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- 10.04.2005
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bin nicht sonderlich erfahren im Schreiben. habe aber meine Freude am Schreiben entdeckt, weshalb ich eine kleine Kurzgeschichte geschrieben habe. Hoffe es gefällt.
Kindheit
Ich sitze im Zug und bin auf dem Weg nach Hause. Wie immer fährt der Zug nicht pünktlich ab. Draussen haben sich die grauen Wolken verzogen und die Sonne lässt sich nach fast einer Woche mal wieder blicken. Doch mein Gemüt ändert sich nicht. Es stimmt mich jedes Mal traurig, wenn ich aus dem Fenster schaue und die Menschen beobachte, wie sie seelenlos durch den grossen Bahnhof umherwandeln und das Tag ein, Tag aus. Als wären wir alle Ameisen in einer grossen Ameisenkolonie. Alle zusammen und doch irgendwie jeder für sich.
Der Zug ist heute ausnahmsweise nicht voll. Mir gegenüber sitzt lediglich ein junger Mann. Wahrscheinlich ein Student. Im Prinzip mag ich Studenten ja nicht besonders, aber im Zug sind sie sehr angenehm, da sie die ganze Fahrt meistens schlafend oder lernend verbringen und mich daher nicht mit unangenehmen Blicken durchlöchern. Das andere Abteil nebenan ist sogar völlig unbesetzt. Allerdings liegt da eine Jacke, die scheinbar niemandem gehört. Ich denke mir nichts dabei und schliesse meine Augen und versuche zu schlafen. Die Sonne scheint mir genau ins Gesicht. Es blendet mich sogar mit geschlossenen Augen.
Endlich. Der Zug fährt ab. Normalerweise kommt jetzt die Phase, in der ich einschlafe, doch heute ist es anders. Es geht nicht. Ich schaue ständig aus dem Fenster. Häuser, Bäume, Gebüsche, Strassenbeleuchtungen, alles fliegt so schnell an mir vorbei. Ich bin tief in Gedanken, denke über vieles nach, vor allem an die schöne Zeit früher.
Die Kontrolleurin steht plötzlich neben mir. Ich habe sie beinahe nicht bemerkt, war so tief in Gedanken. Sie verlangt unsere Billette und fragt uns gleichzeitig ob uns diese grüne Jacke da drüben gehört. Der Student antwortet mit einem nein, nachdem er sein Billett hervorgeholt hat. Auch ich zeige ihr meine Fahrerlaubnis und verneine. Die Kontrolleurin überprüft unsere Papiere und macht sich gleich daran, die grüne Jacke etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Jacke scheint mit irgendetwas gefüllt zu sein. Sie zieht den Reissverschluss runter und schaut nach. Ein bisschen enttäuscht, lehnt sich der Student wieder ans Fenster und versucht weiter zu schlafen. Es ist lediglich ein altes Stofftier in Form eines Hasen, das in der Jacke steckte. Der Hase ist völlig verwahrlost, seine Augenknöpfe sind nur noch sehr locker am Kopf angemacht und auch die langen grauen Ohren hängen runter und sind ganz schmutzig. Er sitzt da und schaut bedrückt ins Leere. Die Kontrolleurin lässt ihn und die Jacke liegen und läuft weiter um die anderen Fahrgäste zu kontrollieren.
Ich kann meinen Blick von diesem Stofftier nicht lassen. Da liegt es, ganz alleine in diesem Zug, völlig vereinsamt.
Ich frage mich wie es dazu kam und stelle mir ein zierliches Mädchen vor, das im Zug sitzt und sich die gleichen Fragen stellt wie ich einst. Sie bekommt aber keine Antworten. Sie weint und schluchzt, schaut aus dem Fenster und versteht die Welt nicht mehr. Der einzige, der ihr Trost spendet, ist ihr pelziger Freund, den sie ganz fest umklammert. Der Student ist mit seinem Fachbuch beschäftigt und ignoriert sie und auch die anderen Fahrgäste schauen weg.
Stunden vergehen. Nach und nach leeren sich die Zugabteilungen. Mittlerweile hat der Zug die Endstation erreicht. Die wenigen Fahrgäste die noch verblieben sind, steigen aus dem Zug. Das Mädchen selbst bleibt noch eine Weile sitzen. Sie legt das Stofftier auf ihren Schoss und schaut es an. Wissend, dass das der letzte Moment mit ihrem treuen Begleiter ist, flüstert sie: 'Es tut mir Leid' und zieht ihre Jacke aus um damit den Hasen warm zu umhüllen. Schliesslich verlässt sie mit erhobenem Haupt den Zug und ergibt sich...
Der Weltschmerz klingelt langsam aus. Jede Form von Gefühl stirbt in ihr. Doch dass die Seele mit der Umwelt nicht mehr eins werden kann, wenn man in der Welt der Erwachsenen vollkommen verwahrlost umhergeistert, hat sie gerade in diesem Augenblick für immer vergessen.
Ich würde ihr gerne ihre warme Jacke und ihr weisses Stofftier zurückgeben, würde sie gerne fest in meine Arme schliessen, ihr ihre Tränen vom Gesicht wischen und sie schliesslich an das erinnern, was ich selbst schon längst verloren habe...
