Was tun, wenns brennt?
Für denjenigen, der auf seiner Website aus irgendeinem Grund einen Kartenausschnitt unerlaubt verwendet und deswegen abgemahnt wird, geht es in erster Linie um Schadensbegrenzung. Sofern die Sache eindeutig und die Kostennote des Abmahners erschwinglich ist, wird man zahlen. Ansonsten ist es sinnvoll, einen Anwalt zu konsultieren. Wer dabei frohlockend die Karte seiner Rechtsschutzversicherung zückt, erlebt sehr wahrscheinlich eine unangenehme Überraschung: Die meisten Versicherer haben Leistungen für Urheberrechtsstreitigkeiten ausgeschlossen. Die Kosten für anwaltliche Beratung und Vertretung muss der Abgemahnte dann - zumindest zunächst - selbst tragen.
Der beauftragte Anwalt wird nicht nur überprüfen, ob die formalen Bedingungen einer ordnungsgemäßen Abmahnung erfüllt wird, sondern auch die beigefügte Unterlassungserklärung genauer anschauen: Diese ist oft sehr weitgehend und einseitig zu Lasten des Abgemahnten formuliert. Wenn tatsächlich eine Rechtsverletzung vorliegt, wird man die geforderte Erklärung gegebenenfalls in modifizierter Form abgeben.
Wenn die Rechtsverletzung in einen Zivilprozess mündet, kommt es mitunter auf Details an: Viele Kartenverlage, die per Abmahnung Urheberrechtsverletzungen verfolgen, geben an, die unberechtigt benutzten Kartenausschnitte besäßen bestimmte DIN-Größen. Angesichts der verschiedenen Monitorgrößen ist die DIN-Angabe allerdings völlig ungeeignet, die tatsächliche Größe eines digitalen Bildes zu belegen. Hier empfiehlt es sich, im Detail nachzuhaken, welche Breite und Länge in Bildpunkten der betreffende Stadtplanausschnitt tatsächlich gehabt haben soll. Auch Darstellungen des betroffenen Ausschnitts innerhalb von Grafikprogrammen, bei denen zu sehen ist, dass Breite und Länge manuell verstellt werden können, sind als Nachweis nicht ausreichend. Vielmehr muss ein datierter Screenshot der betreffenden Webseite mit dem enthaltenen Plan vorgelegt werden.
Auch wenn nicht der Website-Betreiber selbst, sondern ein Dritter - vielleicht ein Freund oder ein nachlässiger Hobby-Designer im Auftrag - den Plan auf die Webseite gestellt hat, kommt der gutgläubige Seitenkapitän nicht ungeschoren davon. Ihm kann aber in solchen Fällen regelmäßig nur ein schuldloser Eingriff in die Urheberrechte am Kartenmaterial vorgeworfen werden. Er muss dem Kartenanbieter lediglich den objektiven Verkehrswert des Erlangten im tatsächlich genutzten Umfang ersetzen [4].
Schließlich kann es empfehlenswert sein, auch gegen die Kosten der Abmahnung selbst vorzugehen. Der BGH hat in diesem Zusammenhang verschiedentlich entschieden [5], dass Anwaltsgebühren nicht erstattungsfähig sind, sofern die Einschaltung eines Anwaltes nicht erforderlich war.
Als erforderlich gilt sie dann, wenn die anwaltlichen Aufwendungen aus Sicht des Geschädigten nötig waren, damit er seine Rechte zweckentsprechend wahrnehmen konnte. Das wird bei der Verletzung von Urheberrechten allerdings regelmäßig angenommen - es sei denn, bestimmte Indizien wie etwa die "Einfachheit" der Fälle, die große Anzahl der Abmahnungen oder das im Vordergrund stehende Gebührenerzielungsinteresse des beauftragten Anwalts sprechen ausnahmsweise eindeutig gegen die Notwendigkeit.
Da der Streitwert bei einer unerlaubten Stadtplanverwendung selten mehr als 2500 Euro beträgt, die Fälle jedoch vergleichsweise arbeitsintensiv sind, bedeutet es nicht gerade ein Traummandat für einen Anwalt, einen wegen einer solchen Rechtsverletzung abgemahnten Website-Betreiber zu vertreten. Vielleicht ist das einer der Gründe dafür, dass zu Stadtplan-Abmahnungen trotz unzähliger Betroffener bisher lediglich erstinstanzliche Urteile veröffentlicht worden sind. Die Lust, Rechtsmittel einzulegen und den Rechtsstreit in die zweite Instanz zu tragen, scheint hier weder bei den Advokaten noch bei ihren Mandanten besonders ausgeprägt zu sein. (psz)
Der Autor arbeitet als Rechtsanwalt in Berlin (
www.k-fischer.com).
Literatur
[1] Zahlen laut gerichtlicher Auskunft vom 9. 8. 2006; dazu auch Thomas Nuthmann, Mit Recht ins Web, Jura-Crashkurs für Site-Betreiber, c't 21/06, S. 204, und Holger Bleich, Lücken im System, Warum der Abmahnungsmissbrauch in Deutschland floriert, c't 13/06, S. 146
[2] Urteile des BGH vom 28. 5. 1998 (Az. I ZR 81/91) und 2. 7. 1987 (Az. I ZR 232/ 85)
[3] Urteil des BGH vom 14. 3. 2000, Az. X ZR 115/98
[4] Wild in Schricker, Urheberrecht - Kommentar, 3. Aufl. 2006, § 97 Rn. 87
[5] Urteile des BGH vom 6. 5. 2004 (Az. I ZR 2/03) und 12. 4. 1984 (Az. I ZR 45/82)
[6] Ausführlich zur Abmahnung: Kai Mielke, Denn sie wissen nicht, was sie tun, Kleines Abmahn-Einmaleins für Website-Betreiber, c't 9/05, S. 82; zur Erstattung anwaltlicher Abmahnkosten: Jan Bernd Nordemann, WRP (Wettbewerb in Recht und Praxis) 2005, S. 184