in erster Linie bewegliche Teile der Rüstung an Gelenken etc. so einzudellen, dass es die Beweglichkeit einschränkt und dann mit dem Schlagdorn der entscheidende Treffer (bei Leben oder Tod). Aber außer bei Belagerungen wird man kaum zu solchen Situationen gekommen sein.

Jedenfalls war das auch mit Videos wie oben gut nachgestellt und recht eindrucksvoll.
 
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Nein, ernsthaft? Schwertkämpfe in Filmen und Serien sind total unrealistisch? Was kommt als nächstes - Mit zwei Pistolen gleichzeitig zu schießen, während man in Zeitlupe durch die Luft fliegt, und um einen alles herum explodiert, ist übertrieben und steht gar nicht für echte Polizeiarbeit? SACHEN GIBTS, DIE GIBTS GAR NICHT!
 
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Das was die machen wird von den Ausübenden Historical Medival Battle (HMB) genannt. Das historische dran ist allerdings vorallem das Equipment, Techniken und Bewegungen sind in der Regel frei erfunden. Wobei das auch nicht wundert: historische Rüstungen vs. historische Techniken/Waffen gegen Rüstungen = historische Verletzungen^^

Bischen fetziger sind da die Gruppenkämpfe z.B. beim Battle of Nation, allerdings haben die trotzdem ne echt harte Verletzungsstatistik.

In der Armory in Leeds hatten sie ziemlich viel Ausstellungsraum für Einzelkämpfer in Harnisch investiert. In England hat man wohl vor allem eine zweihändige Stangenwaffe, die am Kopf nen Schlagdorn, Hammer und Spitze hatte genutzt und ähnlich gefasst wie oben im Bild die Schwerter.
Das Teil heißt in unserem Sprachraum Mordaxt (bzw. in den Quellen auch gerne mal nur "Axt"), das oben verlinkte Original hat statt dem Schlagdorn (Rabenschnabel) eine Axtklinge, aber die is beliebig austauschbar.
Zur Fechtweise gibts z.B. was im Talhoffer, bei Paulus Hector Mair oder Jeu de la Hache

Ziel wars wohl in erster Linie bewegliche Teile der Rüstung an Gelenken etc. so einzudellen, dass es die Beweglichkeit einschränkt und dann mit dem Schlagdorn der entscheidende Treffer (bei Leben oder Tod).
Naja mit dem "Fleischklopfer" kann man auch Gelenke oder Knochen durch die Rüstung durch brechen.
Alternativ wirft man den Gegner zu Boden, rammt einen der Dornen in eine schwächer geschützte Stelle und kann sich dank dem langen Stab einfach mit dem ganzen Gewicht dran hängen.

Werfen geht auch ziemlich gut, da man mit dem Schnabel oder dem Axtblatt im Genick oder der Kniekehle einhaken kann:
300px-Cod.icon._394a_47v.jpg

800px-Mair_poleaxe_06.jpg


In Rüstung kommt dann noch hinzu, dass man mit Helm(visier) seine eigenen Beine nicht aus den Augenwinkeln sieht, das heißt man beschäftigt sich oben mit der Waffe des Gegners und einem werden plötzlich die Beine weggezogen. Laut Leuten die nen Harnisch haben kommt das wohl immer sehr unerwartet.

Wer recht gute Schau Videos mit Erklärung zu etwas exotischeren Waffen macht sind die Dreynschläger, weils eigentlich historische Fechter sind. Zur Mordaxt gibts z.B. hier was, unter anderem das einhaken wird gezeigt: https://www.youtube.com/watch?v=syuFRDA1440&feature=player_detailpage#t=1587
Sonst hab ich euch noch ne kleine Mordaxt Technik Demo und ich find "mittelalterliche" Stangenwaffen haben sowieso ne interessante Dynamik.
 
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Sehr guter Thread.

Ich habe mich immer gefragt, wie das aussieht mit den Verletzungen. Habt ihr da noch mehr Informationen dazu?

Fechten wie in Piratenfilmen
- ist das generell realistisch und was passiert bei einem Bauchstich mit so einem dünnen Fechtschwert? Geht man da gleich k.o.? Verblutet man langsam? Kann man noch eine Weile weiterkämpfen wegen Adreanlinschub?

Bogenschützen
Wie genau kann man da Zielen bei einer Belagerung/Gefecht? Schiesst man da einfach in die Luft und lässt die Pfeile auf die Gegner niederprasseln oder kann man da auch auf kurze Distanz gerade SChüsse abgeben und so den Gegner in die Knie zwingen? Welches war mehr verbreitet?

Braveheart:
Bei den Griechen, bei Alexander und im Mittelalter gab es Pikeniere, Phalax und wilder Haufen... warum wurden die nicht immer gegen schwere Reiterei eingesetzt? Da haben ja Ritter auf Pferd keine Chance.

Hinterhalt
Wie fand generell ein Hinterhalt auf eine Legion statt? Gibt es noch andere grosse Hinterhalte, wo es mehr Informationen dazu gibt wie z.B. Teutoburger Wald?
 
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das ist ja mal mega geil und interessant.
Danke für die Infos.

Diese Battle of the Nations sieht für mich nach der ultimativen Mannschaftssportart aus, mega cool!
 

Scorn4

Servitor
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Fechten wie in Piratenfilmen
- ist das generell realistisch und was passiert bei einem Bauchstich mit so einem dünnen Fechtschwert? Geht man da gleich k.o.? Verblutet man langsam? Kann man noch eine Weile weiterkämpfen wegen Adreanlinschub?

Kommt ganz darauf an, ob bestimme Organe getroffen werden. Pauschal: nach einer ausreichend heftigen Verletzung (z.B. einfache Fleischwunde) machst du gar nichts mehr.

Bogenschützen
Wie genau kann man da Zielen bei einer Belagerung/Gefecht? Schiesst man da einfach in die Luft und lässt die Pfeile auf die Gegner niederprasseln oder kann man da auch auf kurze Distanz gerade SChüsse abgeben und so den Gegner in die Knie zwingen? Welches war mehr verbreitet?

Bogenschützen sind als Fernkämpfer durch massiertes Feuer effizient, allein sind sie zu langsam in der Feuerrate und zu unpräzise. Daher wird auch in Salven geschossen. Das galt auch für Gewehre bis in den amerikanischen Bürgerkrieg!

Braveheart:
Bei den Griechen, bei Alexander und im Mittelalter gab es Pikeniere, Phalax und wilder Haufen... warum wurden die nicht immer gegen schwere Reiterei eingesetzt? Da haben ja Ritter auf Pferd keine Chance.

Pikeniere sind hervorragende Kavallerie-Counter; vorausgesetzt, die dummen Reiter greifen von vorne an. Von allen anderen Seiten werden die Pikeniere aufgerieben.
Damit z.B. eine Phalanx überhaupt erfolgreich sein kann, benötigt man ein ebenes, in vor Breite dominierbares Feld. In hügeliger, waldiger oder sumpfiger Umgebung ist phalanxgestützte Kriegsführung nicht möglich.

Kavallerie hat in der Regel vier Rollen gespielt:
- Aufklärung
- Schockangriffe gegen unvorbereitete oder nicht ausreichend gerüstete Formationen (Artillerie, Schwertkämpfer, Bogenschützen, Logistik, etc.)
- Vertreibung generischer mobiler Einheiten
- Vernichtung fliehender Feinde

Frontalangriffe auf Phalanxen gehört also nicht dazu :-)

Hinterhalt
Wie fand generell ein Hinterhalt auf eine Legion statt? Gibt es noch andere grosse Hinterhalte, wo es mehr Informationen dazu gibt wie z.B. Teutoburger Wald?

