Maßtheorie

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Hi!
Hab eine Aufgabe wo ich mir leider bei einem Teil nicht ganz sicher bin wie ich das angehen muss. Aufgabenstellung ist wie folgt (ich hab leider keine Latex Skills):
Zeigen Sie: Ist {µ_n}n€N eine Folge von Maßen und ist {a_n}n€N eine Folge in R+, so ist auch: µ= Summe von n=1 bis unendlich von a_n*µ_n ein Maß.

Mir ist klar, dass ich 3 Axiome zeigen muss und zwar:
1) µ(A)>=0 für A€R, wo R Ring ist
2) µ(leere Menge)=0
3) Sigma-Additivität: Für alle A_i € R, i=1,2,...,n mit disjunkten A_i gilt:
µ(Vereinigung von i=1 bis n von A_i)=Summe von i=1 bis unendlich von µ(A_i).

So, 1) und 2) sind recht trivial.
1) Da µ_n Maße sind, sind sie definitionsgemäß >=0 und da a_n eine Folge in R+ ist, ist diese ebenfalls >0. Die unendliche Summe der Produkte ist also ebenfalls >0.

2) Setzt man die leere Menge in die Definition ein, dann bildet man die unendliche Summe über 0en, also => =0

3) Das macht mir jetzt Probleme, ich komme irgendwie nicht zu einem gescheiten Ansatz.

Hoffe irgendjemand kann mir da nen Tipp geben. Und ich hoffe es ist verständlich geschrieben.

Gruß
 
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Die Folge muss konvergieren, oder? Ausserdem muss auch für die Folge von Maßen irgendeine Art von Konvergenz gelten. Aber nehmen wir an, mu wäre wohldefiniert, und A und B disjunkt:
mu(A+B) = \sum_i x_i mu_i(A+B) = \sum_i x_i (mu_i(A)+mu_i(B)) = \sum_i x_i mu_i(A)+\sum_i x_i mu_i(B) = mu(A) + mu(B).

Was ist da das Problem?
 
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Ja, die müssen natürlich (absolut) konvergieren, aber ich habe die Aufgabe so abgeschrieben wie es auf unserm Zettel stand. Ich weiss halt nicht wie man die Sigma-Additivität nachweist. Wofür steht das x_i in deiner Lösung? Wieso hast du jetzt die Sigma-Additivität damit nachgewiesen?
 
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Oh sorry, das x_i soll das a_n sein.
Die Sigma-Additivität ist doch: mu(A+B) = mu(A)+mu(B), für disjunkte A und B, oder nicht? Können natürlich mehr als zwei Megen A und B sein, aber die Verallgemeinerung auf ein endlich Anzahl ist ja trivial.
 
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Okay stimmt, langer schlauch, aber ich habs geschnallt. Die Sigma-Additivität für endliche viele disjunkte Mengen A_i ist durchaus leicht ableitbar.
Manchmal kommt man halt auch nicht auf einfache Sachen wie sowas.

Mir fällt gerade auf. Die Axiome die ich aufgeführt hab sind für einen Inhalt. Damit es ein Maß ist muss der Ring eine Sigma-Algebra sein. Muss ich das noch zeigen oder ist das gegeben?
 
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Ich muß ins Bett, aber ich denke man kann davon ausgehen, dass die Teilmengen, deren Maße du betrachtest alle Elemente einer sigma-Algebra sind. Wie wären sonst die Maße mu_i definiert? Soweit ich weiß, kann man ein Maß doch nur auf einer sigma-Algebra definieren. Habe die Axiome aber nicht alle im Kopf.
 
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Okay danke, ich werde jetzt auch verschwinden, sollte so stimmen, wenn ich mir das selbst so versuche zu rekonstruieren.
 
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Oh sorry, das x_i soll das a_n sein.
Die Sigma-Additivität ist doch: mu(A+B) = mu(A)+mu(B), für disjunkte A und B, oder nicht? Können natürlich mehr als zwei Megen A und B sein, aber die Verallgemeinerung auf ein endlich Anzahl ist ja trivial.
(Nein!)

Sigma-additivität heißt ja gerade abzählbar( unendlich)e additivität. Sie folgt im allgemeinen nicht aus endlicher additivität, wohingegen die additivität für beliebige endliche vereinigungen sehr wohl aus der für die vereinigung aus zwei mengen folgt, wie du richtig sagst.


