Peripherer Kapitalismus - an die Hobbysoziologen ~

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Hio,
ich habe in einem meiner Seminare (Imperialismus in Ostmitteleuropa) die ehrenhafte Aufgabe, mich mit dem Verhältnis von
EU - Ostmitteleuropa nach der Wende
unter dem Aspekt des peripheren Kapitalismus zu befassen.

Prinzipiell ist Literatur dazu ja kein Problem, nur leuchtet mir eine genaue Definition für peripheren Kapitalismus noch immer nicht ein.

Ich lese zB. ständig von einem Peripherisierungsdruck, dem die Länder Ostmitteleuropas ausgesetzt (gewesen) seien. Bedeutet das lediglich die Gefahr, zu einem bloßen Rohstofflieferanten für den Westen zu werden oder steckt da mehr dahinter?

außerdem habe ich noch:
- Investition ausländischer Unternehmen vor allem im Bereich der Förderung von Rohstoffen und Energielieferanten, sowie in Sektoren, die sich leicht monopolisieren lassen bzw. in Produkte, die auf dem Binnenmarkt schnell Profit abwerfen ("hoher Verschleiß"/täglicher Bedarf wie Nahrung/Waschmittel etc.); außerdem Nutzung der Lohnkostendifferenz für Zuliefer- und Exportproduktion
- Weltwirtschafts- und Schuldendienstmechanismen zwingen die osteurop. Staaten zu günstiger Produktion => hauptsächlich Rückgriff auf Rohstoffe & Energielieferanten und damit Verfestigung einer untergeordneten Stellung innerhalb der internationalen Arbeitsteilung

Vor allem beim letzten Punkt meine ich auf der richtigen Fährte zu sein, immerhin ist ja eine in der Produktion niedrigstehende Wirtschaft nach der Weltsystemtheorie eine periphere, die lediglich die Stoffe für das Zentrum (hier: Westeuropa) herstellt.
Ich bin mir aber eben nicht sicher, drum würde ich mich über jeden konstruktiven Hinweis/Link freuen, der mir bei einer konkreten Definition weiterhilft.

mfg
 
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ich kann dich thematisch wirklich nicht weiterbringen, aber vernachlässigst du nicht die bedeutung der günstigen arbeitskräfte? nokia geht doch beispielsweise nicht (nur) nach osteuropa wegen den rohstoffen.
 
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http://www.ibim.de/epol/4-2.htm

treffer 1 bei google

würde sagen, trifft punkt 2 ganz gut. verstehe das ganze so, dass die wirtschaft keine eigene dynamik entwickelt sondern lediglich "benutzt" wird. als billigproduktionsland etc.
 
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Gut, den Link schaute ich mir auch schon an. Allerdings überlas ich da irgendwie den wichtigsten Teil, nämlich
"Peripherie: eine Gesellschaftsformation und Ökonomie, deren Akkumulationsprozeß "spezifische", von außen induzierte und duch Außenorientierung verstärkte Strukturdefekte aufweist. Die Produktionsstruktur verkrüppelt und wird unfähig zur Entwicklung."

._.

Nunja, besten Dank jedenfalls.

achja, amrio: "außerdem Nutzung der Lohnkostendifferenz für Zuliefer- und Exportproduktion" bedeutet doch nix anderes, oder? ;)
 
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was da fehlt:

- rolle der EU (währung, fördermittel, auswirkungen von richtlinien...)
- konsumgütermarkt nicht monopolistisch.
- erhebliche abwanderung von humankapital in osteuropa bei erschreckend niedrigen geburtenraten
- frage wie einzelne länder systemwechsel von planwirtschaft zu kapitalismus eingeleitet haben
- differenzierung zwischen unterschiedlichen wirtschaftssystemen der osteuropäischen länder mit hinblick auf ihre wirtschaftsentwicklung
- andere länder haben ähnlich angefangen und haben den aufschwung geschafft, andere nicht.




lohndifferenzen auszunutzen ist nicht schlimm. deutschland und japan hatten auch in den 50er jahren erheblioche lohndifferenzen zu den USA. tragisch war das nicht. das kann ein großer vorteil sein. muss es freilich nicht, aber kann sich ausnutzen lassen wenn man über ein kapitalistisches system verfügt mit guten institutionen und guten fachkräften.
 
