Wie erklärt sich eigentlich, dass die Inflation angesichts der Niedrigzinsen nicht steigt? Ist es, weil die Banken sich tatsächlich bei der Geldschöpfung doch zurück halten und nicht in jeden Ramsch investieren oder hat es andere Gründe?
Inflation hat nur indirekt mit der Geldmenge zu tun. Preise ändern sich üblicherweise dann, wenn die Anbieter von etwas das Gefühl haben, dass sie damit durchkommen weil die Nachfrage ausreichend groß ist. Das kann wegen hoher Nachfrage oder einem geringen Angebot der Fall sein.
Solange also die Geldpolitik nicht dazu führt, dass sich irgendwo die Nachfrage ändert, passiert auch nichts mit den Preisen. Nun stellt sich die Frage wo Geldpolitik die Nachfrage beeinflusst und die Antwort ist:
Vor allem dort, wo Dinge (gerne) mit Krediten finanziert werden oder Banken selbst wirtschaftlich aktiv werden können (denn sie können sich ja selbst einen Kredit organisieren).
Das sind vor allem (verkürzte Liste):
- Häuser
- Aktien
- ganze Unternehmen
Und genau in diesen Bereichen kann man sehen, dass die Geldpolitik durchaus einen großen Einfluss hatte, denn das Kreditangebot ist groß und die Zinsen niedrig. Als Folge wird bei Immobilien alles gekauft was langfristigen Ertrag verspricht und die Preise sind eher am steigen, zumindest dort wo die weiteren Rahmenbedingungen zu einem zu geringen Angebot geführt haben.
Aktien steigen seit Jahren brutal stark, der gesamte Aktienmarkt der entwickelten Länder ist für die letzten Jahre ein absoluter Sonderfall. Unternehmensübernahmen wurden zuletzt auch viele kreditfinanziert (z.B. über Anleihen) angesichts der angenehmen Rahmenbedingungen.
Auf vielen Märkten kommt die Geldpolitik aber halt nicht an bzw. nicht so wie manche gedacht hätten, denn z.B. das Gehaltsniveau ist davon recht unbeeindruckt. Stattdessen wurde in Deutschland Arbeitslosigkeit abgebaut. Und ich empfinde das nicht als Problem.
Traditionell würde man auch erwarten, dass niedrigere Zinsen für höhere Investitionen sorgen, aber auch da enthalten die normalen 08/15-Makromodelle meist keine upper bound für die Anzahl an Investitionsmöglichkeiten. D.h. selbst wenn Investieren an sich billig ist (ist es aktuell) müssen halt immer noch genügend sinnvolle Projekte gefunden werden. Denn Banken vergeben Kredite auch nicht einfach so, sondern eben auch immer erst nach einer Prüfung. Fun fact: Die Kriterien von Banken für die Bewilligung von Krediten sind an vieles gebunden, u.a. auch die Makro-Aussichten. So wird das System teilweile selbstreferentiell, bzw. bekommt eine gewisse Endogenität, was ich witzig finde.
Ein letzter wichtiger Punkt wäre noch der Ölpreis. Der hat auch einen recht starken (potentiellen) Einfluss auf die Konjunktur und die Preise. Er steht in dieser Position meistens als wichtigster Stellvertreter der Energiepreise insgesamt.
Und warum steigt die Nachfrage? Geld ist günstig und irgendwohin muss es doch.
Jein. Zinsänderungen übersetzen sich nur sehr indirekt in Änderungen der Geld- und Kreditmenge. Dort wo mit günstigen Krediten erfolgversprechende Geschäfte zu machen sind hat die Zinspolitik der EZB auch zu einem deutlichen Anstieg der Preise geführt.
Gustl:
Den (inhaltlichen) Artikel veröffentlicht die Welt seit Jahren immer wieder in unterschiedlichen Variationen. Keine Ahnung was die damit bezwecken wollen. Häufig genug schreiben den auch irgendwelche Redakteure die höchstens "praktische" Erfahrung mit dem Thema Geldpolitik haben weil sie seit Jahren darüber schreiben, sich aber nie systematisch damit auseinandergesetzt haben. Ist mE Gelaber.
Da lese ich lieber was Braunberger und seine Kollegen schreiben. Bei ihm weiß ich wenigstens, dass er echt Ahnung hat wovon er redet.
Das Kernproblem war: Die Politik hat sich in der Eurokrise nicht wirklich getraut und die EZB musste dann einspringen und dieses Versagen ausgleichen.
Und weiter: Geldpolitik ist sehr schnell umsetzbar, dafür aber eine Shotgun mit Breitenwirkung. Fiskalpolitik ist ultralangsam, dafür aber eine potentiell präzise Sniper. Zudem ist Fiskalpolitik dann noch einem Politikbias unterworfen. Mit einem hypothetischen unparteiischen zentralen Planer ginge das alles ganz super, aber den gibt es eben nicht.