GeckoVOD
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Hallo, mal wieder (
),
vornweg, ich bin mir nicht ganz sicher, was ich mir hiervon erhoffe, da diverse Themen berührt werden, habe mich daher eher für's LSZ entschieden, auch wenn es ins Comm passen könnte. In erster Linie wird's wohl meine Gedanken sortieren und Input ist gerne willkommen.
Aktuell "arbeite" ich in einer Tochter eines großen online-Händlers. Gewusst vage gehalten, da es teils um Internas geht und mir die rechtliche Lage unklar ist.
Anfangs war die Arbeit relativ genial, wenn man von dem eher mageren Lohn abgesehen hat; v.a. die Kollegen war extrem nett. Ich wurde als Quereinsteiger (aus dem öD kommend) pro Forma als Werbetexter oder so was angestellt, real hab ich interne Prozesse in der Datenverarbeitung optimiert, Dienstleistungen ausgebaut und teils Praktikanten betreut. Kompensiert wurde mein lächerliches Gehalt durch außertarifliche Prämien, sowie entsprechendem Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Aber halt befristet, wie üblich. Ich nahm es eben als Quereinstieg in einen großen Konzern, mit Möglichkeit mich weiterzubilden. Etwas weniger Geld als vorher war dabei okay.
Ende März letzten Jahres hat sich der Vorstand entschlossen unsere Abteilung AGIL zu machen, ignorierend, dass wir Prozesse und keine Projekte bearbeiten. Teamleiter (etwa Werbetexter, Content Management) wurden "Product Owner" und haben einfach gar nix mehr gemacht - keine Leute mehr auf Aufträge verteilt, aber auch irgendwie nicht Software und Dienstleistungen weiterentwickelt, bzw. mit Kunden in Kontakt getreten. Es war völlig Banane und wurde auch immer wieder kritisiert, v.a. da die Product Owner keinerlei technische Expertise jenseits von Wenn- und S-Verweisen in Excel besitzen (nichtmal Pivot oder sowas).
Hintergrund war, dass der Mutterkonzern die IT-Infrastruktur austauscht. Dabei sind unsere Hauptleistungen betroffen, da vieles beim Onboarding völlig entfallen würde, gleichzeitig war jedoch klar es würde andersartige Aufträge im Backend geben - nur welche war und ist unklar. Ergo stieg der Druck irgendwie Aufträge ranzukarren und Dienstleistungen zu flexiblisieren enorm. Und seitdem ging die Stimmung in der Abteilung auch runter.
Der Zusammenhalt ist immer noch relativ gut, nur sind die Product Owner am Austeilen von diversen Schlägen, weil sie völlig überfordert sind: Sie gehen nicht auf Messen, Konzernmeetings oder sonstwas, aber die fallenden Auftragszahlen werden dann den Bearbeitern angelastet (würdet ihr schneller arbeiten, dann... ) oder auf Technik geschoben (die Software ist scheiße, weil... ). Menschlich einfach Abfall, aus irgendwelchen Gründen reagiert der Chef da aber auch überhaupt nicht. Wir holten uns eher Aufträge, da ein paar technikversierte Kollegen sich auf Messen weiterbildeten und alte Partner ausquetschten. Die Auftragslage langt derzeit jedoch lange nicht, eventuell mehrere Monate alle Personen mit Arbeit zu versorgen.
Bis Sommer hab ich von den Spannunen wenig mitbekommen. Da irgendwie die Sub-Teams dutzende Excel-Listen pflegten und ich das sehr sinnfrei empfand, hab ich eine Access-Datenbank aufgesetzt, in der Tickets abgelegt und archiviert werden. Da sind Stückzahlen und abrechenbare Stunden erfasst, mehr nicht (entsprechenden Eintrag gibt's im Comm, da es ein Problem für mich wurde): Im Endeffekt sollte das Ding am Ende nur fertige Abrechnungen ausspucken. Ich sah damals kein Problem, da man nicht alle Zeiten dort erfassen musste und das ganze sowieso in ein internes Zeittool gebucht wurde - ob das jetzt aus n+1 .xlsx-Dateien manuell darein kommt, oder über Export aus der DB: wird schon rechtlich passen. Was mir unklar war: für manche Bearbeiter entspricht die gebuchte Zeit die komplette Arbeitszeit. Und das alte Zeittool erlaubte es den Teamleitern ("product ownern") die "Stundenzettel" der Mitarbeiter einzusehen, eine Migration auf Jira mit aggregierten und verschlüsselten, gesperrten Daten wurde erst November vollzogen.