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Original geschrieben von tischstuhl
lohndifferenzen auszunutzen ist nicht schlimm. deutschland und japan hatten auch in den 50er jahren erheblioche lohndifferenzen zu den USA. tragisch war das nicht. das kann ein großer vorteil sein. muss es freilich nicht, aber kann sich ausnutzen lassen wenn man über ein kapitalistisches system verfügt mit guten institutionen und guten fachkräften.

Nunja, die postsozialistischen Staaten hatten ja in dem Sinne noch kein kapitalistisches System und wurden prinzipiell in vielerlei Hinsicht von ausländischen Investoren "ausgebeutet".

Was die anderen Punkte angeht: Dürfte alles wichtig und richtig sein, aber im Hinblick auf den Seminartitel (geht ja allgemein erstmal um Imperialismus) wird denke ich der Fokus darauf liegen, welchen Nutzen die EU/ der Westen aus den Dumpinglöhnen zieht.
Die Subventionen sind dabei allerdings ein guter Punkt: Ist es nicht so, dass durch die niedrigen Preise, zu denen EU-Agrarprodukte verkauft werden können, die Agrarproduktion in OME am Wachstum/ an der Modernisierung gehindert wird und dadurch nicht mehr konkurrenzfähig ist? Würde sich ja dann mit Senghaas' "1. stagnierende Produktivität im nicht-exportorientierten landwirtschaftlichen Sektor. -> Unfähigkeit, die Bevölkerung mit ausreichend Nahrungsmitteln zu versorgen" decken.
Was du mit den Konsumgütern meinst, verstehe ich allerdings nicht ;D
 
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bloß weil dein hausarbeitstitel imperialismus heißt, muss es noch lange nicht welcher sein.

beim landwirtschaftlichen sektor ist das problem, dass es viele kleinbauern teilweise gibt, die nicht die eu-auflagen erfüllen können und diese vorschriften aufgezwungen werden. die müssen dann dicht machen. eine art gewaltsame anpassung an die westeuropäischen standards. auf lange sich hätten die bauern aber eh kaum konkurrieren können mit anderen produkten. schade ist nur der verlsut der vielfalt dadurch. ob die lebensmittelproduktion dadurch abnimmt, kann ich mir schwer vorstellen, zumindest nicht die verfügbarkeit von lebensmitteln. vielleicht der preis. musst du dir zeitschriften zu holen. gibt auch extra journals die sich nur mit wirtschaft und osteuropa beschäftigen...
 
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Nunja, gemeint ist ja damit vor allem die Unfähigkeit zur Selbstversorgung dachte ich.
Immerhin wären viele Bauern nach der Zerschlagung der Agrargenossenschaften und vor allem durch die Flut subventionierter Agrarprodukte aus der EU nicht mehr konkurrenzfähig und würden mittelfristig zugrunde gehen. Folglich geriete doch das postsozialistische Land theoretisch immer mehr in Abhängigkeit.

Stellt sich nur die Frage, wie sich das mit der Realität verträgt, meine Literatur ist ja nun auch nicht mehr die neueste ;>

Naja und was den Imperialismus angeht: Unser Dozent muss da wohl anderer Meinung sein. Die Investitionen im Ausland bzw. die Ausbeutung der Ressourcen erinnern schon an den Kolonialismus des 19. Jahrhunderts, ebenso wie das Sendungsbewusstsein des Westens (immerhin wurde direkt nach der Wende den OME- Ländern kaum eigener Handelsspielraum gelassen, sondern versucht, sie zu Ländern mit freien Märkten und demokratischen Verfassungen umzuwandeln, Stichworte Transformation/Transition und Schocktherapie)
 
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Imperialismus war als historische Formation wohl selten wirtschaftlich gelenkt, sondern Ausdruck einer bestimmten Nationalstaatspolitik. Für Kolonien, die übrigens vor den Nationalstaaten entstanden sind, trifft das natürlich nicht zu. In diesem Sinne kann man heute aum von einem imperialen Kontext sprechen, wenn man über Abhängigkeitsbeziehungen im weltweiten Wirtschaftskreislauf sprechen möchte. Hier dient Imperialismus eher als politischer Kampfbegriff.

