Quint
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Ret hat vor einiger Zeit auf TL.net einen Blog darüber geschrieben, warum er nach seiner drei Jahre langen Pause sich so schnell wieder für die TSL qualifizieren konnte. Unter anderem schreibt er einige interessante Details zu TvZ, ZvT und PvZ, die euch evtl. auch interessieren könnten. Hier die Übersetzung:
Hallo Leute,
In diesem Blog schreibe ich ein wenig darüber, wie ich nach meiner drei Jahre langen Pause (2005-2008) wieder zu meinem alten Skill zurückfand.
Bevor ich 2005 aufhörte, war ich wohl einer der besseren nicht-koreanischen Spieler - bis ich mit Lineage 2 anfing, völlig süchtig danach wurde und Starcraft komplett aufgab, was zum Teil auch daran lag, dass es zu der Zeit kaum Turniere gab.
Nachdem ich Lineage über drei Jahre hinweg übermässig viel spielte, wurde es jedoch auch langweilig. Ich suchte nach einer anderen Herausforderung, in der ich völlig aufgehen konnte. Im Frühjar 2008 begann ich ab- und zu wieder mit Starcraft, um mit einigen alten Freunden wie Artosis, Skew und Nyoken zu spielen.
Als ich 2005 aufhörte, war der "H"-Trick (Mutastacking) völlig unbekannt - da meine Freunde fast alle Terraner waren, und ich fast nur ZvT spielte, war das eine große Sache. Ich war schockiert darüber, wie sehr sich das Spiel verändert hatte, und wie sehr Mutaliskenkontrolle ZvT beeinflusste. Überraschenderweise waren die ersten paar Wochen meiner Rückkehr viel einfacher, als einige der Monate davor.
Ich fing also wieder an zu spielen und zeigte mit der alten "drei Hatch Muta -> Schleicher zu Schwarmstock -> Nydus, Swarm, dritte Exe bunkern"-Strategie ziemlich gute Ergebnisse gegen die Terraner, gegen die ich spielte. Meine Mutaliskenkontrolle war schlecht, mein Macro aus den alten Tagen aber immernoch gut, was gegen die amerikanischen Terraner im Frühjahr 2008 genug war. Meine Ergebnisse waren mittelmässig, ich gewann mehr als ich verlor, aber es war so eine Art "Freestyling", und mein Macro trug mich durch die Spiele.
Das war der Punkt, an welchem ich "CleaR" aka iG.Clear kennenlernte, einen Koreaner, welcher es liebte mit Foreigners zu spielen, und der damals sehr hart für das Courage-Turnier trainierte (und definitiv den Skill dazu hatte, es jedoch unglücklicherweise nicht schaffte und schließlich seinen Traum aufgab). Dieser Typ schlug mich immer und immer wieder 3:0 und versuchte mir die unheimlich wichtigen Timings beizubringen, die alle Koreaner kannten, von denen die meisten Foreigners aber noch nie etwas gehört hatten. Er brachte mir bei, dass das eine-Minute Zeitfenster, nachdem die elf Mutas geschlüpft waren, fast der wichtigste Moment im ZvT war, denn man muss diese Zeit maximal ausnutzen, indem man viele Drohnen produziert und zum dritten Gas schickt, so dass es komplett gesättigt ist. Wenn ich den Terraner nur lange genug mit Mutas beschäftigen konnte, während ich Drohnen an meiner dritten Expansion pumpte, wäre ich für das Mittelspiel bestens gerüstet. Anstatt Blödsinn und ein bischen Macro zu machen, hatte ich nun tatsächlich einen klaren Plan gegen 1 Rax FE Terraner: Mach 12 Linge, um den Terraner in Schach zu halten, warte auf deine elf Mutas und beschäftige ihn, während du auf eine riesige Ökonomie und Schleicher hinarbeitest.
Mit der Zeit wurde meine Mutaliskenkontrolle besser, und ich wurde immer erfolgreicher darin, mir eine ideale Ausgangslage für das Mittelspiel zu schaffen. Ich fing an, meine Spiele gegen Terraner viel einfacher zu gewinnen als zuvor. CleaR brachte mir auch eine andere wichtige Regel bei, welche viele Zergspieler damals und sogar noch heute missachten:
Du kannst mit drei Geysiren nicht auf Ultralisken gehen. Maps wie Python waren damals in Mode, und Clear brachte mir bei, dass nachdem man seine dritte Expansion erfolgreich verteidigt und mit Drohnen gesättigt hatte, das nächste Ziel war gegen Panzer und Forschungsschiffe solange zu überleben, bis man Vergifter hatte.