Als ich mitbekam, dass die Exporte aus Access dann (im alten Zeittool ausgelagert) genutzt wurden um irgendwelche Produktivzeiten auf Personenebene auszuwerten, hab ich erst das Forentopic geöffnet und später den Abteilungsleiter damit konfrontiert. Das Auswerten hat sich dann durch Einwirken des Chefs auch sofort aufgehört und mir wurde erklärt, Jira käme ja sowieso bald, das alte Schema hat der Betriebsrat akzeptiert. War noch "okay", aber wirklich toll fand ich das nicht. Trotzdem nölten die Teamleiter dann noch rum, von wegen, sie wollen wieder Excel, dann sieht man ja die Sachen besser.
Um September wurde ich temporär bei unseren Textern "eingesetzt", um da diverse Softwaretools zu analysieren und ggf. weiterzuentwickeln / Aufträge zu finden. Die Dame, die mich einarbeitete, war eigtl. freundlich und gehörte zu denen, die tatsächlich reale Mehrarbeit abgeleistet haben. Irgendwie wurde aber schnell klar, dass die von der Teamleiterin ("Product Ownerin") wegen jedem Kack angemault wurde, obwohl sie nichtmal Fehler machte oder langsam war. Dazu muss man sagen, dass sie MS hat und ihre vorgesetzte alle fünf Minuten was anderes von ihr wollte. Am Ende hatte meine Kollegin dann den Eindruck, sie wäre vergesslich (da sie marginal verspätet Reportings einreichte) und hat entsprechend viele Arzttermine angesetzt, um ein Zeichen für Verschlechterung der Krankheit zu prüfen; real war sie einfach nur bombardiert und der Sündenbock, imo war das "Vergesslichsein" maximal nachvollziehbar und nicht der Rede wert.
Je länger ich in dem Team war, desto mehr Abgründe wurden offensichtlich: Andere Mitarbeiter wurden mit Aufgaben der "Product Owner" bombardiert, E-Mails von Sachbearbeitern um 3 Uhr Nachts mit Chef im CC waren die Regel (von einem Bearbeiter, der bereits einen Schlaganfall hatte und das auch abteilungsweit bekannt ist). Mich fragte dann die Product Ownerin, warum das Zeittool spackt, wenn Produktivitätszeiten von 10+ Stunden gebucht werden. Auch keine Reaktion vom Chef. Meanwhile: Ticketflut, weil der Konzern im Ausnahmezustand ist und befürchtet die Ablöse geht schief. Also wurde konsequent niemand eingestellt, oder mehr Zeitarbeiter geholt. September hatte unser Ältester einen Schlaganfall, zwei Wochen darauf hat eine Schwangere einen Abgang im 7. Monat; beide hatten so die stressvollsten Aufgaben. Möchte jetzt nicht sagen, dass das der alleinige Auslöser war, aber nachvollziehbar wäre es. Die Situation ist noch aktuell, Krankheitsstand bewegt sich seit Dezember bei mind. 40% bis Januar sogar mal für eine Woche 75%. Yeah. Natürlich wurde sich auch nicht um neue Aufträge gekümmert, da die "Product Owner" eigentlich mehr oder weniger nur Abrechnungen schrieben, oder mal auf einer Schlung "Fit fürs Flipchart" o.ä. waren.
Mein Vertrag läuft am 31.3 aus, weswegen ich Ende November mal beim Chef war, wegen Perspektiven und Verhandlungen. Irgendwie hab ich nicht verhandelt, sondern einfach mal losgekotzt, was ich so mitkriege: Arbeitszeiten werden nicht eingehalten, die "Product Owner" schieben scheiße ab und mobben aktiv, er soll langsam mal aktiv werden, außerdem herrscht Not tatsächlich mal mit den Kunden über potentielle neue Dienstleistungen zu reden. Große Betroffenheit, er wird was tun. LOL.
Chef setzte erstmal Termin mit MS-Kollegin und den Product Ownern an, spricht an, es gäbe ein "Kommunikationsproblem", sie sollen das jetzt klären. Dann steht er auf und verlässt den Raum in einer 2 vs. 1 Situation, schickt aber dafür seinen Controller rein, der überhaupt nicht wusste was los ist, aber eine Seite wählen sollte.
Zwei Tage später wird die MS-Kollegin von einer Personalerin mit Namen X zum Gespräch gerufen, sie habe jeden Monat einen Freitag "krank" eingetragen. Sie erklärt: Da kriegt sie eine Infusion. X fragt sie nonchalant: "kannste da nicht Urlaub einreichen oder bei der Infusion mit Laptop arbeiten?". X ist die Frau vom Betriebsratsvorsitzenden.
