Quint
,
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Da es im Forum zahlreiche User gibt, die in den verschiedensten Ländern unterwegs sind oder sogar dort leben, soll man sich in diesem Thread darüber austauschen können. Ich fange an:
England
Ich habe ein Jahr lang in London gelebt und bin mit einem sehr gemischten Gefühl wieder nach Hause geflogen. Vorweg die negativen Sachen: Der Lebensstandard ist im Vergleich zu Deutschland bedeutend niedriger, die Kosten allerdings beträchtlich höher - insbesondere bei den Mietspreisen zahlt man sich für ein winziges Zimmer mit Schimmel arm, WGs sind auch im höheren Alter normal. Ohne die teure Oyster Card (Fahrkarte für öffentliche Verkehrsmittel) kommt man im wahrsten Sinne des Wortes nicht weit. Laufen dauert zu lange, ist aber gerade im Verkehrschaos häufig bedeutend schneller als mit dem Auto (weshalb kaum jemand eins hat). Die Qualität von billigen Lebensmitteln bei Tesco oder den kleineren Supermärkten ist oft erbärmlich, vom Haltbarkeitsdatum sollte man generell drei Tage abziehen.
Auf der anderen Seite ist London eine Weltmetropole und damit die analoge Version des Internets. Wenn man irgendein bestimmtes Hobby hat oder irgendetwas tun will, findet man dort Gleichgesinnte. Viele Läden haben Sonntags bis 17:30 Uhr offen, was sehr angenehm ist. Die Leute selbst sind wesentlich stoischer als in Deutschland oder in Amerika. Wenn man einen Fehler macht, wird dieser oft übersehen oder nur indirekt darauf hingewiesen. Der trockene, oft schwarze britische Humor ist gewöhnungsbedürftig, spiegelt aber gleichzeitig auch die Mentalität wieder: Nichts ist so schlimm wie es scheint, und falls doch, lacht man noch mehr darüber - und krempelt dann die Ärmel hoch. Insgesamt gab es in meiner Zeit dort nur sehr wenig Drama, was ich sehr angenehm fand.
Gleichzeitig muss ich sagen, dass viele Briten extrem spröde sind und ich nur sehr wenige echte Freunde in London gefunden habe. Ab einem gewissen Zeitpunkt gibt es eine Barriere, durch die man nicht ohne weiteres durchkommt. Zudem gibt es auch soziale Stigmata - wer nicht trinkt, gilt generell als komisch, Depression etc. ist unmännlich und wird oft hart verspottet. Man merkt auch deutlich, dass das Land immernoch eine Königin hat - jegliches Infragestellen von Autorität hat Konsequenzen zur Folge. An meiner Universität wurde mir einmal zu Unrecht Betrug vorgeworfen, was ich Dank eines Professors entkräften konnte. Trotzdem hat er mir dann durch die Blume gesagt, dass ich mich für den Vorfall bei der Universitätsleitung entschuldigen sollte oder er mich ansonsten nicht mehr unterstützen wird. Ich musste dann tatsächlich für den "verursachten Aufwand" eine E-Mail schreiben und zu Kreuze kriechen. Ansonsten sollte man nicht die ziemlich hohe Kriminalität vergessen, in einigen Gebieten würde ich mich auch heute in der Nacht nicht hintrauen.
Amerika
Ich fliege regelmäßig nach Texas, wo ein Teil meiner Familie lebt. Zuallererst: In Amerika ist alles größer. Alles. Von der Größe der Supermärkte, der Straßen oder den Portionen auf dem Teller. Überhaupt ist die Qualität des Fast Foods und die unheimlich große Auswahl überwältigend und überrascht mich jedes Mal - das eröffnet dann auch eine andere Perspektive darauf, warum soviele Menschen in den USA übergewichtig sind. Ohne Auto ist man in Texas komplett aufgeschmissen, öffentliche Verkehrsmittel existieren quasi nicht, Laufen ist noch unrealistischer als in London.
Die Amerikaner selbst entsprechen meiner Meinung nach oft den gängigen Klischees. Viele sind oberflächlich und versprechen einem verdammt viel, da muss man die eigenen Erwartungen schon zurückschrauben. Gleichzeitig ist es aber sehr einfach, mit den Amis Freundschaft zu schließen, die ich als Go-Getter erlebt habe - wenn sie sich etwas wirklich in den Kopf setzen, legen sie ohne viel zu planen direkt los, was einen oft mitreißt. Der durchschnittliche Amerikaner hat auch irre viel Selbstvertrauen, was ihn von Kindheitsbeinen an eingeflößt wird. Kinder kriegen dort wirklich für jeden Mist positives Feedback: Wasserrutsche gefahren? High-Five! Durchschnittlichen Test geschrieben? Kurve wird angepasst -> A+! Einen Tag Sport gemacht? In vier Jahren bist du bei den Olympischen Spielen dabei! Auch hier muss man wirklich hinter den Vorhang schauen und bestimme Aussagen relativieren. Das Bildungsniveau sowie den Anspruch in Schule und Uni würde ich als deutlich niedriger als in Deutschland einschätzen. Sicher kommt es auf viele Faktoren an, aber was ich bezüglich Highschool, College oder Community College gesehen habe war wirklich nicht sehr fordernd (Stichwort Multiple Choice bei simpelsten Matheaufgaben). Ähnlich wie in London ist man mit einer Fremdsprache bereits ein Halbgott, zwei sind für viele oft unvorstellbar.