Als nächstes sollte man dann seine Vergifter benutzen, um sich seinen vierten Geysir zu holen (für gewöhnlich die Natural von einer der Startpositionen, wo man via Nyduskanal Vergifter und Schleicher an die Front schicken konnte, mit Schwarm bunkerte und mit Terrors Landefrachter oder Forschungsschiffe vom Himmel holte, die diesem Plan entgegenwirken wollten).
Sobald dies erreicht war, und man von vier Geysiren Ultralisken produzieren konnte, war das Spiel für gewöhnlich schnell vorbei. Dies ist zu einem festen Plan in all meinen ZvTs mit drei Brutstätten geworden: Hol dir vier Geysire und versuch das Spiel mit Ultralisken zu beenden.
Später fing ich an, wichtige Kleinigkeiten hinzuzufügen, wie z.B. immer Blutbad und Defiler mit 250 Mana parat zu haben, Mutas und Blutbad als Konter gegen Forschungsschiffe einzusetzen oder einen Vergifter, vier Schleicher und ein paar Linge den Terraner kontern zu lassen, wenn er mich angriff usw. Das wichtigste im ZvT war mir nun aber klar. Ich schulde iG.Clear eine Menge dafür, dass er mir soviel beibrachte und mit mir so oft spielte. Für TvZ habe ich von ihm auch eine Menge gelernt. Während er mir ZvT beibrachte, erklärte er mir genau, was wichtig für den Terraner war. Hier ein kurzer Überblick:
Man eröffnet mit 1 Rax FE, produziert Marines, Medics und Firebats und versucht den Zerg dazu zu zwingen, Tiefenkolonien zu bauen. Wenn möglich, zwingt man ihn dazu, seine dritte Expansion abzubrechen. Danach wehrt man die Mutalisken ab und versucht, die dritte Expansion oder Natural des Zergs mit Marines&Medics einzurennen, bevor Schleicher da sind (wenn man mit vier Barracken spielt). Wenn man mit drei Barracken spielt, setzt man mit einem Push aus Panzern und Forschungsschiffen nach, welcher den Zerg genau dann treffen soll kurz bevor seine Vergifter fertig werden. Danach fängt man an, Minen und zwei Raumhäfen hinzuzufügen, und mit den Forschungsschiffen wichtige Vergifter zu bestrahlen und den Zerg daran zu hindern, seine vierte Expansion zu nehmen. Gleichzeitig benutzt man zwei Landefrachter, um die Zerg Hauptbasis zu nerven, indem man wichtige Gebäude wie den Schößling oder Vergifterhügel vernichtet. Dies gibt einem die Möglichkeit, die vierte Zergexpansion zu zerstören. Wenn man den Zerg auf drei Geysiren halten kann, kann man als Terra das Spiel nicht verlieren.
Ihr seht, dass wenn man ein Matchup mit beiden Rassen spielt, man die jeweiligen Ziele für beide Seiten besser versteht, was das Spielen gegen eine um einiges erleichtert. Ich hatte in beiden Matchups nun eine klare Idee, welcher ich folgen konnte; und das tat ich. Ich lernte, dass Terraner zu spielen eine Art Wettrennen war. Ein Rennen für die Anzahl an Einheiten, gegen die der Zerg schlicht nicht mehr ankam.
Ich fing an, Spiele mit nur einem einzigen Ziel im Kopf zu spielen:
"Produziere soviele Einheiten, wie es nur irgendwie möglich in Starcraft ist. Wenn man das schafft, hat der Zerg fast keine Möglichkeit, eine Armee aufzubauen, die dich aufhält bevor Vergifter da sind, ausser er hat perfekt gemicroed/gemacroed". Ich überprüfte ständig, ob ich ununterbrochen WBFs produzierte. Ich stellte WBFs über ALLES, nur damit ich im Mittelspiel mit meiner exponentiellen Ökonomie explodieren konnte.
Das führte dazu, dass ich viele Spiele gegen Zergling All-Ins verlor, aber die Größe meiner Armee im Mittelspiel war atemberaubend. Zergspieler sagten mir ständig, dass sie keine Chance hatten, das, was ich zu ihnen schickte abzuwehren, bevor ihre Vergifter da waren. Das einzige Ziel, das ich in jeden TvZ hatte war, ab zehn Minuten um Welten größer zu sein, als jeder andere Terraner. Nur dieses einzige einfache Konzept, und mit genug Übung meine Einheiten zum richtigen Zeitpunkt geschickt einzusetzen. Zergspieler fielen reihenweise vor mir.