Zu den definitionen:
Ein maß ist immer und nur auf einer sigma-algebra definiert. Ein sigma-additiver inhalt auf einem mengenring heißt prämaß.


Zur aufgabe:
Ich glaube nicht, dass hier irgendeine art von konvergenz vorausgesetzt ist - oder stand das in der aufgabenstellung?
Warum sollte (a_n) absolut konvergieren müssen?
Welche art von konvergenz sollten die mue_n haben?
Die konvergenzbegriffe, die ich für maße kenne, scheinen mir nicht zu dieser aufgabe zu gehören und ich sehe auch nicht, wo sie nötig wären.

Die sigma-additivität ist übrigens ähnlich leicht aufzuschreiben wie die ersten zwei teilaufgaben, nur etwas länger.
Ich würde so vorgehen: schreibe die gleichung hin, die du zeigen sollst. Wende die definition von mue auf beide seiten der gleichung an, nun überlege dir, warum gleichheit gilt.
 
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Ok, aber dann ist das was Prodef bei Teilaufgabe 3 geschrieben hat keine sigma-Additivität, denn bei ihm läuft der Index nur bis zu einem endlichen n.

Zur Konvergenz: Angenommen, die Folge (a_n) ist konstant, ebenso sind alle Maße mu_n gleich. Dann ist doch mu nicht definiert, oder? Ein Maß ist doch eine Abbildung von einer sigma-Algebra auf die reellen Zahlen, oder nicht?
 
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Maße können allgemein auf [0,unendlich] definiert werden.
Hat die grundmenge ein maß kleiner als unendlich und damit alle mengen der sigma-algebra, heißt das maß endlich.

Du hast bereits einen fall genannt, in dem das maß aus der aufgabe nicht endlich ist.
 
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Ah cool, ich wusste nicht, dass auch auf unendlich abgebildet werden kann. Wieder was gelernt, danke.

Aber welchen Sinn hat es, ein Maß zu definieren, welches auf bestimmten Teilmengen unendlich ist?
 
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Die kanonische antwort auf diese frage ist: weil einen die beschränkung auf endliche maße zu sehr einschränken würde.
Das ist erstmal nicht befriedigend, also warum ist das so?

Vielleicht wird es klarer vor dem hintergrund der geschichte:
Die maßtheorie hat sich aus dem maßproblem für teilmengen der reellen ebene entwickelt. Heute wissen wir, dass dieses problem in voller allgemeinheit unlösbar ist. Trotzdem ist es gelungen, einen natürlichen maßbegriff für teilmengen des euklidischen raums zu finden: das lebesgue-maß - dieses maß kann unendliche werte annehmen!
Es wäre also höchst kontraintuitiv, eine maßtheorie zu betreiben, in der nicht einmal der maßraum vorkommt, aus dessen erforschung die theorie überhaupt entstanden ist, oder?

Eine etwas prägnantere begründung ist:
wir wollen maßtheorie auf einer sigma-algebra betreiben und jede sigma-algebra umfasst ihre grundmenge. Wenn wir überabzählbare grundmengen wie die reellen zahlen betrachten wollen, müssen wir also überabzählbaren mengen ein maß zuordnen. Wollten wir uns auf endliche maße beschränken, müssten wir uns also auf maße beschränken, die überabzählbaren mengen eine endliche maßzahl zuordnen. Es leuchtet ein, dass ein solcher maßbegriff eine mutwillige und unnötige einschränkung der theorie wäre.


Ein bisschen recht hast du mit deinem einwand aber schon: man wünscht sich von einem maß oft eine "gewisse endlichkeit". Darum hat man eigenschaften definiert, die die nötige allgemeinheit sicherstellen, aber trotzdem noch starke aussagen zulassen.
Die fundamentalste dieser eigenschaften ist die sigma-endlichkeit: ein maß heißt sigma-endlich, wenn die grundmenge von einer abzählbaren vereinigung von mengen mit endlichem maß überdeckt wird.
Tatsächlich ist die sigma-endlicheit für viele zentrale sätze der maßtheorie notwendige voraussetzung, zb für den erweiterungssatz von caratheodory oder den satz von radon-nikodym.
 