Was für Erfahrungen habt ihr in welchen Ländern gemacht? Welches Land würdet ihr gerne noch besuchen?
England
Ich habe ein Jahr lang in London gelebt und bin mit einem sehr gemischten Gefühl wieder nach Hause geflogen. Vorweg die negativen Sachen: Der Lebensstandard ist im Vergleich zu Deutschland bedeutend niedriger, die Kosten allerdings beträchtlich höher - insbesondere bei den Mietspreisen zahlt man sich für ein winziges Zimmer mit Schimmel arm, WGs sind auch im höheren Alter normal. Ohne die teure Oyster Card (Fahrkarte für öffentliche Verkehrsmittel) kommt man im wahrsten Sinne des Wortes nicht weit. Laufen dauert zu lange, ist aber gerade im Verkehrschaos häufig bedeutend schneller als mit dem Auto (weshalb kaum jemand eins hat). Die Qualität von billigen Lebensmitteln bei Tesco oder den kleineren Supermärkten ist oft erbärmlich, vom Haltbarkeitsdatum sollte man generell drei Tage abziehen.
Auf der anderen Seite ist London eine Weltmetropole und damit die analoge Version des Internets. Wenn man irgendein bestimmtes Hobby hat oder irgendetwas tun will, findet man dort Gleichgesinnte. Viele Läden haben Sonntags bis 17:30 Uhr offen, was sehr angenehm ist. Die Leute selbst sind wesentlich stoischer als in Deutschland oder in Amerika. Wenn man einen Fehler macht, wird dieser oft übersehen oder nur indirekt darauf hingewiesen. Der trockene, oft schwarze britische Humor ist gewöhnungsbedürftig, spiegelt aber gleichzeitig auch die Mentalität wieder: Nichts ist so schlimm wie es scheint, und falls doch, lacht man noch mehr darüber - und krempelt dann die Ärmel hoch. Insgesamt gab es in meiner Zeit dort nur sehr wenig Drama, was ich sehr angenehm fand.
Gleichzeitig muss ich sagen, dass viele Briten extrem spröde sind und ich nur sehr wenige echte Freunde in London gefunden habe. Ab einem gewissen Zeitpunkt gibt es eine Barriere, durch die man nicht ohne weiteres durchkommt. Zudem gibt es auch soziale Stigmata - wer nicht trinkt, gilt generell als komisch, Depression etc. ist unmännlich und wird oft hart verspottet. Man merkt auch deutlich, dass das Land immernoch eine Königin hat - jegliches Infragestellen von Autorität hat Konsequenzen zur Folge. An meiner Universität wurde mir einmal zu Unrecht Betrug vorgeworfen, was ich Dank eines Professors entkräften konnte. Trotzdem hat er mir dann durch die Blume gesagt, dass ich mich für den Vorfall bei der Universitätsleitung entschuldigen sollte oder er mich ansonsten nicht mehr unterstützen wird. Ich musste dann tatsächlich für den "verursachten Aufwand" eine E-Mail schreiben und zu Kreuze kriechen. Ansonsten sollte man nicht die ziemlich hohe Kriminalität vergessen, in einigen Gebieten würde ich mich auch heute in der Nacht nicht hintrauen.
Amerika
Ich fliege regelmäßig nach Texas, wo ein Teil meiner Familie lebt. Zuallererst: In Amerika ist alles größer. Alles. Von der Größe der Supermärkte, der Straßen oder den Portionen auf dem Teller. Überhaupt ist die Qualität des Fast Foods und die unheimlich große Auswahl überwältigend und überrascht mich jedes Mal - das eröffnet dann auch eine andere Perspektive darauf, warum soviele Menschen in den USA übergewichtig sind. Ohne Auto ist man in Texas komplett aufgeschmissen, öffentliche Verkehrsmittel existieren quasi nicht, Laufen ist noch unrealistischer als in London.
Die Amerikaner selbst entsprechen meiner Meinung nach oft den gängigen Klischees. Viele sind oberflächlich und versprechen einem verdammt viel, da muss man die eigenen Erwartungen schon zurückschrauben. Gleichzeitig ist es aber sehr einfach, mit den Amis Freundschaft zu schließen, die ich als Go-Getter erlebt habe - wenn sie sich etwas wirklich in den Kopf setzen, legen sie ohne viel zu planen direkt los, was einen oft mitreißt. Der durchschnittliche Amerikaner hat auch irre viel Selbstvertrauen, was ihn von Kindheitsbeinen an eingeflößt wird. Kinder kriegen dort wirklich für jeden Mist positives Feedback: Wasserrutsche gefahren? High-Five! Durchschnittlichen Test geschrieben? Kurve wird angepasst -> A+! Einen Tag Sport gemacht? In vier Jahren bist du bei den Olympischen Spielen dabei! Auch hier muss man wirklich hinter den Vorhang schauen und bestimme Aussagen relativieren. Das Bildungsniveau sowie den Anspruch in Schule und Uni würde ich als deutlich niedriger als in Deutschland einschätzen. Sicher kommt es auf viele Faktoren an, aber was ich bezüglich Highschool, College oder Community College gesehen habe war wirklich nicht sehr fordernd (Stichwort Multiple Choice bei simpelsten Matheaufgaben). Ähnlich wie in London ist man mit einer Fremdsprache bereits ein Halbgott, zwei sind für viele oft unvorstellbar.
Was für Erfahrungen habt ihr in welchen Ländern gemacht? Welches Land würdet ihr gerne noch besuchen?