Transformation hat ist wohl nicht äquvivalent mit einem (rassistisch) unterlagerten Sendungsbewusstsein der westlichen Welt im 19. Jahrhundert, wobei der Zivilisierungsgedanke sicherlich nocheinmal genauer aufgeteilt werden muss, in z.b. christliche oder rassistische Motive.
 
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In diesem Zusammenhang ist ja eben die Frage, ob das 19. Jahrhundert das Nonplusultra darstellt, an dem sich der Begriff zu orientieren hat. Allerdings muss ich dir in gewissem Sinne widersprechen: Die Kolonisation geschah zwar durchaus unter Duldung und Förderung des Staates, in der Regel waren es meines Wissens aber Privatpersonen (Companies usw.), die den Profit aus den Arbeitskräften und Rohstoffen der Länder zogen. Wenn überhaupt, so oblag dem Staat in den meisten Fällen nur der Schutz dieser "Bewirtschaftung".
Ob und inwiefern Industriestaaten heute die "AUsbeutung" von Entwicklungsländern durch die eigenen Konzerne dulden sei erst einmal dahingestellt.


Was das Sendungsbewusstsein angeht, so ist zunächst einmal doch festzustellen, dass es nicht zwangsläufig ein rassistisches bzw. nationalistisches/kulturelles sein muss, wie im 19./frühen 20. Jahrhundert. Stattdessen wird der Versuch übernommen, den postsozialistischen Ländern die eigenen Ideale ( Demokratie, liberales Wirtschaftssystem bzw. freie Marktwirtschaft mit allem was dazugehört) zu vermitteln - nach dem Lesen entsprechender Literatur bin ich fast schon genötigt zu sagen: aufzuzwingen.

Zwangsläufig weist also die Transformation bzw. ihre Umsetzung doch zumindest (!) einige Parallelen zu imperialen Bestrebungen des 19. und 20. Jahrhunderts auf, auch wenn einem das wegen der oftmals negativ interpretierten Bedeutung des Wortes vielleicht wenig angenehm erscheint...
 
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Deshalb hab ich auch die Begriffe "Imperialismus" und "Kolonien" zeitlich und kontextuell unterschieden, weil sie nicht identisch sind.

Die imperialen Bestrebungen sind direkte Fortsetzungen nationalstaatlicher oder gemeinschaftlicher Außenpolitik von Europa gegenüber Kolonisierten (vereinfacht und unkritisch ausgedrückt). Das Aufdrängen von Werten und wirtschaftlichen Normen ist natürlich ein Ungleichgewicht auf bestimmten Feldern, aber noch nicht automatisch ein Imperialismus/Kolonialismus. Man könnte eher von einem sozialistischen Imperialismus der UdSSR gegenüber den ostmitteleuropäischen Staaten ausgehen, weil diese neben der wirtschaftlichen Abhängigkeit noch (massiv konventionelle) Truppen dorten stationiert hatten. Aber von einem EU-Imperialismus oder einem amerikanischen Kulturimperialismus zu sprechen verwässert den Begriff in meinen Augen (jedenfalls historisch gesehen). Man verwendet wohl eher den Begriff der Hegemonie. Inwieweit man bei internationalen Währungsfondus oder der UN überhaupt noch von Imperien sprechen kann fraglich und wohl nur dann sinnvoll, wenn man den Begriff von einem bestimmten staatlichen Akteur löst und ihn zu einem Systembegriff werden lässt (Empire von Hardt, Negri).

Das es trotz Transformationsprozessen nicht automatisch zu einem "aufzwingen" von "westlichen" Strukturen kommt, zeigen doch am besten die Beispiele Weißrussland, Ukraine, Serbien und Russland (wohlgemerkt unter ganz verschiedenen Ausgangslagen und Ergebnissen).