Auf einem überschaubaren Schlachtfeld einen Infanterieangriff auf eine Legion zu führen, war nie eine gute Idee. Wenn man die römische Legion in die Knie zwingen möchte, muss man mehr ins Feld werfen.
Hannibal hat für seine Siege immer seine Kavallerie benötigt. Arminius hat ein für die Legion nicht taugliches Schlachtfeld präpariert. Die Pather haben bei Carrhae gar nicht erst zum Nahkampf angesetzt, sondern leicht gepanzerte Bogenreiter nerven lassen.

https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_Roman_battles
 
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Fechten wie in Piratenfilmen
- ist das generell realistisch und was passiert bei einem Bauchstich mit so einem dünnen Fechtschwert? Geht man da gleich k.o.? Verblutet man langsam? Kann man noch eine Weile weiterkämpfen wegen Adreanlinschub?
Da gibts ein schönes Erklärungsvideo von Matt Easton.
Es kommt stark drauf an wo man trifft. Man kann sich sowohl bei historischen als auch modernen Kampfberichten umschaun und wird feststellen, ja es gibt den Fall das jemand gestochen/beschossen wird, in sich zusammensackt und sofort tot ist, genauso ist es aber möglich, dass die Leute mit den schlimmsten Wunden noch weiterkämpfen.
Es reicht ja im Grunde schon ein Gegentreffer aus Reaktion raus (in Reichweite ist man ja schon), dass man dann mit seinem Feind zusammen ins Gras beißt.

Eventuell kann Mackia dazu ja ein paar Soldaten Geschichten raushaun? Oder man denke an Unfälle und Aussagen wie "2cm weiter links und ich wär tot", das geht alles in die selber Richtung. Es kann passieren, aber man kann sich nicht drauf verlassen.

Darum ist der Abzug ein sehr wichtiges Konzept, d.h. der geschützte Rückzug aus der Reichweite des Gegners nach einem Treffer, da man nicht automatisch davon ausgehen kann, dass der andere kampfunfähig ist. Wenn wir in Richtung Überfall denken, kann die Verwundung auch schon reichen, dass ich die Flucht ergreifen kann.

Zu Bogenschützen und Gruppenkampftaktiken kann ich leider nix sagen.

@Flugscheibe
Weiß grad nicht ob Roland das im Video erwähnt, aber es gibt leider keine Quellen wie ein Rundschild gefochten wird, d.h. möglich wär alles. Roland hat allerdings den Vorteil als Ausgangsbasis ein exzellenter Schwert und Buckler (kleines Rundschild/Faustschild) Fechter zu sein. :)
 
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https://www.youtube.com/watch?v=dkhpqAGdZPc

der zeigt einige gute sachen.

Ich glaube wenn er seine Moves da wirklich krass einstudiert hat und im Kampf verweden kann ist es einfach vorzustellbar, dass eine trainierte und disziplinierte kleine Armee eine Zahlenmäßig weit überlegene untrainierte Gruppe problemlos besiegen kann.

Auch sollte damit geklärt sein ob ein Schild viel bringt :deliver:
 
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Threads die man nicht anfangen sollte, während man eigentlich was zu tun hat. :bored:
 
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Eventuell kann Mackia dazu ja ein paar Soldaten Geschichten raushaun? Oder man denke an Unfälle und Aussagen wie "2cm weiter links und ich wär tot", das geht alles in die selber Richtung. Es kann passieren, aber man kann sich nicht drauf verlassen.

Ich habe mich nicht wissenschaftlich mit dem Thema auseinander gesetzt, Erzählungen und Bücher von Kampfgeschehen ergeben aber ein sehr indifferentes Bild.
Erstmal ist man im Gefecht sowas von vollgepumpt von Adrenalin, dass man kleinere Wunden gar nicht mitbekommt und erst nach dem Gefecht, wenn man wieder runterkommt merkt, dass man verletzt ist. Ich habe auch schon oft Schilderungen gelesen, dass die Verletzung erst durch das warme Blut auf der Haut wahrgenommen wurde. Das sind dann meist Durchschüsse oder Steckschüsse und Stichverletzungen die nur Fleisch, Muskeln usw getroffen haben. In einigen Berichten haben manche Soldaten fünf Arm- Bein und Oberkörpertreffer und waren immer noch nicht ausgeschaltet.
Das zeigt, dass gerade Stich- und Schusswunden, die ja sehr schmal sind, nur geeignet sind einen Gegner auszuschalten, wenn sie wichtige Organe oder besonders schmerzempfindliche Regionen treffen. Im Irak und in Afghanistan haben sich die Soldaten regelmäßig über die Wirksamkeit der 5,56mm Munition beschwert, die einfach nicht genug Energie besitzt um den Angreifer quasi "umzuwerfen" und große Wunden zu reißen.
In den Weltkriegen kam es ja noch relativ regelmäßig zu Nahkämpfen und da hat man aus ähnlichen Gründen den Nahkampf mit dem Bajonett vermieden und versucht dem Gegner mit dem Spaten einen Hieb in den Hals zu verpassen.

Insofern halte ich diese Zorro-Moves, wo einer mit einem Florett den anderen sticht und der fällt tot um, für sehr ungaubwürdig.
 
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@Flugscheibe
Weiß grad nicht ob Roland das im Video erwähnt, aber es gibt leider keine Quellen wie ein Rundschild gefochten wird, d.h. möglich wär alles. Roland hat allerdings den Vorteil als Ausgangsbasis ein exzellenter Schwert und Buckler (kleines Rundschild/Faustschild) Fechter zu sein.

Er sagt ja in dem Video, dass keiner 100% weiß wie gekämpft wurde, aber diese Techniken hat er entwickelt durch 1. Funde alter Waffen, 2. Darstellungen + Texte, 3. Moderne erkenntnisse aus Biologie und Physik (Krafteinleitung, Körperbau, usw.) und 4. natürlich durch ausprobieren :D

Seine Techniken finde ich jedenfalls sehr beeindruckend und vor allem sehr clever.

Gibt es eigentlich auch ernst zu nehmende Kampftechniken mit 2 Waffen, z.B. 2 Dolche wie Karl in GoT?
Für Schlachten ja wahrscheinlich eher nicht, aber für nen Auftragskiller 1on1 in ner städtischen Umgebung macht es ja schon ein wenig Sinn.
 
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Seingalt

Guest
Sowas gibt es, aber nur sporadisch.

Beispiele:
http://wiktenauer.com/wiki/File:Mair_mixed_25.jpg
http://daten.digitale-sammlungen.de....html?fip=193.174.98.30&id=00007894&seite=485

Davon abgesehen, ist die Quellenlage eher schlecht. Man kann sich mehr erschließen als tatsächlich belegen. Was ich zum Gebrauch von zwei Waffen sagen würde:
-Bietet in einer unübersichtlichen Situation (Schlacht) weniger Schutz im Vergleich zu Waffe+Schild, empfiehlt sich daher nur im Einzelkampf oder wenn man stark gepanzert ist
-Wenn der Gegner gepanzert ist, ergibt eine Zwei-Hand-Waffe wohl mehr Sinn als zwei kleinere Waffen, weil man eine höhere Reichweite hat (Stangenwaffe) und mehr Kraft auf einen Punkt konzentrieren kann
-Wenn man zwei Waffen zugleich benutzt, dann wohl kaum zweimal die gleiche, sondern zwei verschiedene, die sich gut ergänzen, z.B. Schwert+Axt, Schwert+Hammer, Schwert+Dolch usw.
Ausnahme sind vielleicht zwei Dolche. Soweit ich weiß, war es aber eher unüblich zwei Dolche bei sich zu tragen, was aber nicht heißt, dass das nicht vorkam.


Fechten wie in Piratenfilmen
- ist das generell realistisch und was passiert bei einem Bauchstich mit so einem dünnen Fechtschwert? Geht man da gleich k.o.? Verblutet man langsam? Kann man noch eine Weile weiterkämpfen wegen Adreanlinschub?
Ja zu Letzterem. Ein einzelner Hieb oder Stich (insbesondere mit einer Klinge mit kleinem Querschnitt wie dem Degen) dürfte den Gegner in aller Regel nicht außer Gefecht setzen.
Darum basieren auch viele Kampftechniken darauf den Gegner erstmal kampfunfähig zu machen, z.B. durch das Brechen von Knochen, Durchtrennen von Sehnen oder massive Kopftreffer.

