Ist das so? Also ich kenne kein Telekommunikationsunternehmen, auch keines für Strom und Gas, das Verträge ohne automatische Vertragsverlängerung anbietet.
Es gibt z.B. prepaid Tarife ohne Verlängerung. Es gibt auch durchaus Tarife für Strom und Gas mit 1 Monat Laufzeit. Inwiefern da eine automatische Vertragsverlängerung von 1 Monat problematisch sein soll, müsste dann auch jemand erklären (der mögliche Nachteil geht gegen 0). Der Verbraucher kann sich auch beim Grundversorger bedienen und hat damit maximale Flexibilität. Der Verbraucher hat insofern die Wahl. Mit Prepaid oder 1 Monat Laufzeit oder beim Grundversorger wird er aber in der Regel mehr zahlen müssen.
Ansonsten: Dammbruch ist halt immer ein schwieriges Argument, da man es eben auch umdrehen kann. Bei deiner und heators Argumentation: Warum überhaupt Verbraucherschutz? Wettbewerb und ein schlauer Verbraucher tun es doch immer. Krebsmachende Wurst für 50cent günstiger? Warum nicht; wollen die Menschen es nicht, wird die Firma schnell pleite gehen. Verträge auf Lebenszeit, die Menschen bis an ihr Lebensende in Schuldenfallen treiben: Y not?! heat0r zeigt hier nur mal wieder, wie weit seine Einstellungen vom gesellschaftlichen Konsens entfernt sind - sorry, aber das geht ja in Richtung Clawg'schen Objektivismus. Und selbst der hat sich von seiner Radikalität in den letzten Jahren doch extrem entfernt. Für mich wirkt das einfach komplett weltfremd.
Geht es hier noch um die automatische Vertragsverlängerung bei Dauerschuldverhältnissen oder worum geht es?
Müssen in dem Forum hier immer die Extreme dominieren? Es hat auch niemand hier ernsthaft Verbraucherschutz grundsätzlich in Frage gestellt, den es schon seit Inkrafttreten des BGB im Jahr 1900 gibt.
Bei deiner Wurstgeschichte geht es doch überhaupt nicht um Privatautonomie und Eigenverantwortung. Da geht es um Gefahrenabwehr für Leib und Leben, wodurch der Staat seiner Schutzpflicht für die körperliche Unversehrtheit durch Verkaufsverbote oder durch andere geeignete Maßnahmen nachkommt. Da haben wir auch eine komplett andere Situation, weil der Verbraucher aufgrund dem Informations- und Wissensdefizit überhaupt keine eigenverantwortliche Entscheidung treffen kann. Denn dem Verbraucher ist die Tragweite seiner Entscheidung gar nicht bekannt, sofern er überhaupt glaubt eine Wahlfreiheit zu haben. Deswegen werden gesundheitsgefährdende Lebensmittel und Medikamente auch nicht in den Verkehr gelassen.
Es geht hier auch überhaupt nicht um (Dauerschuld-)Verträge auf Lebenszeit, solche Verträge sind unzulässig. Ebenso schon per se eine automatische Vertragsverlängerungen für Dauerschuldverhältnisse für mehr als ein Jahr (übrigens im Wesentlichen um bei Massengeschäften den Wettbewerb zu schützen).
Inwiefern bei klassischen Dauerschuldverhältnissen (Strom/Gas/Telekommunikation), bei denen man bei verpasster Kündigung, 50 EUR im Jahr mehr zahlt als bei einem neuen Tarif bei der Konkurrenz, Menschen in die Schuldenfalle getrieben werden, müsstest du einmal erklären. Keiner gerät in die Schuldenfalle, weil er es nicht auf die Reihe bekommen hat, zu kündigen und ein weiteres Jahr (maximal!) an den Vertrag gebunden ist. Vielmehr geraten die Leute in die Schuldenfalle, weil sie über ihre Verhältnisse leben. Etwa weil der mittellose Kevin den großen Fernseher aus dem Media Markt nicht bezahlen kann, die mittellose und kaufsüchtige Chantal bei H&M tausende Klamotten auf Rechnung bestellt oder weil Mandy+Thorben sich von einem "Immobilienhai" (der entweder später nicht mehr auffindbar oder insolvent ist) ein (was sie später erst entdecken) mit Hausschwamm befallenes Haus ohne weitere Prüfung durch einen Gutachter ("zu teuer") aufquatschen ließen, weil das Angebot so "unschlagbar günstig" war. Oder allgemein Menschen, die gemäß dem Motto "billig - will ich" mit unseriösen oder später zahlungsunfähig werdenden Unternehmen Geschäfte machen, weil sie zwei Euro sparen wollten, aber stattdessen später leer ausgehen. Alle diese Geschäfte können die genannten Verbraucher tätigen ohne vor etwaigen Nachteilen ("Schuldenfalle") geschützt zu sein. Wie sollen diese Menschen geschützt werden ? Soll es ein Rücktrittsrecht für diese Verbraucher geben, weil sie eine für sich nachteilige Entscheidungen getroffen haben und sich verschulden oder zu verschulden drohen ? Wohl eher nicht, weil das für alle anderen drastische Nachteile hätte.
Ich verstehe also den Regelungsbedarf für automatische Vertragsverlängerungen nicht. Das betrifft ausschließlich Massengeschäfte des täglichen Lebens und der Verbraucher erfährt letztlich bei einer "verpassten Kündigung", wenn überhaupt nur sehr geringe finanzielle Nachteile für den Verlängerungszeitraum (maximal 12 Monate). Dagegen ist die automatische Vertragsverlängerung (die den Verbraucher in seiner Dispositionsfreiheit einschränkt) im Regelfall aber schlicht auch vorteilhaft für den Verbraucher, weil er sich nicht aktiv um etwas kümmern muss und will (Bequemlichkeit). Und davon gibt es schließlich eine ganze Menge Menschen. Ist der Kunde zufrieden, wäre es ihm lästig aktiv eine Verlängerung zu erwirken. Dagegen ist es einem Verbraucher grundsätzlich zumutbar, gerade wenn er unzufrieden ist, seinen Vertrag zu begutachten und sich danach ggf. einer Kündigung zu bemühen. Alles in allem sind automatische Verlängerungen ein wichtiges wirtschaftliches Instrument für die Abwicklung von Dauerschuldverhältnissen des täglichen Lebens. Der Gesetzgeber hat den maximalen Verlängerungszeitraum bereits vor Ewigkeiten (40+ Jahren) reguliert und m.E. damit eine Regelung getroffen, die alle Bedürfnisse zufriedenstellend abdeckt und gegenläufigen Interessen ausreichend Rechnung getragen ohne jemanden unangemessen zu bevorteilen oder zu benachteiligen.