Bis heute frage ich mich, wie die MS-Kollegin noch da ist, oder warum sie nicht direkt geklagt hat.
Januar war ich nochmals beim Chef und meinte so wie es aussieht, sehe ich mich wo anders um, Arbeitszeugnis bitte. Er lenkt ein, kündigt wieder Veränderungen an, stellt weitere Prämien und Schulungen meiner Wahl (extern) in den Raum. Tatsächlich hat er dann ein paar Tage später noch eine vierstündige Runde mit den Product Ownern angesetzt und die total vor mir, meiner MS-Kollegin und zwei anderen zusammengefaltet. So halb zumindest. Seitdem gings, dann versuchten die zumindest das Daily Business zu erledigen, statt sinnfrei zu telefonieren und zu surfen. Weiterhin wurde meine Kollegin, ich und ein weiterer Kollege zum "Product Owner" befördert, natürlich wieder nur befristet, allein der Titel ändert sich im Vertrag, sonst nichts, Aufgabenbeschreibung weiterhin extrem vage. Eine Kurzschulung ohne Zertifikat bekam ich auch noch, juhu.
Dachte da wäre mal was angekommen und hatte noch so halb Hoffnung.
Ende Februar setzte das Management aus dem Nichts einen Work Shop Freitags + Samstags an, zu dem "eingeladen" wurde. Gott war das eine Kackveranstaltung. Es wurden lange Themen intern gesammelt, von wegen was man den Vorstand fragen wolle. Irgendwann kam eine pissige Mail "weil keine Theman kamen, blabla, gezeichnet: Das enttäuschte Management". In der Woche mit den 75% Krankenstand. Weil der Vorstand die richtige Confluence-Seite nicht gefunden hat.
Das Thema war dann nicht die Fragen (10 DinA4 Seiten), sondern "Verantwortung". Gehalten hat das ein "Psychologe", der von nichts eine Ahnung hatte. Grundtenor war im Endeffekt: Wenn ihr eine Aufgabe versaut, dann schlitzt euch den Bauch auf, denn das ist die FDP-Verantwortung am Arbeitsplatz. Es kamen so großartige Analogien wie: "Ein Häftling des KZ Auschwitz sagte: <Ihr könnt mir meine Familie, meine Frau, meine Kinder nehmen, aber nicht den Willen zu leben>. So übernahm er die Verantwortung für sein Leben". In den Sätzen davor ging es darum, wer eine benutzte Kaffeetasse in der Küche aufzuräumen hat. Danach ging es darum, wie man auf eine Terminanfrage eingeht. Später hat er uns dann vorgestellt, dass man Leute direkt mit Versagen konfrontieren sollte, und hat in einem Rollenspiel seinen gegenüber 2 Minuten angestarrt, während sein Gesicht keine 10 cm von dem seinen weg war. Als ich ihn fragte, ob das eine Problemlösung sei, man müsse ja mit dem Kollegen noch arbeiten, sagte er: "Nein, nein, das nicht. Aber so vergisst er sein Versagen nicht". Eigentlich echt witzig, aber doch irgendwie im Kontext unpassend.
Abends hat sich dann "der Vorstand" (einer sagte ab, hat sich Spontanurlaub genommen, der zweite kam nicht weil Schnupfen [ich erfinde das nicht]) bei "einem Bier" zu Leuten gesetzt und jovial mit dem Pöbel unterhalten. Er war sternhagelvoll. Ich sprach irgendwann die Arbeitssituation an und dass wir mehr Leute brauchen: "Naja, die Leute sind für sich selbst verwantwortlich. Entweder man hält das aus, oder sie sollen halt kündigen". Ich fragte, warum wir nicht Zeitarbeiter übernehmen, teilweise waren da Master- und Bachelorabsolventen mit sehr guten Arbeitsleistungen: "Naja, in so Laberfächern, hätten sie halt mal was gutes studiert, finden sicher was, gibt ja auch so die Logistik und so". Als ich meinte wir bräuchten auch mal bessere Fortbildungen: "Wozu? Ihr seid doch nur Sachbearbeiter, die Leute steigen das eh nicht", als ich meinte das AGIL-Zeugs ist in einer Prozessabteilung fraglich: "Weil ihr das einfach noch nicht versteht, unsere Consulter schwören darauf". Irgendwann war mir klar, dass unser mangelhafter Vertrieb und viele von den Dingen einfach von oben runterkamen. Da ist mir innerlich der Hut geplatzt, bzw. eigtl. schon lang vorher. Es war schon ein unfassbar arroganter BWL-Justus. Die Krönung kam mehr oder weniger auf die Frage, was er an meiner Stelle tun würde, wenn ich dauernd nur mit "Befristung, aber Prämie" abgespeist werde: "ach, wenn du so sicher leben musst mit deinen 30 Jahren, dann geh halt". GG.