Bogenschützen
Wie genau kann man da Zielen bei einer Belagerung/Gefecht? Schiesst man da einfach in die Luft und lässt die Pfeile auf die Gegner niederprasseln oder kann man da auch auf kurze Distanz gerade SChüsse abgeben und so den Gegner in die Knie zwingen? Welches war mehr verbreitet?
Hab grad keine Quelle zur Hand, meine mich aber zu erinnern, dass ein englischer Langbogenschütze ein manngroßes Ziel auf rund 150m Entfernung treffen konnte. Effektive Reichweite lag wohl zwischen 200 und etwas über 300m.

In der Schlacht war der massenhafte Einsatz wichtiger als gezielte Schüsse. Im hundertjährigen Krieg haben die Engländer solche Bogenschützen in Massen von über 5000 eingesetzt. Die praktische Feuergeschwindigkeit lag bei bis zu sechs Schuss pro Minute.

Man muss sich allerdings klarmachen, dass zum einen der Vorrat an Pfeilen begrenzt war und sie deswegen nicht maßlos verfeuert werden konnten. Zum anderen hatte so ein Kriegsbogen ein Zuggewicht zwischen 40 und 65kg. Selbst für erfahrene Schützen war schnelles Feuer auf Dauer also ziemlich anstrengend und man konnte auch nicht riskieren, dass die Schützen im Moment des gegnerischen Angriffs schon zu geschwächt waren.


Braveheart:
Bei den Griechen, bei Alexander und im Mittelalter gab es Pikeniere, Phalax und wilder Haufen... warum wurden die nicht immer gegen schwere Reiterei eingesetzt? Da haben ja Ritter auf Pferd keine Chance.
Es ist eine verbreiteter Fehler sich die Evolution der Kriegführung nur unter dem Gesichtspunkt der taktischen Effektivität vorzustellen.
Dass Ritter im Mittelalter die Herren des Schlachtfeldes waren, ist einerseits eine Übertreibung und hat andererseits vor allem soziale Gründe.
Um Kriegführung zu verstehen muss man sich immer auch fragen: Wer waren die Krieger einer Epoche? Was war ihre wirtschaftliche und soziale Situation? Was trieb sie in den Kampf?

Das Mittelalter war vom Lehnswesen geprägt. Die einzigen professionellen Krieger waren vielerorts adelige Grundherren, die ihrem Lehnsherren zur Heerfolge verpflichtet waren.
Wann immer sich so ein adeliger Vasall ein Pferd und eine Rüstung leisten konnte, tat er das auch.
Das hatte zur Folge, dass viele Schlachten zwischen dem 10. und 13. Jahrhundert stark von schweren Reitern dominiert wurden - oft waren Infanterieverbände gar nicht beteiligt oder eher als Zuschauer. Solche Verbände waren in der Regel kurzfristig einberufene Milizeinheiten ohne nennenswerte militärische Ausbildung.

Was eine Infanterieformation vor allem braucht, um gegen schwere Reiterei bestehen zu können, ist Disziplin. Und die erreicht man nur durch Training und Professionalisierung. Das heißt, man braucht eine soziale Gruppe, die gewillt und fähig ist sich militärisch auszurüsten, im Verband zu trainieren und sich einer militärischen Disziplin zu unterwerfen. So eine Truppe kann dann durchaus gegen schwere Reiterei bestehen.
Die Schweizer haben dann schließlich den Kampf in Pikenformationen so perfektioniert, dass sie lange Zeit als unbesiegbar galten.

Übrigens ist etwas irreführend, was Scorn hierzu gesagt hat: Schwieriges Gelände (Hügel, Sümpfe, Flussübergange) wirken sich im Duell von schwerer Reiterei und Spießträgern zu Fuß eigentlich immer zum Vorteil letzterer aus, z.B. bei Falkirk, Courtrai und Morgarten.
 
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Seine Techniken finde ich jedenfalls sehr beeindruckend und vor allem sehr clever.
Wie gesagt, seine Schwert & Buckler Arbeit ist super. :)

Gibt es eigentlich auch ernst zu nehmende Kampftechniken mit 2 Waffen, z.B. 2 Dolche wie Karl in GoT?
Für Schlachten ja wahrscheinlich eher nicht, aber für nen Auftragskiller 1on1 in ner städtischen Umgebung macht es ja schon ein wenig Sinn.
Wie Seingalt erwähnte nicht Fantasy mässig mit zwei gleichen Waffen, siehe auch Lindybeiges und vorallem Matt Eastons Videos dazu.
Was durchaus verwendet wurde war Rapier und Dolch, dabei wurde der Dolch ähnlich einem Schild zur Ablenkung der gegnerischen Waffe eingesetzt:
800px-Heu%C3%9Fler_2-8.jpg

Quellen dazu sind z.B. Capo Ferro, Salvator Fabris oder Nicoletto Giganti.

Rapier wurde z.B. auch mit Mantel eingesetzt:
plate31.jpg


Wobei da auch viel mit der linken Hand zur Abwehr gearbeitet wird:
https://www.youtube.com/watch?v=qYuBO6NcRZ8
 

Leinad

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Hab grad keine Quelle zur Hand, meine mich aber zu erinnern, dass ein englischer Langbogenschütze ein manngroßes Ziel auf rund 150m Entfernung treffen konnte.

Das "konnte" muss man aber schon dick unterstreichen, denn bei 150m Entfernung ist man in dem Bereich ein Zeil realistisch treffen zu können, aber zuverlässig ein sich bewegendes Ziel zu treffen war auch für einen trainierten Langbogenschützen nicht die Regel. ;)

Effektive Reichweite lag wohl zwischen 200 und etwas über 300m.

Viel hing da natürlich auch von den verwendeten Pfeilen/Pfeilspitzen ab und gerade wenn es darum ging schwere Rüstung penetrieren zu wollen musste man Pfeile verwenden die die Reichweite verringerten.

In der Schlacht war der massenhafte Einsatz wichtiger als gezielte Schüsse. Im hundertjährigen Krieg haben die Engländer solche Bogenschützen in Massen von über 5000 eingesetzt. Die praktische Feuergeschwindigkeit lag bei bis zu sechs Schuss pro Minute.

Wie gesagt sind gezielte Schüsse auf den angesprochenen Entfernungen auch gar nicht möglich bzw. sinnvoll. Ein Langbogenschütze konnte sogar noch eine höhere Feuergeschwindigkeit als sechs Schuss pro Minute erreichen, aber es war halt nicht praktisch, weil die Ermüdung dann schlicht zu groß gewesen wäre.

Man muss sich allerdings klarmachen, dass zum einen der Vorrat an Pfeilen begrenzt war und sie deswegen nicht maßlos verfeuert werden konnten. Zum anderen hatte so ein Kriegsbogen ein Zuggewicht zwischen 40 und 65kg. Selbst für erfahrene Schützen war schnelles Feuer auf Dauer also ziemlich anstrengend und man konnte auch nicht riskieren, dass die Schützen im Moment des gegnerischen Angriffs schon zu geschwächt waren.

Kann da auch nur ergänzend hinzufügen, dass aus dem Grund auch die Feuerrate während eines Gefechts extrem schwanken konnte und wesentlich von den Gegebenheiten abhing.