Ein Begriff wegen seiner Bedeutung abzulehnen ist völlig unsinng, weil diese gerade in politischen Wissenschaften eigentlich nur wegen ihrer Bedeutung sinnvoll gewählt werden können. Was nicht heißt, das diese eindeutig festgeschrieben sein muss.

schau vielleicht mal unter Dependenztheorie nach, das scheint mir produktiver in dem Zusammenhang dieser "peripheren Kaptialismus"-Theorie zu sein
 
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Original geschrieben von I_C_H_
Hio,
ich habe in einem meiner Seminare (Imperialismus in Ostmitteleuropa) die ehrenhafte Aufgabe, mich mit dem Verhältnis von
EU - Ostmitteleuropa nach der Wende
unter dem Aspekt des peripheren Kapitalismus zu befassen.


Sehr gutes Buch zu dem Thema ist von Dorothee Bohle, Europas neue Peripherie, darin gehts aber nur um Polen. Gut ist auch von Beichelt, die EU nach der Osterweiterung.

Die Peripherisierung besteht m.E. darin, dass z.B. über Konvergenzkriterien, Stabilitäts- und Wachstumspakt, Euro bzw. WKM-2 den mittel- und osteuropäischen Ländern ein neoliberales Entwicklungsmodell aufgezwungen wird, während gleichzeitig versucht wird, a) Mitwirkungsmöglichkeiten in den EU-Institutionen zu beschränken (also die ewige Frage nach den Stimmenverhältnissen im Ministerrat), und b) über Importbeschränkungen die besonders wettbewerbsfähigen Sektoren wie z.B. Textilien draussen zu halten.
 
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Der Witz ist ja gerade, und das hast du auch schön angedeutet, wie kann ich unter formal "gleichheitlichen Grundsätzen" in der EU der UN, eine (wirtschaftliche) Abhängigkeit erreichen. Jeder der im Imperialismus gefordert hätte, die "Kolonisierten" sollten gleiche Rechte erhalten, wäre doch ausgelacht worden.
 
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Original geschrieben von OgerGolg
Deshalb hab ich auch die Begriffe "Imperialismus" und "Kolonien" zeitlich und kontextuell unterschieden, weil sie nicht identisch sind.

Die imperialen Bestrebungen sind direkte Fortsetzungen nationalstaatlicher oder gemeinschaftlicher Außenpolitik von Europa gegenüber Kolonisierten (vereinfacht und unkritisch ausgedrückt).

Kann ich soweit nachvollziehen und mitgehen.


Das Aufdrängen von Werten und wirtschaftlichen Normen ist natürlich ein Ungleichgewicht auf bestimmten Feldern, aber noch nicht automatisch ein Imperialismus/Kolonialismus. Man könnte eher von einem sozialistischen Imperialismus der UdSSR gegenüber den ostmitteleuropäischen Staaten ausgehen, weil diese neben der wirtschaftlichen Abhängigkeit noch (massiv konventionelle) Truppen dorten stationiert hatten.

Warum muss deines Erachtens zwangsläufig militärische Intervention mit der wirtschaftlichen Dominanz einhergehen? Sofern ein Staat über andere Druckmittel verfügt, um seine Eigeninteressen zu verwirklichen, ist eine Stationierung von Truppen doch überhaupt nicht nötig.

Aber von einem EU-Imperialismus oder einem amerikanischen Kulturimperialismus zu sprechen verwässert den Begriff in meinen Augen (jedenfalls historisch gesehen). Man verwendet wohl eher den Begriff der Hegemonie.