Samstag bin ich in den Raum, hab mich beim Seminarleiter abgemeldet und meine MS-Kollegin mitgenommen, da wir zusammen zum Workshop fuhren. Irgendwie wurde mir auf dem Weg zum Auto klar, man hätte sich evtl. beim Chef auch abmelden sollen. Also sind wir zurück, haben auf die Pause (in der Lobby) gewartet und uns dann abgemeldet - dachte das wäre noch das Eleganteste, man muss ja nicht in der großen Runde lauthals rausposauenen: "ich gehe, weil das ein Geschmarr ist". Chef war so milde angefuckt, hat aber auf enttäuschter Papa gemacht, er versteht es ja, ob was vorgefallen sei. Sagte ich ja, schilderte in paar Worten die Situation und ging, da ich mit der Sache sowieso abgeschlossen hatte.
Montag drauf hab ich ihm dann den Vertrag gegeben und bin seitdem mehr oder minder im Urlaub und feiere Überstunden ab. NATÜRLICH wurde mir gesagt, ich hätte das vorher sagen müssen, und Überstunden sind abzufeiern. Dummerweise hat er sich selbst im Dezember notiert, dass ich 90+ Überstunden hatte und die nicht abfeiern konnte, weil Aufträge. Nach einer milden Drohung mit "dann halt vor dem Arbeitsgericht, braucht man bei DER Lage nichtmal Anwalt für" ging es dann doch problemlos.
Zu der Situation Samstags betonte ich explizit, dass meine Kollegin recht chancenlos war: Wäre sie nicht mitgegangen, wäre sie in der DDR gestrandet geblieben. Außerdem wäre es ihre Idee gewesen uns nochmal abzumelden, sie hätte also eigentlich gut gehandelt. Konnte mir nicht verkneifen nochmals zu betonen, dass das Seminar a) für den Arsch war und b) auch keine Arbeitszeit, da uns niemals jemand gesagt hätte, es wäre eine - weder schriftlich noch mündlich.
Meine Kollegin war am selben Montag nach mir bei ihm und hat sich entschuldigt;C hef hat ihr nix weiter gesagt, außer dem fränkischen: "Passt schon, war aber eher uncool, aber verstehe warum du mit bist."
Man muss dazu sagen, dass ich mich schon ziemlich gut mit der MS-Kollegin verstehe und sie - laut eigenen Aussagen - "auch so mit wäre", sobald sie hörte, was am Abend so gelaufen ist.
Diesen Freitag war ich nochmal in der Arbeit. Chef hat die MS-Kollegin - drei Wochen nach Workshop und Aussprache - mit dem Gleichstellungsbeauftragen zu einem Termin eingeladen. Da hat er sie 90 Minuten fertig gemacht, was das Gehen für eine Nullnummer gewesen sei und sie habe ein Einstellungsproblem beim Thema Arbeiten. Jedesmal wenn sie was fragte oder einen Einwand bringen wollte kam der Totschläger: "ja, du reagierst schon wieder über". Tut sie im Alltag wirklich nicht.
Dass das Gespräch so ablief bezweifel ich nicht, v.a. da der stellv. Abteilungsleiter mir das nochmal bestätigte und sich selbst fragte, was die Farce sollte.
Das hat mich dann doch recht sauer gemacht. Hab ihr geraten krank zu machen und selbst den Totschläger auszupacken: Nochmal Termin, nur mit dem Gleichstellungsbeauftragten und alles zu erzählen. Über die "nimm Urlaub"-Geschichte, bis hin zu: fühle mich hier gemobbt. Sollte das nix bringen, würde ich mich so quer stellen, dass sie mich freiwillig kündigen und eine entsprechende Abfindung zahlen. Käme in der Abteilung nicht das erste Mal vor.
Weiß nicht, hätte gut Lust mal die ganzen Dinge (es sind nur Auszüge) der letzten Monate Richtung Betriebsrat zu schicken und hab den Drang dem Management noch irgendwas reinzudrücken, aufgrund ihres ethischen Umgangs mit dem Personal. Ich habe ja viel Verständnis für "harte Entscheidungen in wirtschaftlich schlechten Zeiten", aber irgendwo hört es sich auf. Aktuell lass ich erstmal den Frust verrauchen, v.a. da ich keine Ahnung habe, wessen Kopf am Ende rollen würde. So wie ich das Unternehmen kenne, wird sich nur durch einen internen Brief nichts ändern.