Es ist eine verbreiteter Fehler sich die Evolution der Kriegführung nur unter dem Gesichtspunkt der taktischen Effektivität vorzustellen.
Dass Ritter im Mittelalter die Herren des Schlachtfeldes waren, ist einerseits eine Übertreibung und hat andererseits vor allem soziale Gründe.
Um Kriegführung zu verstehen muss man sich immer auch fragen: Wer waren die Krieger einer Epoche? Was war ihre wirtschaftliche und soziale Situation? Was trieb sie in den Kampf?
Das Mittelalter war vom Lehnswesen geprägt. Die einzigen professionellen Krieger waren vielerorts adelige Grundherren, die ihrem Lehnsherren zur Heerfolge verpflichtet waren.
Wann immer sich so ein adeliger Vasall ein Pferd und eine Rüstung leisten konnte, tat er das auch.
Das hatte zur Folge, dass viele Schlachten zwischen dem 10. und 13. Jahrhundert stark von schweren Reitern dominiert wurden - oft waren Infanterieverbände gar nicht beteiligt oder eher als Zuschauer. Solche Verbände waren in der Regel kurzfristig einberufene Milizeinheiten ohne nennenswerte militärische Ausbildung.

Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass schwere Kavallerie ("Ritter") die Kriegsführung des Mittelalters dominierte und das übrigens auch noch über die Erfindung der Schusswaffen hinaus (der Tod des Ritters waren nicht die Schusswaffen, sondern etwas komplexer, aber das würde hier auf Abwege führen und es ist kein Zufall, dass die Kavallerie noch Jahrhunderte eine große Bedeutung hatte).
Ich glaube an der Stelle wird da von dir eine falsche Kausalität aufgebaut. Es hatte seinen Grund wieso Kavallerie in der Antike einen eher untergeordneten Stellenwert hatte und sich eben keine soziale Kriegerelite zu Pferd herausgebildet hatte.
Entscheidend sind hier technologische Fortschritte die zu Veränderungen in der Kriegsführung und der Effektivität von Kavallerie geführt haben. Als erster Faktor ist da der Steigbügel zu nennen der in Europa erst seit dem 8. Jahrhundert Einzug fand und ohne den schwer gepanzerte und bewaffnete Reiter undenkbar gewesen wären (ohne Steigbügel ist z.B. ein Lanzenstoß im Galopp unmöglich ohne vom Pferd zu fallen).
Im Abendland nutzten Perser/Byzantiner (Oströmer) den Steigbügel schon ca ab 600 n.Chr. und hatten schon zu dem Zeitpunkt dank diesem Faktor großen Erfolg mit ihrer Kavallerie und leiteten damit quasi den Erfolgszug der schweren Kavallerie in Europa ein (germannische Stämme übernahmen die Steigbügel).
Der andere große Faktor war natürlich der Fortschritt bei den Rüstungen und ich denke da muss man dann auch nicht mehr viel erklären.
Diese beiden Faktoren zusammen sorgten letztlich für die Kampfkraft schwerer Kavallerie und erst mit dieser Basis konnte es überhaupt eine soziale Entwicklung geben die zum Rittertum führte. Es war also nicht so als hätte sich da erst eine Klasse zusammengefunden und die hätte die schwere Kavallerie zum Erfolg gemacht, sondern nur weil es sowas wie die schwere Kavallerie des Mittelalters gab konnte sich solch eine Klasse bilden, denn natürlich waren Rüstungen, Pferde, Training etc. entsprechend teuer, aber wenn diese Kosten getragen werden konnte, dann lieferte die schwere Kavallerie eben auch entsprechende Resultate.
Im Übrigen kämpfte die schwere Kavallerie während eines Gefechts sowieso oft zu Fuß und es ist auch ein gern verbreiteter Irrglaube, dass im Mittelalter große Mengen von schlecht ausgerüsteten Milizen gekämpft hätten.
Das hätte weder militärisch noch ökonomisch Sinn gemacht. Kein Lehnsherr wollte seine eigenen Leute verheizen, denn letztlich musste irgendjemand nach dem Krieg wieder die Felder bearbeiten und dementsprechend gab es ein großes Interesse daran, dass die eigenen Soldaten entsprechend ausgerüstet waren. Viele Adelige verschuldeten sich sogar um die eigenen Truppen vernünftig auszurüsten und vorhandene Rüstungen/Waffen wurden entsprechend gepflegt und weitervererbt (und behielt über Generationen seine Qualität und damit Effektivität).
Bei der Schlacht von Tannenberg hattest du bspw. zehntausende Soldaten und nur ein kleiner Teil davon waren echte Ritter.

Was eine Infanterieformation vor allem braucht, um gegen schwere Reiterei bestehen zu können, ist Disziplin. Und die erreicht man nur durch Training und Professionalisierung. Das heißt, man braucht eine soziale Gruppe, die gewillt und fähig ist sich militärisch auszurüsten, im Verband zu trainieren und sich einer militärischen Disziplin zu unterwerfen. So eine Truppe kann dann durchaus gegen schwere Reiterei bestehen.
Die Schweizer haben dann schließlich den Kampf in Pikenformationen so perfektioniert, dass sie lange Zeit als unbesiegbar galten.

Disziplin ist immer von Vorteil und kein spezieller Faktor für diese Diskussion. Letztlich war aber auch ein disziplinierter Infanterieverbund immer schwerer Kavallerie unterlegen. Es brauchte immer zusätzliche Faktoren, um überhaupt erfolgreich gegen schwere Kavallerie zu sein (die engl. Langbogenschützen bei Agincourt werden da ja gerne als Beispiel genommen dabei spielten anderen Faktoren eine wesentlich größere Rolle für den Ausgang der Schlacht).
Bei den Pikenformationen hast du recht, dass sie das Spielfeld nochmal stark verändert haben, aber da bist du ebenfalls bei einer zunächst kleinen "Elite" die als (Erfolgs)Modell für eine militärtaktische Entwicklung genommen wird und die dann tatsächlich auch große sozioökonomische Gründe hatte.
Allerdings kann ich nur nochmal darauf hinweisen, dass die schwere Kavallerie auch in den folgenden Jahrhunderten immer eine enorm wichtige Rolle spielte.
Kürassiere waren noch im 30-/80-Jährigen Krieg (1568–1648) (kriegs)entscheidend und das waren Reiter in voller Plattenrüstung.


Übrigens ist etwas irreführend, was Scorn hierzu gesagt hat: Schwieriges Gelände (Hügel, Sümpfe, Flussübergange) wirken sich im Duell von schwerer Reiterei und Spießträgern zu Fuß eigentlich immer zum Vorteil letzterer aus, z.B. bei Falkirk, Courtrai und Morgarten.

Zu wessen Vorteil das Gelände ist hängt davon ab wer es wie nutzt/hält, aber gerade Speer-/Pikeformationen sind natürlich darauf angewiesen ihre Formation halten zu können und das ist auf offenem Gelände natürlich einfacher, zumal sie eben lange nicht die Mobilität wie die Kavallerie haben die sich wesentlich einfacher ihren Gefechtsplatz aussuchen kann und viel eher die Möglichkeit hat sich auch neu zu formieren.
Du nennst da z.B. Falkirk, obwohl letztlich die englische Seite mit ihrer schweren Kavallerie gewinnt. Bei der Schlacht konnte sie bspw. die schottische Speerwand nicht durchdringen (die Verluste waren aber ebenso überschaubar), aber zum einen lag das auch daran, dass Teile der engl. Kavallerie unkoordiniert angriffen und zum anderen schlug man die schottische Kavallerie und restlichen Truppen und so verblieben nur die isolierten und immobilen schottischen Speerträger die kein Problem für die engl. Bogenschützen darstellten.
Das ist ja letztlich auch DER große Vorteil jedweder Kavallerie. Du hälst die größere Mobilität und damit Initiative und Reaktionsfähigkeit in einer Schlacht (die Mongolen konnten basierend auf dieser Tatsache ein Weltreich aufbauen). Immer wenn im Mittelalter eine Schlacht trotz schwerer Kavallerie verloren wurde, dann weil sie entweder grob fahrlässig eingesetzt wurde (der ein oder andere Feldherr wurde halt gerne mal übermütig ;)) oder schlicht zahlenmäßig nicht ausreichend war (und eben erst durch den massiven Einsatz von Pikenträgern ab dem 16. Jahrhundert wurde solch eine Situation öfter herbeigeführt).
 