Hm, für mich schwierig, Hegemonialbestrebungen klar von imperialistischem Streben zu trennen. Aber abstrakte Begriffe waren noch nie so meins ;)
Ich nehme an was die USA angeht betrachtest du die Interventionen in Nahost als nichtimperialistisch? (dass sie nicht kulturimperialistisch sind ist denke ich klar)

Was den Imperienbegriff angeht ist dir ebenfalls nur zuzustimmen.
Was allerdings das Aufzwingen angeht: Hier laufen theoretische Konzeption und Praxis auseinander! Die Schocktheorie sah tatsächlich eine schnelle Öffnung des Marktes für die Weltwirtschaft usw. vor, nur hat sie eben in der Praxis versagt, was wiederum Auswirkungen auf die entsprechenden Länder hatte, ebenso wie auf die Transformationsforschung. Fakt ist aber, dass über ein solches Aufzwingen zur Wendezeit noch ein allgemeiner Konsens bestand (oder ich lese die falsche Literaur).

Ein Begriff wegen seiner Bedeutung abzulehnen ist völlig unsinng, weil diese gerade in politischen Wissenschaften eigentlich nur wegen ihrer Bedeutung sinnvoll gewählt werden können. Was nicht heißt, das diese eindeutig festgeschrieben sein muss.

Näher erläutern bitte, fehlt mir etwas der Bezug zu meinem Geschreibs.

schau vielleicht mal unter Dependenztheorie nach, das scheint mir produktiver in dem Zusammenhang dieser "peripheren Kaptialismus"-Theorie zu sein

Dependenz gehört glaube ich mit dazu, ein Aufsatzband den ich hier habe befasst sich auch damit :>

Vielleicht nochmal zum Seminar und der dortigen Behandlung von Imperialismus: Es wurde bisher neben dem historischen Phänomen im 19.Jhdt. eben auch auf spezielle "Sonderformen"/ andere Erscheinungen eingegangen. Mir fallen wenn ich mich recht erinnere da auch Panslawismus und Orientalismus ein, ebenso wie die Betrachtung der USA (wobei hier eher Europa im Blick stand als der Rest der Welt). Es geht also vielleicht eher um Erscheinungsformen und Variationen als um DEN Imperialismus.
 
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Original geschrieben von I_C_H_
Warum muss deines Erachtens zwangsläufig militärische Intervention mit der wirtschaftlichen Dominanz einhergehen? Sofern ein Staat über andere Druckmittel verfügt, um seine Eigeninteressen zu verwirklichen, ist eine Stationierung von Truppen doch überhaupt nicht nötig.

Vielleicht nochmal zum Seminar und der dortigen Behandlung von Imperialismus: Es wurde bisher neben dem historischen Phänomen im 19.Jhdt. eben auch auf spezielle "Sonderformen"/ andere Erscheinungen eingegangen. Mir fallen wenn ich mich recht erinnere da auch Panslawismus und Orientalismus ein, ebenso wie die Betrachtung der USA (wobei hier eher Europa im Blick stand als der Rest der Welt). Es geht also vielleicht eher um Erscheinungsformen und Variationen als um DEN Imperialismus.

1. wie an der Geschichte des imperialistischen Phase (ich würde sie so von 1830 - 1960er) recht anschaulich zu sehen ist, sind maßgebliche Kontrollmöglichkeiten wie: Bürokratie (essentiell für den modernen Staat), Infrastrukturbau, Verwaltungsaufbau, Trennung von Verwaltern (= "weißen) und Kolonialisierten, nur mit einer Präsenz von "imperialen" Beamten und dem Militär möglich, gerade weil viele sozial/technischen Innovationen quasi einen Import darstellen. Das sind alles Merkmale von Imperialismus, aber NICHT zwangsläufig Merkmale von wirtschaftlicher Abhängigkeit (z.b. das Kolonialreich der Niederlande oder heutige Abhängigkeitsverhältnisse von "Schuldnerstaaten").

Orientalismus ist sicherlich eine der Erscheinungen die auf kultureller Ebene den Imperialismus mit unterstützt hat, deshalb ist er auch im Kontext des schon angesprochenen "Sendungsbewusstsein" sicherlich interessant. Aber ich glaube nicht, dass das heutige "Ostmitteleuropa" wirklich als das "exotisch Andere" im Gegensatz zu Westeuropa konstruiert wird und somit als Teil einer diskursive Machtkonstellation fungiert. Der Orient diente dagegen als Negativfolie und zur Selbstvergewisserung einer eigenen Identität und deren Dominanz
 
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