Ja, da darf man die Dinge nicht durcheinanderbringen; so einfach ist es aber auch nicht immer; habe mich selbst _eingehend_ damit beschäftigt! (und es ist doch immer wieder etwas irreführend.)
Also grundsätzlich wirkt jede auf dem Papier für uns gerade gezeichnete Linie natürlich wie eine gerade Linie!
Genau wie alles andere, was gerade ist auch. Wenn ich eine krumme Linie aufs Papier zeichne, sehe ich eine krumme Linien und keine gerade Linien.
Wenn krumme Linien als eigentlich gerade Linien aufgefasst werden sollen, dann muß ein neues Bezugssystem her!
Deutlich wird das Problem, wenn man sich klarmacht, das bei einem Blickwinkel von über 180° das Bild garnichtmehr verzerrungsfrei auf einer Fläche abgebildet werden kann!
D.h. gebogene Linien tauchen auf, sobald sich unser Blick dreht.
Man stelle sich vor, man legt einen HullaHupp-Reifen auf Augenhöhe um seinen Kopf und dreht sich einmal um sich selbst; als Fläche "ausgerollt" würde dieser nun eine gerade Linie ergeben!
Dreht man nur die Augen soweit es geht um die eigene Y-Achse wäre das ein Ausschnitt davon. Da die menschliche Wahrnehmung eben weniger als 180° umfasst kann man diesen Ausschnitt(statt auf einen Zylinder projeziert und auf die Fläche ausgerollt) auch direkt auf eine Fläche projezieren. Das Ergebnis wird sich signifikant unterscheiden.
Geht man also davon aus, dass man immer mit starren Augen durch die Welt guckt, dann würde auch ein quadratisches Auge(eine normale Kamera) seinen Dienst tuen und das passende Abbild liefern, wie wir es wahrnehmen. Aber selbst wenn wir uns ein Foto anschauen, schauen wir es nicht starr an, sondern unser Blick gleitet über die Bildfläche; in diesem Moment aber stellen die geraden Linien ein verzerrtes Abbild unserer Raumwahrnehmung dar!
Die ausgerollte Zylinderprojektion hätte den Vorteil, dass ich an einer Panoramawand entlanggehen könnte, und wenn ich senkrecht aufs Bild schaue würde sich dort immer ein "stimmiger Bereich" zeigen. In der Perepherie wäre das Bild jedoch verzerrt.
Eine direkte Flächenprojektion dagegen legt die Betrachterposition absolut fest.
Betrachten wir ein Foto "rechnen" wir uns automatisch in die "Ursprungsposition des Fotografen" rein; das Foto wirkt aber dann wesentlich "echter", wenn wir uns passend positionieren.
In der Fachliteratur zum perspektivischen Zeichnen wird dieses Phänomen leider idR. ausgeklammert und es wird immer von einer Projektionsebene ausgegangen und auf deren "Schwächen" wird nicht oder kaum spezifischer eingegangen.
Unserer menschlichen Wahrnehmung allerdings entspricht eher einer Projektionskugel; vergleichbar mit einem Globus, nur invertiert. Das ist ja auch der "Trick" bei einem Planetarium.
D.h. ein Bild kann immer nur als Aussschnitt ein verzerrungsfreies Bild abliefern - und dieser Ausschnitt ist zwingend in seiner Distanz und Ausrichtung zu unserem Auge festgelegt. Bei einem flachen Bild ist zudem unsere Blickrichtung zwingend um die Raumillusion aufrecht zu erhalten. Bei einer Kuppelprojektion ist es; sofern man sich im Zentrum(der gedachten Kugel) befindet, egal, in welche Richtung man schaut.
Zurück zu unserem Thema. Eine Projektion auf eine Ebene hat immer gewisse Schwächen. Der Vorteil ist, dass gerade Linien auch gerade dargestellt werden. Abstände und Relationen jedoch sind bei einer Flächenprojektion mit Vorsicht zu genießen. Entscheidet man sich dagegen für eine auf eine Fläche ausgerollte(oder nochmal anders projezierte) Kugelprojektion, hat man zwar im Bild krumme Linien, aber dafür andere Fehler ausgeglichen.
Fazit:
Es ist insofern falsch kategorisch folgendes zu behaupten:
"in der perspektivischen zeichnung sind real-parallele linien auch in perspektivischer darstellung parallel"