Seingalt

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Sorry, ich habe Falkirk mit Stirling Bridge verwechselt.

Was Du sagst, ist im Wesentlichen richtig. Du übertreibst und pauschalisierst aber an einigen Stellen, was ich bemerkenswert finde, da Du mir genau das vorzuwerfen scheinst. Obwohl ich nur in wenigen Absätzen auf ein paar konkrete Fragen antworten wollte. Dabei kann man immer etwas missverstehen, wenn man denn unbedingt will. :)

Nochmal zum Langbogen:
Die 150m oder mehr für gezieltes Schießen beziehen sich auf gute Bedingungen, einen Übungsplatz und eine unbewegliche Zielscheibe. Ein bewegliches Ziel zu treffen ist natürlich nur auf sehr viel kürzere Entfernung möglich.
Und entgegen verbreiteter Meinung konnte ein Langbogen eine Plattenpanzerung überhaupt nur auf extrem kurze Entfernung (<30m) durchdringen. Seine Wirksamkeit gegen gepanzerte Reiter war in erster Linie gegen die Pferde gerichtet - bei einem dichten Pfeilhagel sind auch Zufallstreffer gegen schwächer gepanzerte Stellen denkbar.


Zur schweren Reiterei:
Ich habe bewusst von Rittern gesprochen und überhaupt keine Kausalität aufbauen wollen. Denn ich wollte nicht den Ursprung der Ritter erklären, sondern warum es vielerorts keine geeigneten Fußtruppen gab, die schwerer Reiterei widerstehen konnten.
Ich hatte mir sogar überlegt historische Ursachen wie die Erfindung des Steigbügels, Verbesserung der Metallverarbeitung, die Abwehr von Reitervölkern und Wikingern usw. einfließen zu lassen, habe dann aber zugunsten der Kürze drauf verzichtet.
Deine Darstellung empfinde ich allerdings als zu pauschal:
Es ist nicht wahr, dass Kavallerie in der Antike eine untergeordnete Rolle spielte oder es keine Kriegereliten zu Pferd gab. Wahr ist dagegen, dass die Reiterei gegen Ende des römischen Reiches und im Zuge der Völkerwanderung enorm an Bedeutung gewann. Ohne Steigbügel wäre die Entwicklung der folgenden 1000 Jahre nicht möglich gewesen. Das heißt aber nicht, dass der Steigbügel der einzige Grund für den Aufstieg der Reiterei war. Man kann sogar gut dafür argumentieren, dass er nicht mal der entscheidende war. Der Aufstieg der Reiterei begann nämlich Jahrhunderte vor Einführung des Steigbügels.
Auf die Fortschritte in der Metallverarbeitung hinzuweisen ist dagegen überaus wichtig, zumal das vielen gar nicht bewusst ist, die z.B. antike Kriegführung mit der des Mittelalters vergleichen. Tatsächlich hatte die Waffentechnik im Mittelalter die der Antike auf ganzer Linie überholt. Man verfügte über stärkere Rüstungen und bessere Waffen.

Disziplin ist immer von Vorteil und kein spezieller Faktor für diese Diskussion. Letztlich war aber auch ein disziplinierter Infanterieverbund immer schwerer Kavallerie unterlegen.
Beides ist falsch.
Ich benutze Disziplin als Oberbegriff für die verfeinerte Organisation, Befehlsstruktur und Menschenführung, die sich ab dem späten Mittelalter in Europa entwickelt. Im Ergebnis ist die Schlacht nicht mehr ein Aufeinanderprall von Menschenmassen, sondern taktischer Einheiten. Der Wert des Individuums tritt dabei in den Hintergrund, der Einzelne begreift sich als Teil eines taktischen Körpers, von dessen Zusammenhalt (Kohäsion) der Erfolg in der Schlacht und sein eigenes Überleben abhängen.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass diese Disziplinierung Fußtruppen leichter fällt als Reitern. Darum ging sie auch von ihnen aus.

An dieser Stelle unterliegst Du in meinen Augen einem fundamentalen Irrtum:
Die Siege der Engländer und Schweizer gegen Ritterheere waren keine Einzelfälle und auch nicht auf zahlenmäßige Überlegenheit zurückzuführen - denn die gab es meistens gar nicht.
Die mittelalterliche Reiterei konnte keinen der Vorteile, den Du ihr unterstellst, nutzen. Sie konnte nicht den Kampfplatz bestimmen, nicht flexibel auf die Aktionen des Gegners reagieren und sich nicht nach einem anfänglichen Fehlschlag neu sammeln. Das war kein Zufall oder wiederholtes Versagen einzelner Heerführer, sondern die inhärente Schwäche ritterlicher Armeen gegen besser organisierte, profesionellere Fußtruppen.
Und dieses Muster machte Schule: Erst die Schweizer Reisläufer, dann die Landsknechte.
Die schwere Reiterei wurde erst wieder konkurrenzfähig, als sie sich derselben Disziplin unterwarf und als von Offizieren geführte taktische Einheit auftrat. Erst damit wurde sie zur eigentlichen Kavallerie.
 
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Ja... Wenn 2 Leute mit Riesenmessern ohne "Plotarmor" aufeinander los gehen dürfte das in der Tat meist relativ "zügig" vorbei sein... Welch Überraschung :p.
 
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Hier noch ein cooles Langschwert Video. Könnte man auf den Gedanken kommen, dass ein Fight mit einem Langschwert nur 2-3 Sekunden gedauert hat.

https://www.youtube.com/watch?v=ln94E9AGYTc

Wie authentisch ist das nun? Für mich wirkts komisch, dass sie ständig so Rambomäßig aufeinander draufgehen. Wenn ich mit echten Schwerten kämpfen würde, würde ich doch nicht so Ausfallschrittattacken machen wo ich sofort mega gekontert werden kann und tot wäre.

Das mach ich ja nicht mal beim Boxen.
 

Seingalt

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Kommt drauf an, was Du unter authentisch verstehst. Wie schon gesagt wurde: Wenn zwei völlig ungeschützte Kämpfer mit Langschwertern aufeinander treffen, würde der Kampf ziemlich schnell enden. Wie realistisch die einzelnen Moves sind, weiß ich leider nicht.

Klar ist, dass die dort verwendeten Kampftechniken gegen einen Gegner in Plattenrüstung nahezu wirkungslos sind. Hier sind eher Halbschwerttechnken gefragt, die darauf zielen, den Gegner zu entwaffnen oder umzureißen, um ihn kampfunfähig zu machen, damit man dann gezielt die schwachen Stellen seiner Rüstung angehen kann.

Wie genau dann so ein Zweikampf zwischen geharnischten Rittern aussah, würde mich auch interessieren. Aber das ist vermutlich schwer zu simulieren. Man bräuchte zwei entsprechend ausgebildete Kämpfer, die ohne Hemmungen aufeinander losgehen.
 
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Na aber mein Argument war ja eben ohne Rüstung hätte ich doch keinen Bock, dass so einen Kampf nach 2-3 Hieben entschieden ist und ne hohe Glückskomponente hat, sondern würde versuchen es mit weniger Risiko über die Bühne zu bekommen. K.a. eventuell bin ich zu sehr geprägt von FIlmen und Star wars :ugly: wo sie diese langen Schwertkämpfe haben.
 

Tür

Kunge, Doppelspitze 2019
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Langes Fechten war mit den meisten Waffen eh nicht drin, da die schnell schartig werden und dann brechen können
 

Tisch

Frechdachs
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Langes Fechten war mit den meisten Waffen eh nicht drin, da die schnell schartig werden und dann brechen können

Schwerter sind/ waren nicht scharf, dass sind stumpfe haudraufdinger. Mit Schwertern sollte man nicht aufschlitzen, sondern Knochen brechen. Bestenfalls gab es eine spitze Spitze (sagt der Mittelalterfanboy und Geschichtsstudierte Bekannte von mir).
 