vornweg, ich bin mir nicht ganz sicher, was ich mir hiervon erhoffe, da diverse Themen berührt werden, habe mich daher eher für's LSZ entschieden, auch wenn es ins Comm passen könnte. In erster Linie wird's wohl meine Gedanken sortieren und Input ist gerne willkommen.
Aktuell "arbeite" ich in einer Tochter eines großen online-Händlers. Gewusst vage gehalten, da es teils um Internas geht und mir die rechtliche Lage unklar ist.
Anfangs war die Arbeit relativ genial, wenn man von dem eher mageren Lohn abgesehen hat; v.a. die Kollegen war extrem nett. Ich wurde als Quereinsteiger (aus dem öD kommend) pro Forma als Werbetexter oder so was angestellt, real hab ich interne Prozesse in der Datenverarbeitung optimiert, Dienstleistungen ausgebaut und teils Praktikanten betreut. Kompensiert wurde mein lächerliches Gehalt durch außertarifliche Prämien, sowie entsprechendem Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Aber halt befristet, wie üblich. Ich nahm es eben als Quereinstieg in einen großen Konzern, mit Möglichkeit mich weiterzubilden. Etwas weniger Geld als vorher war dabei okay.
Ende März letzten Jahres hat sich der Vorstand entschlossen unsere Abteilung AGIL zu machen, ignorierend, dass wir Prozesse und keine Projekte bearbeiten. Teamleiter (etwa Werbetexter, Content Management) wurden "Product Owner" und haben einfach gar nix mehr gemacht - keine Leute mehr auf Aufträge verteilt, aber auch irgendwie nicht Software und Dienstleistungen weiterentwickelt, bzw. mit Kunden in Kontakt getreten. Es war völlig Banane und wurde auch immer wieder kritisiert, v.a. da die Product Owner keinerlei technische Expertise jenseits von Wenn- und S-Verweisen in Excel besitzen (nichtmal Pivot oder sowas).
Hintergrund war, dass der Mutterkonzern die IT-Infrastruktur austauscht. Dabei sind unsere Hauptleistungen betroffen, da vieles beim Onboarding völlig entfallen würde, gleichzeitig war jedoch klar es würde andersartige Aufträge im Backend geben - nur welche war und ist unklar. Ergo stieg der Druck irgendwie Aufträge ranzukarren und Dienstleistungen zu flexiblisieren enorm. Und seitdem ging die Stimmung in der Abteilung auch runter.
Der Zusammenhalt ist immer noch relativ gut, nur sind die Product Owner am Austeilen von diversen Schlägen, weil sie völlig überfordert sind: Sie gehen nicht auf Messen, Konzernmeetings oder sonstwas, aber die fallenden Auftragszahlen werden dann den Bearbeitern angelastet (würdet ihr schneller arbeiten, dann... ) oder auf Technik geschoben (die Software ist scheiße, weil... ). Menschlich einfach Abfall, aus irgendwelchen Gründen reagiert der Chef da aber auch überhaupt nicht. Wir holten uns eher Aufträge, da ein paar technikversierte Kollegen sich auf Messen weiterbildeten und alte Partner ausquetschten. Die Auftragslage langt derzeit jedoch lange nicht, eventuell mehrere Monate alle Personen mit Arbeit zu versorgen.
Bis Sommer hab ich von den Spannunen wenig mitbekommen. Da irgendwie die Sub-Teams dutzende Excel-Listen pflegten und ich das sehr sinnfrei empfand, hab ich eine Access-Datenbank aufgesetzt, in der Tickets abgelegt und archiviert werden. Da sind Stückzahlen und abrechenbare Stunden erfasst, mehr nicht (entsprechenden Eintrag gibt's im Comm, da es ein Problem für mich wurde): Im Endeffekt sollte das Ding am Ende nur fertige Abrechnungen ausspucken. Ich sah damals kein Problem, da man nicht alle Zeiten dort erfassen musste und das ganze sowieso in ein internes Zeittool gebucht wurde - ob das jetzt aus n+1 .xlsx-Dateien manuell darein kommt, oder über Export aus der DB: wird schon rechtlich passen. Was mir unklar war: für manche Bearbeiter entspricht die gebuchte Zeit die komplette Arbeitszeit. Und das alte Zeittool erlaubte es den Teamleitern ("product ownern") die "Stundenzettel" der Mitarbeiter einzusehen, eine Migration auf Jira mit aggregierten und verschlüsselten, gesperrten Daten wurde erst November vollzogen.