Im Frühjahr 2008, während der TSL, verlor ich fast nie gegen nicht-koreanische Zergspieler, und es war bei weitem mein bestes Matchup. Nur weil ich das "Wettrennen" zu möglichst vielen Einheiten im Sinn hatte. Jeder Zerg ging schnell genug auf Schwarmstock, so dass er nicht gegen meinen getimten Angriff ankam, war aber gleichzeitig zu langsam, um rechtzeitig Vergifter zu haben. Ein wunderbarer Plan. Ich wurde auch durch ein Replay von Sea inspiriert, in welchem er im Wesentlichen den Zerg tun lies, was er wollte, er selbst aber wie der Teufel expandierte und Macro betrieb, und einfach nur seine Einheiten in der Mitte sammelte. Und er hatte immer genau die richtigen Einheiten die er brauchte, um den Zerg zu stoppen, nur indem er ein perfektes Macro hatte, und einen zweiten Raumhafen und Minen rechtzeitig seinem Spiel hinzufügte.
Ich lernte, dass solange man Einheiten pumpt, als wäre der Teufel hinter einem her, der Zerg nichts tun kann, wovor man Angst haben müsste. Wenn man keinen Fehler macht, hat man mehr als genug Forschungsschiffe wenn er Vergifter erreicht, und viel mehr Marines/Medics als notwendig.
Zu diesem Punkt war mein ZvT etwas über dem Durchschnitt (eigentlich nicht wirklich gut, denn ich kam nie dazu, meine Zergeinheitenkontrolle richtig zu perfektionieren und schaffte es manchmal immernoch nicht, gegen vier Barracken Buildorders die Marines/Medics hinreichend zu verzögern und davon abzuhalten, meine dritte Expansion zu vernichten), und mein TvZ war sehr gut für nicht-koreanische Verhältnisse.
Ich hatte das Gefühl, dass die meisten Foreigner, mit Ausnahme der Elite, immernoch einfach so herumspielten, ein wenig die Koreaner kopierten aber nicht wirklich das Spiel verstanden. Dank diesen beiden Matchups qualifizierte ich mich für die TSL nach einer Pause von drei Jahren ziemlich einfach. Zur selben Zeit spielte ich fast nie gegen Protoss, und ich hatte niemanden, mit dem ich über das Matchup reden konnte.
Ich hatte absolut keine Ahnung, und immer, wenn ich gegen Protoss spielte, tat ich im Grunde genommen genau das, was jeder andere 0815 Zerg tat: Vier Brutstätten, Schleicher+Zerglinge, versuchen zu expandieren und mit Macro gewinnen. Das führte jedoch zu viel mehr Niederlagen als Siege gegen gute Spieler, und in Media gab es keinen Protoss, mit dem man spielen konnte, weswegen ich keine Möglichkeit hatte besser zu werden. Es störte mich aber nicht zu sehr, denn ich verlor nicht allzuoft.
Aber da machte ich einen Fehler. Der einzige Grund, warum ich nicht zu oft verlor, war, weil ich fast nie gegen Protoss spielte! Und ich war so fasziniert von dem wunderbaren ZvT/TvZ Matchup, dass ich das einfach völlig ignorierte.
Dann traf mich die TSL Top 16, und Nony überrannte mich. Ich erinnere mich, dass ich absolut keine Ahnung hatte was ich tat, ausser "Halt durch, versuch zu überleben, bald ist der Schwarmstock fertig und dann kannst du vielleicht mit diesen supertollen Cracklingen und Ultralisken etwas reißen!!!".
Unglücklicherweise funktionierte das nicht, und ich flog unsanft aus dem Turnier.
Nach der TSL entschloss ich mich dazu, ZvP zu lernen. Tatsächlich war dies jedoch sehr schwierig. Ich hatte immer noch keine Protoss-Trainingspartner, und ich hatte immernoch keine Ahnung von dem Matchup. Dies führte schließlich dazu, dass ich frustriert abermals mit Starcraft aufhörte, diesmal von Mai bis Dezember 2008 (die WCG fand in diesem Zeitraum statt). Dann, als ich von meiner kurzlebigen Pokerkarriere gelangweilt war, sah ich an einem regnerischen Montagabend die Begegnung zwischen SKT1 und Oz, bei welcher Jaedong mit Fantasy und Bisu den Boden wischte, und zwar so eindrucksvoll, dass es mir kalt den Rücken hinunterlief. Und der Wunsch, Starcraft zu spielen war wieder da.
Während ich mir das Match zwischen Bisu und Jaedong auf Destination wieder und wieder ansah, wurde es mir klar:
WIE GEWINNT MAN Z V P?!