Seingalt

Guest
Sorry, aber dann hat Dein Bekannter keine Ahnung. Es gab spezielle Schwerter (z.B. Bohrschwerter), die eher für Stoßen und andere Techniken gemacht waren und bei denen daher bewusst auf eine scharfe Klinge verzichtet wurde.
Ein normales Langschwert war aber zum Schneiden genauso wie zum hieben und stechen da. Das geht aus diversen historischen Fechbüchern hervor. Dazu brauchte es natürlich eine scharfe Klinge.
Es gibt sogar archäologische Fundstücke, deren Klingen noch erstaunlich scharf sind.

Auch ist es pauschal nicht wahr, dass man mit den meisten Waffen nicht lange fechten konnte, eh sie schartig wurden und brauchen.
Man muss hier allerdings unterscheiden: In der Praxis gab es viele Waffen von eher zweifelhafter Qualität und nicht jeder, der sie führte, war ein Experte. Dass Waffen während des Kampes brachen, war vermutlich an der Tagesordnung.

Man muss sich aber klar machen, wie ein geübter Kämpfer (und das waren die meisten Ritter) mit einem Schwert kämpft: Nur im äußersten Notfall wird er seine Klinge zur Parade einsetzen. Die richtige Art einen gegnerischen Hieb zu parieren ist mit der flachen Seite, und man wird sein Schwert nicht à la Hollywood im rechten Winkel dagegenhalten, so dass der Angriff es mit voller Wucht trifft. Stattdessen wird man immer versuchen, den gegenerischen Hieb abgleiten zu lassen, damit seine Wucht ins Leere geht.

@Benrath,
wie genau völlig ungeschützte Gegner sich ein Schwertduell liefern würden, lässt sich schwer sagen. Ich vermute allerdings ähnlich wie Du, dass das wesentlich zögerlicher ablaufen würde als in dem Video, eher wie ein moderner Fechtkampf, wo jeder Treffer zählt.
Üblich war ohnehin, dass man Schutzkleidung, einen Schild oder eine andere Parierwaffe trug.
 
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Schwerter sind/ waren nicht scharf, dass sind stumpfe haudraufdinger. Mit Schwertern sollte man nicht aufschlitzen, sondern Knochen brechen. Bestenfalls gab es eine spitze Spitze (sagt der Mittelalterfanboy und Geschichtsstudierte Bekannte von mir).

Unsinn, schwerter sind sehr scharf und definitiv zum schneiden geeignet.
Sie sind nur nicht dafür gemacht mit der schneide gegen ne andere Klinge zu schlagen.

https://www.youtube.com/watch?v=O-5oNV-WPvY

https://www.youtube.com/watch?v=4Cbv92_ZuJ8

Zusammenfassung:

Gosu Schmied baut Katana und auch deutsche Langschwerter, deutsches Langschwert kann jeden Move des Katana problemlos nachmachen und ist sehr scharf.
Auch ein anderes Schwert kann er mit dem Katana nicht zerschlagen, aber mit dem deutschen.

Das Katana ist ja dafür bekannt, dass man dem Gegner heftige Schnittverletzungen zufügt, und genau das machst du mit deinem europäischen Schwert auch.
Das sagen die auch in einem Video, dass hier gepostet wurde.
Fest zuschlagen und vll sogar noch ausholen macht dich extrem verwundbar und selbst ein Treffer bringt nicht so viel, da dass Schwert nur wenig Schaden beim "Hacken" anrichten kann.
 
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Kommt drauf an, was Du unter authentisch verstehst. Wie schon gesagt wurde: Wenn zwei völlig ungeschützte Kämpfer mit Langschwertern aufeinander treffen, würde der Kampf ziemlich schnell enden. Wie realistisch die einzelnen Moves sind, weiß ich leider nicht.
Das ist halt ein Technik und kein Strategievideo, die technische Ausführung passt soweit, ob man tatsächlich so nach vorne geht ist eine Frage der eigenen Strategie. Generell ist es schon eine gute Idee den Gegner in die Defensive zu _drängen_, die lässt er sich nicht freiwillig nehmen.
Unsere Nachbarn ausm Osten gehen tatsächlich gerne voll rein (was für manche Techniken auch nötig ist). Ich wär bei einem echten Schwert vermutlich auch ein wenig zurückhaltender, aber wenn ich meinen Gegner mit dem ersten Schlag direkt aufschlitze bevor er reagieren kann, schön für mich dann ist der Kampf auch schnell vorbei.

Wie genau dann so ein Zweikampf zwischen geharnischten Rittern aussah, würde mich auch interessieren. Aber das ist vermutlich schwer zu simulieren. Man bräuchte zwei entsprechend ausgebildete Kämpfer, die ohne Hemmungen aufeinander losgehen.
Die HMB/Battle of Nation Geschichten zeigen schon sehr gut, dass man ohne spezielle Techniken und rüstungsbrechende Waffen den Gegner im Harnisch nur schwer ausgeschaltet bekommt.

Schwerter sind/ waren nicht scharf, dass sind stumpfe haudraufdinger. Mit Schwertern sollte man nicht aufschlitzen, sondern Knochen brechen. Bestenfalls gab es eine spitze Spitze (sagt der Mittelalterfanboy und Geschichtsstudierte Bekannte von mir).
Ist natürlich quatsch, Schwerter sind scharf und spitz:
https://www.youtube.com/watch?v=HNEBpu8eDsU

Nur im äußersten Notfall wird er seine Klinge zur Parade einsetzen. Die richtige Art einen gegnerischen Hieb zu parieren ist mit der flachen Seite, und man wird sein Schwert nicht à la Hollywood im rechten Winkel dagegenhalten, so dass der Angriff es mit voller Wucht trifft. Stattdessen wird man immer versuchen, den gegenerischen Hieb abgleiten zu lassen, damit seine Wucht ins Leere geht.
Sie sind nur nicht dafür gemacht mit der schneide gegen ne andere Klinge zu schlagen.
Das wird zumindest von einigen Fechtschulen und ihren Schülern (der Schmied ausm Galileo Video) behauptet, allerdings ist das meiner Meinung nach nicht haltbar was die Quellen angeht.
Allerdings wurde die Diskussion schon zur Genüge geführt, ich verweise hier mal wieder auf Matt Easton. Der Youtube Kanal lohnt sich. ;)

Man muss sich das nur mal kurz vor Augen führen, da kommt ein potenziell tödlicher Hieb und ich mach mir Gedanken ob meinem Schwert was passiert? Eher nicht :)

@Benrath,
wie genau völlig ungeschützte Gegner sich ein Schwertduell liefern würden, lässt sich schwer sagen. Ich vermute allerdings ähnlich wie Du, dass das wesentlich zögerlicher ablaufen würde als in dem Video, eher wie ein moderner Fechtkampf, wo jeder Treffer zählt.
Dazu was aus dem Codex Döbringer und die englische Übersetzung (ich mach euch jetzt nicht extra eine ins Hochdeutsche :P ):
Sonder her mus ir / slecht vnd gleich czuhawe~ / czu~ mañe / czu kop / ader czu leibe / noch dem aller nehesten / vnd schiresten als her in mir gehabñ mag vnd in eiche~ / v/risch vnd snelle vnd liber mt eyme slage we~ mt viern ader seche~ mt deme her sich möchte lassen / vnd das iener leichte queme deñe her

Therefore, he must instantly strike simply and directly to the man, at his head or body right to the nearest and most accessible target that he may reach there. And this he should do quickly and nimbly and better with one strike than with four or six, or spending precious time by looking and analysing. Also move lightly and nimbly.