Als ich mitbekam, dass die Exporte aus Access dann (im alten Zeittool ausgelagert) genutzt wurden um irgendwelche Produktivzeiten auf Personenebene auszuwerten, hab ich erst das Forentopic geöffnet und später den Abteilungsleiter damit konfrontiert. Das Auswerten hat sich dann durch Einwirken des Chefs auch sofort aufgehört und mir wurde erklärt, Jira käme ja sowieso bald, das alte Schema hat der Betriebsrat akzeptiert. War noch "okay", aber wirklich toll fand ich das nicht. Trotzdem nölten die Teamleiter dann noch rum, von wegen, sie wollen wieder Excel, dann sieht man ja die Sachen besser.
Um September wurde ich temporär bei unseren Textern "eingesetzt", um da diverse Softwaretools zu analysieren und ggf. weiterzuentwickeln / Aufträge zu finden. Die Dame, die mich einarbeitete, war eigtl. freundlich und gehörte zu denen, die tatsächlich reale Mehrarbeit abgeleistet haben. Irgendwie wurde aber schnell klar, dass die von der Teamleiterin ("Product Ownerin") wegen jedem Kack angemault wurde, obwohl sie nichtmal Fehler machte oder langsam war. Dazu muss man sagen, dass sie MS hat und ihre vorgesetzte alle fünf Minuten was anderes von ihr wollte. Am Ende hatte meine Kollegin dann den Eindruck, sie wäre vergesslich (da sie marginal verspätet Reportings einreichte) und hat entsprechend viele Arzttermine angesetzt, um ein Zeichen für Verschlechterung der Krankheit zu prüfen; real war sie einfach nur bombardiert und der Sündenbock, imo war das "Vergesslichsein" maximal nachvollziehbar und nicht der Rede wert.
Je länger ich in dem Team war, desto mehr Abgründe wurden offensichtlich: Andere Mitarbeiter wurden mit Aufgaben der "Product Owner" bombardiert, E-Mails von Sachbearbeitern um 3 Uhr Nachts mit Chef im CC waren die Regel (von einem Bearbeiter, der bereits einen Schlaganfall hatte und das auch abteilungsweit bekannt ist). Mich fragte dann die Product Ownerin, warum das Zeittool spackt, wenn Produktivitätszeiten von 10+ Stunden gebucht werden. Auch keine Reaktion vom Chef. Meanwhile: Ticketflut, weil der Konzern im Ausnahmezustand ist und befürchtet die Ablöse geht schief. Also wurde konsequent niemand eingestellt, oder mehr Zeitarbeiter geholt. September hatte unser Ältester einen Schlaganfall, zwei Wochen darauf hat eine Schwangere einen Abgang im 7. Monat; beide hatten so die stressvollsten Aufgaben. Möchte jetzt nicht sagen, dass das der alleinige Auslöser war, aber nachvollziehbar wäre es. Die Situation ist noch aktuell, Krankheitsstand bewegt sich seit Dezember bei mind. 40% bis Januar sogar mal für eine Woche 75%. Yeah. Natürlich wurde sich auch nicht um neue Aufträge gekümmert, da die "Product Owner" eigentlich mehr oder weniger nur Abrechnungen schrieben, oder mal auf einer Schlung "Fit fürs Flipchart" o.ä. waren.
Mein Vertrag läuft am 31.3 aus, weswegen ich Ende November mal beim Chef war, wegen Perspektiven und Verhandlungen. Irgendwie hab ich nicht verhandelt, sondern einfach mal losgekotzt, was ich so mitkriege: Arbeitszeiten werden nicht eingehalten, die "Product Owner" schieben scheiße ab und mobben aktiv, er soll langsam mal aktiv werden, außerdem herrscht Not tatsächlich mal mit den Kunden über potentielle neue Dienstleistungen zu reden. Große Betroffenheit, er wird was tun. LOL.
Chef setzte erstmal Termin mit MS-Kollegin und den Product Ownern an, spricht an, es gäbe ein "Kommunikationsproblem", sie sollen das jetzt klären. Dann steht er auf und verlässt den Raum in einer 2 vs. 1 Situation, schickt aber dafür seinen Controller rein, der überhaupt nicht wusste was los ist, aber eine Seite wählen sollte.
Zwei Tage später wird die MS-Kollegin von einer Personalerin mit Namen X zum Gespräch gerufen, sie habe jeden Monat einen Freitag "krank" eingetragen. Sie erklärt: Da kriegt sie eine Infusion. X fragt sie nonchalant: "kannste da nicht Urlaub einreichen oder bei der Infusion mit Laptop arbeiten?". X ist die Frau vom Betriebsratsvorsitzenden.
Bis heute frage ich mich, wie die MS-Kollegin noch da ist, oder warum sie nicht direkt geklagt hat.