Ich hoffe es geht ihr gut und steige aus dem Zug.
Kindheit
Ich sitze im Zug und bin auf dem Weg nach Hause. Wie immer fährt der Zug nicht pünktlich ab. Draussen haben sich die grauen Wolken verzogen und die Sonne lässt sich nach fast einer Woche mal wieder blicken. Doch mein Gemüt ändert sich nicht. Es stimmt mich jedes Mal traurig, wenn ich aus dem Fenster schaue und die Menschen beobachte, wie sie seelenlos durch den grossen Bahnhof umherwandeln und das Tag ein, Tag aus. Als wären wir alle Ameisen in einer grossen Ameisenkolonie. Alle zusammen und doch irgendwie jeder für sich.
Der Zug ist heute ausnahmsweise nicht voll. Mir gegenüber sitzt lediglich ein junger Mann. Wahrscheinlich ein Student. Im Prinzip mag ich Studenten ja nicht besonders, aber im Zug sind sie sehr angenehm, da sie die ganze Fahrt meistens schlafend oder lernend verbringen und mich daher nicht mit unangenehmen Blicken durchlöchern. Das andere Abteil nebenan ist sogar völlig unbesetzt. Allerdings liegt da eine Jacke, die scheinbar niemandem gehört. Ich denke mir nichts dabei und schliesse meine Augen und versuche zu schlafen. Die Sonne scheint mir genau ins Gesicht. Es blendet mich sogar mit geschlossenen Augen.
Endlich. Der Zug fährt ab. Normalerweise kommt jetzt die Phase, in der ich einschlafe, doch heute ist es anders. Es geht nicht. Ich schaue ständig aus dem Fenster. Häuser, Bäume, Gebüsche, Strassenbeleuchtungen, alles fliegt so schnell an mir vorbei. Ich bin tief in Gedanken, denke über vieles nach, vor allem an die schöne Zeit früher.
Die Kontrolleurin steht plötzlich neben mir. Ich habe sie beinahe nicht bemerkt, war so tief in Gedanken. Sie verlangt unsere Billette und fragt uns gleichzeitig ob uns diese grüne Jacke da drüben gehört. Der Student antwortet mit einem nein, nachdem er sein Billett hervorgeholt hat. Auch ich zeige ihr meine Fahrerlaubnis und verneine. Die Kontrolleurin überprüft unsere Papiere und macht sich gleich daran, die grüne Jacke etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Jacke scheint mit irgendetwas gefüllt zu sein. Sie zieht den Reissverschluss runter und schaut nach. Ein bisschen enttäuscht, lehnt sich der Student wieder ans Fenster und versucht weiter zu schlafen. Es ist lediglich ein altes Stofftier in Form eines Hasen, das in der Jacke steckte. Der Hase ist völlig verwahrlost, seine Augenknöpfe sind nur noch sehr locker am Kopf angemacht und auch die langen grauen Ohren hängen runter und sind ganz schmutzig. Er sitzt da und schaut bedrückt ins Leere. Die Kontrolleurin lässt ihn und die Jacke liegen und läuft weiter um die anderen Fahrgäste zu kontrollieren.
Ich kann meinen Blick von diesem Stofftier nicht lassen. Da liegt es, ganz alleine in diesem Zug, völlig vereinsamt.
Ich frage mich wie es dazu kam und stelle mir ein zierliches Mädchen vor, das im Zug sitzt und sich die gleichen Fragen stellt wie ich einst. Sie bekommt aber keine Antworten. Sie weint und schluchzt, schaut aus dem Fenster und versteht die Welt nicht mehr. Der einzige, der ihr Trost spendet, ist ihr pelziger Freund, den sie ganz fest umklammert. Der Student ist mit seinem Fachbuch beschäftigt und ignoriert sie und auch die anderen Fahrgäste schauen weg.
Stunden vergehen. Nach und nach leeren sich die Zugabteilungen. Mittlerweile hat der Zug die Endstation erreicht. Die wenigen Fahrgäste die noch verblieben sind, steigen aus dem Zug. Das Mädchen selbst bleibt noch eine Weile sitzen. Sie legt das Stofftier auf ihren Schoss und schaut es an. Wissend, dass das der letzte Moment mit ihrem treuen Begleiter ist, flüstert sie: 'Es tut mir Leid' und zieht ihre Jacke aus um damit den Hasen warm zu umhüllen. Schliesslich verlässt sie mit erhobenem Haupt den Zug und ergibt sich...
Der Weltschmerz klingelt langsam aus. Jede Form von Gefühl stirbt in ihr. Doch dass die Seele mit der Umwelt nicht mehr eins werden kann, wenn man in der Welt der Erwachsenen vollkommen verwahrlost umhergeistert, hat sie gerade in diesem Augenblick für immer vergessen.
Ich würde ihr gerne ihre warme Jacke und ihr weisses Stofftier zurückgeben, würde sie gerne fest in meine Arme schliessen, ihr ihre Tränen vom Gesicht wischen und sie schliesslich an das erinnern, was ich selbst schon längst verloren habe...
Ich hoffe es geht ihr gut und steige aus dem Zug.