Grade weil der andere vermutlich zögerlich ist kann man ihn so überrumpeln, man selbst ist im "Vor" und zwingt den anderen ins "Nach". Die Empfehlung das so zu machen steht in vielen (den meisten?) Quellen zum deutschen Langschwert.

Aus dem Codex Danzig:
Du sollst ihm stets zuvorkommen, sei es mit einem Hieb oder Stich.
Das hat man so zu verstehen, daß, wenn du im Zufechten zu ihm kommst, du stets mit einem Hieb oder Stich mutig und furchtlos diejenige der vier Blößen angreifen sollst, zu welcher du am besten gelangen kannst. Achte nicht darauf, was er tut oder ficht. Damit zwingst du ihn, zu versetzen.
Wer in der Defensive ist und sich nurnoch reagiert macht selten sinnvolle Techniken, das ist durchaus eine Möglichkeit den Gegner zu schlagen.
 
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Seingalt

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Cool, danke für die Erläuterungen. Ergibt Sinn, insbesondere dass es viel leichter ist mit guter Technik anzugreifen als mit guter Technik zu verteidigen.

Eine Ergänzung bzw. Nachfrage: Gilt die Empfehlung sofort anzugreifen universell? Wenn man nämlich selbst nicht durch eine Rüstung geschützt ist, dann scheint mir bei einem geübten Gegner ziemlich wahrscheinlich, dass er einem selbst eine schwere, eventuell sogar tödliche Verletzung beibringt, selbst wenn der Angriff erfolgreich ist.
Das Ziel muss also sein, heil rein und auch wieder raus zu kommen.

Das wird zumindest von einigen Fechtschulen und ihren Schülern (der Schmied ausm Galileo Video) behauptet, allerdings ist das meiner Meinung nach nicht haltbar was die Quellen angeht.
Allerdings wurde die Diskussion schon zur Genüge geführt, ich verweise hier mal wieder auf Matt Easton. Der Youtube Kanal lohnt sich. ;)
Sorry, wusste gar nicht, dass darüber so eifrig diskutiert wird. Ich vermute aber mal, dass die Meinungen nicht so völlig verschieden sein können, wenn man sich auf Common Sense besinnt.
Klar ist wohl, dass es in einer Leben-oder-Tod-Situation jedem egal wäre, ob er seine Klinge ruiniert. ;)

Mir ging es vor allem darum, dass Paraden eher auf ausweichen und einem umleiten von Kraft basieren, also darauf, die gegnerische Klinge abgleiten zu lassen, nicht sie mit der eigenen zu stoppen, wie man das in Filmen (oder GOT) häufig sieht, wie wieder und wieder Klinge auf Klinge geschmettert wird.

Das ergibt auch Sinn, wenn man bedenkt, dass ein Schwert auch brechen kann. Hier fehlt mir aber das Wissen, wie oft sowas im Ernstfall vorkam.

[edit]
Grad erst das Video aus dem Beitrag davor gesehen. Offenbar ist ein Schwert mit einem Schwert zerbrechen ziemlich schwierig. :D
 
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Cool, danke für die Erläuterungen. Ergibt Sinn, insbesondere dass es viel leichter ist mit guter Technik anzugreifen als mit guter Technik zu verteidigen.
Es liest wenigstens jemand meine Textwände :)

Eine Ergänzung bzw. Nachfrage: Gilt die Empfehlung sofort anzugreifen universell?
Die Zitate waren explizit aus dem Bloßfechten Teil, also keinerlei Rüstung involviert.
Beim Ringen gibt es interessanterweise die Anweisung, gegen kleinere/schwächere Gegner im "Vor" zu ringen und gegen stärke/größere im "Nach" und die Beine anzugreifen, also eher zu kontern.
Kommt von Ott, gleich der erste Abschnitt. Otts Ringmanuskript ist glaub ich das, was am öftesten in andere Fechtbücher übernommen worden ist, würde also dafür sprechen, dass der was von seinem Handwerk verstand.

Das Ziel muss also sein, heil rein und auch wieder raus zu kommen.
Völlig richtig bzw. entweder rein und heil wieder raus oder so rein, dass sein Schwert z.B. durch meine Stichbewegung gebunden wird und er das nicht mehr so ohne weiteres gegen mich verwenden kann.
Absetzen ist dafür ein gutes Beispiel, eindeutiger Treffer der einmal gesetzt keine Gegenwehr mehr ohne größere Bewegungen von Körper und Schwert erlaubt.

Alternativ kann ich auch reingehen und den anderen im Ringen am Schwert besiegen.

Sorry, wusste gar nicht, dass darüber so eifrig diskutiert wird. Ich vermute aber mal, dass die Meinungen nicht so völlig verschieden sein können, wenn man sich auf Common Sense besinnt.
Oh doch, es gibt die beiden Lager "Man nimmt _immer_ auf der flachen Seite an" und "Mir egal, je nach Technik Klinge oder flache Seite". Das wurde in jedem entsprechenden Forum _sehr_ ausführlich ausdiskutiert und da wirds auch keine Einigung mehr geben.^^

Mir ging es vor allem darum, dass Paraden eher auf ausweichen und einem umleiten von Kraft basieren, also darauf, die gegnerische Klinge abgleiten zu lassen, nicht sie mit der eigenen zu stoppen, wie man das in Filmen (oder GOT) häufig sieht, wie wieder und wieder Klinge auf Klinge geschmettert wird.
Ich geh bei der Formulierung nicht ganz mit, aber generell ja. Was beim Langen Schwert greift sind Hebel. Ich versuche mit meiner "Stärke" (Hälfte der Klinge bis zum Griff) die "Schwäche" (Hälfte der Klinge bis zur Spitze) des Gegners zu kontrollieren. Will er meine Aktion verhindern muss er sich erst das bessere Hebelverhältnis zurück holen oder eben aus meiner Reichweite gehen, nur dass er davon keine Initiative erhält. ;)
Wenn sich die Klingen im Band (Kontakt der Klingen bleibt erhalten) bewegen, weil mein Gegner sein Hebelverhältnis verbessern möchte, kann ich das "Fühlen". Dafür hab ich aber nur sehr wenig Zeit, das heißt ich muss "Indes", also sofort spüren was der andere vor hat und richtig reagieren, darum gehört "Fühlen" und "Indes" zusammen und ist mit das schwerste zu lernen.

Damit sind wir jetzt einmal durch was die Grundprinzipien der Liechtenauerlehre (deutsche Schule) angeht, nämlich die fünf Wörter:
Stärke / Schwäche / Vor / Nach / Indes (Fühlen).


Das ist auch eines der prägenden Merkmale der deutschen Schwertkampfschule, ich bleibe oft mit den Schwertern im Kontakt während ich zum Treffer arbeite.

Hoffe das war verständlich erklärt?
 
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Also da kann es ja wohl gar keine Diskussion geben, natürlich kommt es vor, dass man mit der Schneide pariert, aber das will man nicht tun.
Warum sollte man das tun wollen?
Es macht überhaupt keinen Sinn.

Die Schläge des Gegner umzulenken und/oder auszuweichen und ihn zu töten macht deutlich mehr sinn.
In dem Video mit den Langschwerttechniken sieht man doch auch, dass sie praktisch immer ihre Schläge durch einen Gegenangriff Kontern.
Zum Blocken und umlenken nutzen sie da eigentlich nur den unteren Bereich des Schwertes, über der Parierstange.
Da ist die Klinge ja aber auch nicht geschärft.

Aber wenn ich es richtig verstanden habe sagst du ja im prinzip auch nichts anderes.
Bei GoT und in anderen Filmen hauen sie mit voller Wucht die schwerter mit den schneiden gegeneinander, darum ist es doch gegangen, und das kann nicht gut sein.
 

Seingalt

Guest
Das ist auch eines der prägenden Merkmale der deutschen Schwertkampfschule, ich bleibe oft mit den Schwertern im Kontakt während ich zum Treffer arbeite.