Januar war ich nochmals beim Chef und meinte so wie es aussieht, sehe ich mich wo anders um, Arbeitszeugnis bitte. Er lenkt ein, kündigt wieder Veränderungen an, stellt weitere Prämien und Schulungen meiner Wahl (extern) in den Raum. Tatsächlich hat er dann ein paar Tage später noch eine vierstündige Runde mit den Product Ownern angesetzt und die total vor mir, meiner MS-Kollegin und zwei anderen zusammengefaltet. So halb zumindest. Seitdem gings, dann versuchten die zumindest das Daily Business zu erledigen, statt sinnfrei zu telefonieren und zu surfen. Weiterhin wurde meine Kollegin, ich und ein weiterer Kollege zum "Product Owner" befördert, natürlich wieder nur befristet, allein der Titel ändert sich im Vertrag, sonst nichts, Aufgabenbeschreibung weiterhin extrem vage. Eine Kurzschulung ohne Zertifikat bekam ich auch noch, juhu.
Dachte da wäre mal was angekommen und hatte noch so halb Hoffnung.
Ende Februar setzte das Management aus dem Nichts einen Work Shop Freitags + Samstags an, zu dem "eingeladen" wurde. Gott war das eine Kackveranstaltung. Es wurden lange Themen intern gesammelt, von wegen was man den Vorstand fragen wolle. Irgendwann kam eine pissige Mail "weil keine Theman kamen, blabla, gezeichnet: Das enttäuschte Management". In der Woche mit den 75% Krankenstand. Weil der Vorstand die richtige Confluence-Seite nicht gefunden hat.
Das Thema war dann nicht die Fragen (10 DinA4 Seiten), sondern "Verantwortung". Gehalten hat das ein "Psychologe", der von nichts eine Ahnung hatte. Grundtenor war im Endeffekt: Wenn ihr eine Aufgabe versaut, dann schlitzt euch den Bauch auf, denn das ist die FDP-Verantwortung am Arbeitsplatz. Es kamen so großartige Analogien wie: "Ein Häftling des KZ Auschwitz sagte: <Ihr könnt mir meine Familie, meine Frau, meine Kinder nehmen, aber nicht den Willen zu leben>. So übernahm er die Verantwortung für sein Leben". In den Sätzen davor ging es darum, wer eine benutzte Kaffeetasse in der Küche aufzuräumen hat. Danach ging es darum, wie man auf eine Terminanfrage eingeht. Später hat er uns dann vorgestellt, dass man Leute direkt mit Versagen konfrontieren sollte, und hat in einem Rollenspiel seinen gegenüber 2 Minuten angestarrt, während sein Gesicht keine 10 cm von dem seinen weg war. Als ich ihn fragte, ob das eine Problemlösung sei, man müsse ja mit dem Kollegen noch arbeiten, sagte er: "Nein, nein, das nicht. Aber so vergisst er sein Versagen nicht". Eigentlich echt witzig, aber doch irgendwie im Kontext unpassend.
Abends hat sich dann "der Vorstand" (einer sagte ab, hat sich Spontanurlaub genommen, der zweite kam nicht weil Schnupfen [ich erfinde das nicht]) bei "einem Bier" zu Leuten gesetzt und jovial mit dem Pöbel unterhalten. Er war sternhagelvoll. Ich sprach irgendwann die Arbeitssituation an und dass wir mehr Leute brauchen: "Naja, die Leute sind für sich selbst verwantwortlich. Entweder man hält das aus, oder sie sollen halt kündigen". Ich fragte, warum wir nicht Zeitarbeiter übernehmen, teilweise waren da Master- und Bachelorabsolventen mit sehr guten Arbeitsleistungen: "Naja, in so Laberfächern, hätten sie halt mal was gutes studiert, finden sicher was, gibt ja auch so die Logistik und so". Als ich meinte wir bräuchten auch mal bessere Fortbildungen: "Wozu? Ihr seid doch nur Sachbearbeiter, die Leute steigen das eh nicht", als ich meinte das AGIL-Zeugs ist in einer Prozessabteilung fraglich: "Weil ihr das einfach noch nicht versteht, unsere Consulter schwören darauf". Irgendwann war mir klar, dass unser mangelhafter Vertrieb und viele von den Dingen einfach von oben runterkamen. Da ist mir innerlich der Hut geplatzt, bzw. eigtl. schon lang vorher. Es war schon ein unfassbar arroganter BWL-Justus. Die Krönung kam mehr oder weniger auf die Frage, was er an meiner Stelle tun würde, wenn ich dauernd nur mit "Befristung, aber Prämie" abgespeist werde: "ach, wenn du so sicher leben musst mit deinen 30 Jahren, dann geh halt". GG.