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Danke für die ausführliche Antwort und sorry, dass ich da nicht selbst draufgekommen bin. Ist ja eigentlich klar, dass ein sinnvolles Maß (z.B. zum Integrieren) auf dem gesamten reellen Zahlen nicht endlich sein kann. Auch auf den natürlichen Zahlen ja schon nicht, wenn man Translationsinvarianz fordert.

Also noch mal danke.
 
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Okay, jetzt wo ich dachte, ich hab es verstanden (nachdem ich auch diesen Thread gelesen hab) kommt gleich die nächste Aufgabe, wo ich mir schwer tu.
Definiere auf dem Ring R={endliche Vereinigung von Intervallen (a,b]c Reelle Zahlen(RZ), a,b € RZ}:
µ:R->RZ durch:

µ(I):= entweder 1, falls es ein epsilon>0 mit (0,epsilon)cI gibt
oder 0 sonst.
Aufgabe: Ist µ ein Inhalt? Ist µ ein stetiger Inhalt?

Für die Aufgabe brauch ich wieder die 3 Axiome wie eben.
µ(leere Menge)=0 ist ja klar, genauso wie das erste Axiom recht klar ist.
Doch das 3. Axiom macht mir wieder Schwierigkeiten.

"Für alle A_i € R, i=1,2,...,n mit disjunkten A_i gilt:
µ(Vereinigung(von i=1 bis n) von A_i)=Summe(von i=1 bis n) von µ(A_i)."

Wie muss ich da jetzt vorgehen? Einfach ein Intervall aus dem Ring nehmen und die Definition wieder anwenden? Irgendwie kommt mir das komisch vor. Ich hab im Gefühl, dass man da etwas mehr Argumentieren muss in Richtung disjunkter Teilintervalle. Aber der springende Punkt fehlt mir.

Beim stetigen Inhalt geht dann sowohl die Vereinigung und die Summe bis unendlich.
Gibts da nicht schon Probleme mit dem Ring der endlichen Vereinigungen von Intervallen?

PS: Ich MUSS leider Maßtheorie im Zuge meines Studiums machen, wenns nach mir ginge, hätte ich das nicht belegt.
 
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Wie muss ich da jetzt vorgehen? Einfach ein Intervall aus dem Ring nehmen und die Definition wieder anwenden? Irgendwie kommt mir das komisch vor. Ich hab im Gefühl, dass man da etwas mehr Argumentieren muss in Richtung disjunkter Teilintervalle. Aber der springende Punkt fehlt mir.
Also mit einem intervall(!) aus dem ring ist es sicherlich nicht getan, denn dein ring besteht ja nicht nur aus intervallen, sondern aus endlichen vereinigungen linkshalboffener, rechtsabgeschlossener intervalle.
Jedes deiner A_1 bis A_n ist eine menge dieser form und sie sind disjunkt. Auf diese vereinigung wendest du jetzt die definition des inhalts an: Dein inhalt kann genau zwei verschiedene werte annehmen.
Überlege dir zunächst, in welchem fall dieser wert 0 oder 1 wird - der eine fall ist einfach, beim anderen muss man ein wenig nachdenken.
Dann kommt nämlich dein letzter gedanke ins spiel, der übrigens völlig richtig ist: die disjunktheit der folge ist wesentlich und muss in deiner argumentation auftauchen.
Überlege dir also also für den nichttrivialen fall, was schiefgehen kann, wenn deine folge nicht disjunkt ist. Damit bekommst du ein argument für den disjunkten fall.
Beim stetigen Inhalt geht dann sowohl die Vereinigung und die Summe bis unendlich.
Gibts da nicht schon Probleme mit dem Ring der endlichen Vereinigungen von Intervallen?
Diese probleme würde es geben, ja, aber man umgeht sie meistens dadurch, dass man die definition auf vereinigungen beschränkt, die auch innerhalb des rings liegen, ebenso wie bei der sigma-additivität.
In diesem fall ist stetigkeit von unten äquivalent dazu, dass mue ein prämaß, dh sigma-additiv ist und daraus folgt auch die stetigkeit von oben, die umkehrung gilt jedoch nicht!
Um missverständnisse zu vermeiden, postest du besser nochmal die definition, die ihr hattet.
 
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