verlorene verzehrkarten muss man in vielen fällen nicht bezahlen.
jeder discogänger kennt die verzehrkarten, die die türsteher am eingang an die gäste verteilen. sie sind vergleichbar mit einer zeitweiligen kreditkarte: der gast bestellt und konsumiert getränke, deren kosten auf dieser karte registriert werden. ab einem bestimmten höchstbetrag wird die karte vom barkeeper eingezogen; der gast muss dann bei ihm oder an der kasse die entsprechende summe bezahlen und kann danach mit einer neuen karte wieder getränke bestellen. auf den karten stehen im allgemeinen hinweise wie: bei verlust dieser karte wird der volle kreditbetrag von 50 euro fällig.
kaum jemand wagt es, die zahlung zu verweigern, wenn er an der tür feststellt, dass er seine karte verloren hat. das liegt zum einen daran, dass man die türsteher nicht unnötig reizen will. denn schließlich möchte man den club ja am nächsten wochenende wieder betreten dürfen – und zwar körperlich unversehrt. aber auch die tatsache, dass kaum jemand die rechtslage im falle verlorener verzehrkarten kennt, trägt dazu bei, dass die betroffenen meist anstandslos zahlen. wie also ist die rechtslage?''
zunächst einmal braucht niemand angst vor strafrechtlicher verfolgung zu haben, wenn er sich weigert, mehr zu zahlen, als er verzehrt hat. das angebliche delikt der zechprellerei, mit dem wirte gerne drohen, existiert überhaupt nicht. oft rufen die clubbesitzer trotzdem die polizei. damit wollen sie den gast in erster linie nur einschüchtern. denn die polizisten können nicht mehr tun, als die personalien des gastes festzustellen, damit der clubbesitzer die möglichkeit erhält, die summe notfalls einzuklagen. sobald die personalien festgestellt sind, darf der gast gehen. bezahlen muss er zunächst einmal gar nichts.
damit ist aber noch nicht die frage beantwortet, ob der discobetreiber nachträglich noch die möglichkeit hat, den vollen kreditbetrag einzuklagen. grundsätzlich ist es tatsächlich zulässig, dass gastwirte pauschalisierte schadensersatzklauseln in ihre allgemeinen geschäftsbedingungen aufnehmen. sie können also den branchentypischen durchschnittsschaden ersetzt verlangen, der ihnen dadurch entsteht, dass jemand seine karte verliert.
der gast muss jedoch die möglichkeit erhalten, nachzuweisen, dass der entstandene schaden im konkreten fall geringer war als der normalerweise eintretende durchschnittsschaden. das kann zum beispiel der fall sein, wenn die karte nicht verloren ging, sondern zerstört wurde. dann kann sie von keinem unehrlichen finder benutzt werden; dem clubbetreiber kann durch den verlust also auch kein schaden entstehen. wer – zum beispiel mit hilfe von zeugen – beweisen kann, dass die karte zerstört wurde, muss daher nur bezahlen, was er mit der karte bestellt hat.
die allgemeinen geschäftsbedingungen des discothekenbesitzers dürfen nicht den falschen eindruck hervorrufen, dass dem gast die möglichkeit abgeschnitten ist, einen niedrigeren schaden nachzuweisen als den vollen kartenwert. das amtsgericht recklinghausen erklärte deshalb schon vor einiger zeit eine typische schadensersatzklausel auf einer verzehrkarte generell für unwirksam. die seinerzeitige formulierung bei verlust berechnen wir den vollen kartenwert von 80,– dm erweckte nach auffassung des gerichts den angesprochenen falschen eindruck. der gastwirt konnte sich daher nicht auf die klausel berufen.
wer also seine verzehrkarte verloren hat und es auf einen rechtsstreit mit dem discobetreiber ankommen lassen will, sollte folgendermaßen vorgehen:
– den wortlaut der verlustklausel, wie sie auf der verzehrkarte formuliert ist, notieren;
– einblick in die allgemeinen geschäftsbedingungen verlangen und alles notieren, was auch dort zum thema kartenverlust steht;
– prüfen, ob die allgemeinen geschäftsbedingungen gut sichtbar im eingangsbereich aushingen;
– sofort einen zeugen hinzuziehen, der die oben genannten notizen und beobachtungen bestätigen kann;
– keinesfalls schuldanerkenntniserklärungen oder ähnliches unterschreiben.
clubbesucher, die diese regeln beachten, haben am ehesten chancen, um die zahlung herumzukommen, wenn der clubbetreiber ihnen tatsächlich eine rechnung oder einen mahnbescheid über den vollen kreditbetrag zukommen lassen sollte. ob sie sich nachts im angesicht eines bulligen türstehers auf dieses abenteuer einlassen wollen, ist natürlich ihre eigene entscheidung.