Samstag bin ich in den Raum, hab mich beim Seminarleiter abgemeldet und meine MS-Kollegin mitgenommen, da wir zusammen zum Workshop fuhren. Irgendwie wurde mir auf dem Weg zum Auto klar, man hätte sich evtl. beim Chef auch abmelden sollen. Also sind wir zurück, haben auf die Pause (in der Lobby) gewartet und uns dann abgemeldet - dachte das wäre noch das Eleganteste, man muss ja nicht in der großen Runde lauthals rausposauenen: "ich gehe, weil das ein Geschmarr ist". Chef war so milde angefuckt, hat aber auf enttäuschter Papa gemacht, er versteht es ja, ob was vorgefallen sei. Sagte ich ja, schilderte in paar Worten die Situation und ging, da ich mit der Sache sowieso abgeschlossen hatte.
Montag drauf hab ich ihm dann den Vertrag gegeben und bin seitdem mehr oder minder im Urlaub und feiere Überstunden ab. NATÜRLICH wurde mir gesagt, ich hätte das vorher sagen müssen, und Überstunden sind abzufeiern. Dummerweise hat er sich selbst im Dezember notiert, dass ich 90+ Überstunden hatte und die nicht abfeiern konnte, weil Aufträge. Nach einer milden Drohung mit "dann halt vor dem Arbeitsgericht, braucht man bei DER Lage nichtmal Anwalt für" ging es dann doch problemlos.
Zu der Situation Samstags betonte ich explizit, dass meine Kollegin recht chancenlos war: Wäre sie nicht mitgegangen, wäre sie in der DDR gestrandet geblieben. Außerdem wäre es ihre Idee gewesen uns nochmal abzumelden, sie hätte also eigentlich gut gehandelt. Konnte mir nicht verkneifen nochmals zu betonen, dass das Seminar a) für den Arsch war und b) auch keine Arbeitszeit, da uns niemals jemand gesagt hätte, es wäre eine - weder schriftlich noch mündlich.
Meine Kollegin war am selben Montag nach mir bei ihm und hat sich entschuldigt;C hef hat ihr nix weiter gesagt, außer dem fränkischen: "Passt schon, war aber eher uncool, aber verstehe warum du mit bist."
Man muss dazu sagen, dass ich mich schon ziemlich gut mit der MS-Kollegin verstehe und sie - laut eigenen Aussagen - "auch so mit wäre", sobald sie hörte, was am Abend so gelaufen ist.
Diesen Freitag war ich nochmal in der Arbeit. Chef hat die MS-Kollegin - drei Wochen nach Workshop und Aussprache - mit dem Gleichstellungsbeauftragen zu einem Termin eingeladen. Da hat er sie 90 Minuten fertig gemacht, was das Gehen für eine Nullnummer gewesen sei und sie habe ein Einstellungsproblem beim Thema Arbeiten. Jedesmal wenn sie was fragte oder einen Einwand bringen wollte kam der Totschläger: "ja, du reagierst schon wieder über". Tut sie im Alltag wirklich nicht.
Dass das Gespräch so ablief bezweifel ich nicht, v.a. da der stellv. Abteilungsleiter mir das nochmal bestätigte und sich selbst fragte, was die Farce sollte.
Das hat mich dann doch recht sauer gemacht. Hab ihr geraten krank zu machen und selbst den Totschläger auszupacken: Nochmal Termin, nur mit dem Gleichstellungsbeauftragten und alles zu erzählen. Über die "nimm Urlaub"-Geschichte, bis hin zu: fühle mich hier gemobbt. Sollte das nix bringen, würde ich mich so quer stellen, dass sie mich freiwillig kündigen und eine entsprechende Abfindung zahlen. Käme in der Abteilung nicht das erste Mal vor.
Weiß nicht, hätte gut Lust mal die ganzen Dinge (es sind nur Auszüge) der letzten Monate Richtung Betriebsrat zu schicken und hab den Drang dem Management noch irgendwas reinzudrücken, aufgrund ihres ethischen Umgangs mit dem Personal. Ich habe ja viel Verständnis für "harte Entscheidungen in wirtschaftlich schlechten Zeiten", aber irgendwo hört es sich auf. Aktuell lass ich erstmal den Frust verrauchen, v.a. da ich keine Ahnung habe, wessen Kopf am Ende rollen würde. So wie ich das Unternehmen kenne, wird sich nur durch einen internen Brief nichts ändern.
Weil ihr es euch durchgelesen habt, gibt es Tierbilder als Entlohnung. 