Man wechselt auf Mutas! Man produziert Mutalisken, um alle Hohentempler zu töten, und deine Hydralisken zermalmen diese hilflose Protosseinheiten!
Ich fing wieder an zu spielen und erfreute mich meiner neugefundenen ZvP "Strategien", welche so aussahen: Drei Brutstätten Schößling zu fünf Brutstätten Hydralisken. Dabei wechselte ich mal früher, mal später auf Mutalisken und spielte manchmal auch nur eine Kombination von Hydralisken und Schleichern. Ich hatte nun sehr viel Vertrauen in mich selbst bezüglich diesem Matchup, denn ich konnte einfach nachsehen, wie die Protossarmee zusammengestellt war und wusste genau, wie ich sie kontern konnte.
Mein TvZ war für nicht-koreanische Verhältnisse immer noch gut, und mein ZvT war OK, aber ich hörte auf, mich wirklich für diese Matchups zu interessieren. Mein Fokus lag hauptsächlich auf ZvP. Ich hatte viele Höhen und Tiefen, aber ich fühlte mich immer so, als ob ich etwas dazulernte und liebte Starcraft wieder.
Seit Januar 2009 spielte ich ununterbrochen, und mein Fortschritt und besseres Verstehen meiner drei Matchups fing an, sich in Resultate umzuschlagen. Ich fing an, jedes Wochenende Clanwars für ToT zu gewinnen und kletterte die Rangliste auf gosugamers hinauf. Ich übte immer weiter und war nicht darüber frustriert, wenn ich nicht verstand, warum ich verlor. Anstelle dessen analysierte und verbesserte mich, versuchte, meine Fehler auszumerzen. Momentan denke ich, dass ZvP mit Abstand mein bestes Matchup ist. Und ich verdanke das alles dem Bisu vs Jaedong Spiel auf Destination.Ich habe das Gefühl, dass es nichts gibt, was Protoss tun und ich nicht kontern kann.
Ich danke dir:
LEE JAE DONG!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Natürlich habe ich immernoch viele Fehler. Und ich habe nicht die atemberaubende Einheitenkontrolle, die Progamer oder selbst B-Spieler haben. Jedoch ist das Gefühl, genau zu wissen, warum man verloren hat, großartig. Es ist viel einfacher damit umzugehen, als einfach nur keine Ahnung zu haben, wieso man verloren hat (was ab- und zu immernoch passiert, wenn ich gegen Progamer spiele). Aber ich liebe es wirklich, Starcraft zu spielen. Was schließlich dazu führte, dass ich die Dreamhack gewann, nach Schweden reiste und in Deutschland bei der DBBW-Lan teilnahm.
Und viele großartige Spiele in Starcraft gespielt habe. Möge dies für eine lange Zeit so weitergehen! Und auch in Starcraft 2, wenn es sein muss.
<3 Starcraft.
p.s: Sorry für das unbeabsichtigte Prahlen in diesem Blog.
p.p.s: Ich würde jedem raten, sich Jaedong vs Iris mit Untertiteln auf Python anzusehen, Koreanische Kommentatoren wissen unheimlich viel über das Spiel.
p.p.p.s: Ich habe eine Menge wichtiger Nuancen für jedes Matchup ausgelassen, aber das ist alles, was mir nach 24h ohne Schlaf und Langeweile einfällt.
Ich will keinen super detaililerten Strategieguide schreiben :P
Hallo Leute,
In diesem Blog schreibe ich ein wenig darüber, wie ich nach meiner drei Jahre langen Pause (2005-2008) wieder zu meinem alten Skill zurückfand.
Bevor ich 2005 aufhörte, war ich wohl einer der besseren nicht-koreanischen Spieler - bis ich mit Lineage 2 anfing, völlig süchtig danach wurde und Starcraft komplett aufgab, was zum Teil auch daran lag, dass es zu der Zeit kaum Turniere gab.
Nachdem ich Lineage über drei Jahre hinweg übermässig viel spielte, wurde es jedoch auch langweilig. Ich suchte nach einer anderen Herausforderung, in der ich völlig aufgehen konnte. Im Frühjar 2008 begann ich ab- und zu wieder mit Starcraft, um mit einigen alten Freunden wie Artosis, Skew und Nyoken zu spielen.
Als ich 2005 aufhörte, war der "H"-Trick (Mutastacking) völlig unbekannt - da meine Freunde fast alle Terraner waren, und ich fast nur ZvT spielte, war das eine große Sache. Ich war schockiert darüber, wie sehr sich das Spiel verändert hatte, und wie sehr Mutaliskenkontrolle ZvT beeinflusste. Überraschenderweise waren die ersten paar Wochen meiner Rückkehr viel einfacher, als einige der Monate davor.