Hoffe das war verständlich erklärt?
Durchaus. Alles sehr schön beschrieben. Da bekommt sogar ein Schreibtischtiger wie ich Lust, es mal auszuprobieren. :D

Hier übrigens nochmal ein Video, das genau den Schwertkontakt und das Erfühlen des Gegners behandelt:
https://www.youtube.com/watch?v=dkhpqAGdZPc
 
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Zunächst mal
Da ist die Klinge ja aber auch nicht geschärft.
Schwerter waren, mit Ausnahme von speziellen Harnischkampfschwerter und den großen Bidenhändern, durchgehend scharf.

Die Schläge des Gegner umzulenken und/oder auszuweichen und ihn zu töten macht deutlich mehr sinn.
In dem Video mit den Langschwerttechniken sieht man doch auch, dass sie praktisch immer ihre Schläge durch einen Gegenangriff Kontern.
Zum Blocken und umlenken nutzen sie da eigentlich nur den unteren Bereich des Schwertes, über der Parierstange.
Also zunächst mal ist es eine dumme Idee die Klinge des Gegners nur zu "Versetzen", d.h. einfach nur das eigene Schwert dazwischen zu halten während die eigene Spitze nach oben oder zur Seite zeigt. Davon raten auch die Fechtbücher explizit ab aus dem einfachen Grund, dass der Gegner dadurch seine Initiative behält und im "Vor" bleibt, ich bin ja keine Bedrohung für ihn.
Statt dessen soll ich mit einem Hieb oder Stich sein Schwert so umlenken, dass ich entweder gleich treff oder zumindest meine Spitze auf ihn ausgerichtet hab und die Bewegung zum Stich weiter führen kann. So komm ich aus dem "Nach" ins "Vor" und hol mir die Initiative zurück, da er jetzt auf mich reagieren muss oder gestochen wird.

Der untere Teil wird nur deshalb genutzt, weil da das für mich günstige Hebelverhältnis ist, ob ich dabei seine Schneide oder Fläche treff spielt keine Rolle und wird auch in keiner Quelle thematisiert. Ich hab mit meiner Spitze einfach keinen guten Hebel.

Laut allen die auch Partnertraining mit scharfen Schwerter praktizieren (wir gehören nicht dazu) gibt es da ein interessantes Phänomen: Beim Kontakt Klinge auf Klinge bleiben die Schwerter aufgrund von kleinen Macken und Kerben aneinander in der Position des Auftreffens "kleben".
D.h. wenn ich sein Schwert so treffe, dass ich den besseren Hebel habe bleibt der mir erhalten wenn ich anschließend steche, die Schwerter gleiten nicht sofort aneinander ab wie man das von stumpfen Waffen kennt -> Das begünstigt das Fechten aus der Bindung, da mein Gegner aktiv eine Bewegung ausführen muss um sich zu lösen. Die wiederum fühle ich und das sogar viel besser als mit stumpfen Waffen.

Durchaus. Alles sehr schön beschrieben. Da bekommt sogar ein Schreibtischtiger wie ich Lust, es mal auszuprobieren.
Ich hab vorher auch keinen Sport getrieben und bin jetzt 3-4 mal die Woche aktiv und ich kenn einige denen das auch so ging, da wärst also bei weitem nicht der erste. ;)
Geh doch mal zu nem Probetraining falls sich in deiner Nähe was findet. Das selbst mal gefühlt zu haben öffnet einem echt die Augen.

Hatten wir die Gladiatores Videos schon? Hier ein schönes Beispiel zum Kampf aus der Bindung: https://www.youtube.com/watch?v=HC5FIyfI8TA
Ansonsten ist das Video von ihnen noch schöner: https://www.youtube.com/watch?v=ohmLaZHStmI
 

Tisch

Frechdachs
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Sorry, aber dann hat Dein Bekannter keine Ahnung.
Doch, doch hat er.
Der Fehler lag eher bei mir und der Übermittlung des gelernten ;)

Ich behaupte weiterhin, dass im Hochmittelalter, mit aufkommenden Rüstungen, die Effektivität von rasiermesserscharfen Schwertern nicht gegeben war.
Mit einem rasiermesserscharfem Schwert hinterläßt man "nur" Kratzer auf der Rüstung und dringt nicht mittels "schneiden" durch sie hindurch. Den Weg eine Rüstung zu durchdringen um den Gegner zu töten war stechen. Ich will nicht behaupten, dass die Schwerter nicht trotzdem scharf genug waren um Fleisch & Brot zu schneiden, aber im Grunde brauchten sie im Hochmittelalter, für den Kampf, keine "Kataner scharfen Schwerter".
Einen Gegner in Kettenrüstung verletzt man nicht dadurch, dass man die Rüstung durchschneidet, was auch kaum bis unmöglich möglich ist, sondern, durch stechen oder druffhauen und knochen brechen (wobei die ungeschützten Körperteile, natürlich, durchschnitten werden konnten...)

Es ist auch Immer eine Frage der Zeit, die römischen Kurzschwerter z.B waren eher Stechwaffen und brauchten auch nicht rasiermesserscharf sein, was sie wohl auch nicht waren. Vergessen werden darf auch nicht, dass Schwerter sehr teure Werkzeuge waren die gepflegt und sorgsam behandelt wurden, die wurden zum Teil über "Generationen" weiter vererbt.
Haut man mit einem rasiermesserscharfen Kataner Beispielsweise ein paar mal auf ein anderes Schert/ Stein dann wird es in der Regel an der Schneide schartig/ brüchig und es bedarf eines hohen und teuren Aufwand es wieder herzustellen, wenn es denn nicht kaputt ist, was natürlich für alle scharfen Messer, Schwerter gilt.
 
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Seingalt

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Niemand sagt, dass Schwerter rasiermesserscharf sein müssen - nur scharf genug, um Textil, Haut und Fleisch zu durchschneiden.
Und Schärfe ist ein relativer Begriff: Mag sein, dass viele Waffenklingen im Vergleich mit einem modernen Küchenmesser eher stumpf sind. Da man ein Schwert aber mit größerer Kraft einsetzt, kann es trotzdem gut schneiden.

Zudem gabs auch im europäischen Mittelalter unterschiedliche Schwerter für unterschiedliche Zwecke.
Die viel zitierte Katana z.B. war keine Kriegswaffe, sondern eher eine Duell- und Selbstverteidigungswaffe.
Genau so wird sich bei einem europäischen Ritter das Schwert, das er ständig bei sich trug, oft von dem unterschieden haben, das er mit in die Schlacht nahm - und letzteres wird eher nicht das teure Familienerbstück gewesen sein, sondern eine solide Gebrauchswaffe.
Im Übrigen war auch nicht jedes Schwert auf den Kampf gegen schwer gepanzerte Gegner optimiert.
 
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- Schwerter waren nicht "rasiermesserscharf", das würde die Schneidengeometrie zu empfindlich machen. Allerdings scharf genug um etwa Hände abzutrennen.
- Knochen bricht man mit Wuchtwaffen und Schwerter sind keine Wuchtwaffen. Knochen (außer den Fingern) mit Schwertern zu brechen ist schwierig, merkt man unter anderem daran, dass Wuchtwaffen das Gewicht vorne haben und ein Schwert hinten.
- Schwerter sind keine primären Schlachtfeldwaffen, sondern eher Beiwaffen. Stangenwaffen sind Schlachtfeldwaffen, die sind gleichzeitig auch viel günstiger Herzustellen. (Ausnahmen gabs z.B. in Form der Bidenhänder)

Ansonsten gilt das was Seingalt sagt.

Hier noch ein brandneues Video von Roland (aus dem Schwert und Rundschild Video) zum Verhalten von scharfen Schwertern im Klingenkontakt: https://www.youtube.com/watch?v=T21uXihIZcI
 
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