Ich fing also wieder an zu spielen und zeigte mit der alten "drei Hatch Muta -> Schleicher zu Schwarmstock -> Nydus, Swarm, dritte Exe bunkern"-Strategie ziemlich gute Ergebnisse gegen die Terraner, gegen die ich spielte. Meine Mutaliskenkontrolle war schlecht, mein Macro aus den alten Tagen aber immernoch gut, was gegen die amerikanischen Terraner im Frühjahr 2008 genug war. Meine Ergebnisse waren mittelmässig, ich gewann mehr als ich verlor, aber es war so eine Art "Freestyling", und mein Macro trug mich durch die Spiele.
Das war der Punkt, an welchem ich "CleaR" aka iG.Clear kennenlernte, einen Koreaner, welcher es liebte mit Foreigners zu spielen, und der damals sehr hart für das Courage-Turnier trainierte (und definitiv den Skill dazu hatte, es jedoch unglücklicherweise nicht schaffte und schließlich seinen Traum aufgab). Dieser Typ schlug mich immer und immer wieder 3:0 und versuchte mir die unheimlich wichtigen Timings beizubringen, die alle Koreaner kannten, von denen die meisten Foreigners aber noch nie etwas gehört hatten. Er brachte mir bei, dass das eine-Minute Zeitfenster, nachdem die elf Mutas geschlüpft waren, fast der wichtigste Moment im ZvT war, denn man muss diese Zeit maximal ausnutzen, indem man viele Drohnen produziert und zum dritten Gas schickt, so dass es komplett gesättigt ist. Wenn ich den Terraner nur lange genug mit Mutas beschäftigen konnte, während ich Drohnen an meiner dritten Expansion pumpte, wäre ich für das Mittelspiel bestens gerüstet. Anstatt Blödsinn und ein bischen Macro zu machen, hatte ich nun tatsächlich einen klaren Plan gegen 1 Rax FE Terraner: Mach 12 Linge, um den Terraner in Schach zu halten, warte auf deine elf Mutas und beschäftige ihn, während du auf eine riesige Ökonomie und Schleicher hinarbeitest.
Mit der Zeit wurde meine Mutaliskenkontrolle besser, und ich wurde immer erfolgreicher darin, mir eine ideale Ausgangslage für das Mittelspiel zu schaffen. Ich fing an, meine Spiele gegen Terraner viel einfacher zu gewinnen als zuvor. CleaR brachte mir auch eine andere wichtige Regel bei, welche viele Zergspieler damals und sogar noch heute missachten:
Du kannst mit drei Geysiren nicht auf Ultralisken gehen. Maps wie Python waren damals in Mode, und Clear brachte mir bei, dass nachdem man seine dritte Expansion erfolgreich verteidigt und mit Drohnen gesättigt hatte, das nächste Ziel war gegen Panzer und Forschungsschiffe solange zu überleben, bis man Vergifter hatte.
Als nächstes sollte man dann seine Vergifter benutzen, um sich seinen vierten Geysir zu holen (für gewöhnlich die Natural von einer der Startpositionen, wo man via Nyduskanal Vergifter und Schleicher an die Front schicken konnte, mit Schwarm bunkerte und mit Terrors Landefrachter oder Forschungsschiffe vom Himmel holte, die diesem Plan entgegenwirken wollten).
Sobald dies erreicht war, und man von vier Geysiren Ultralisken produzieren konnte, war das Spiel für gewöhnlich schnell vorbei. Dies ist zu einem festen Plan in all meinen ZvTs mit drei Brutstätten geworden: Hol dir vier Geysire und versuch das Spiel mit Ultralisken zu beenden.
Später fing ich an, wichtige Kleinigkeiten hinzuzufügen, wie z.B. immer Blutbad und Defiler mit 250 Mana parat zu haben, Mutas und Blutbad als Konter gegen Forschungsschiffe einzusetzen oder einen Vergifter, vier Schleicher und ein paar Linge den Terraner kontern zu lassen, wenn er mich angriff usw. Das wichtigste im ZvT war mir nun aber klar. Ich schulde iG.Clear eine Menge dafür, dass er mir soviel beibrachte und mit mir so oft spielte. Für TvZ habe ich von ihm auch eine Menge gelernt. Während er mir ZvT beibrachte, erklärte er mir genau, was wichtig für den Terraner war. Hier ein kurzer Überblick:
Man eröffnet mit 1 Rax FE, produziert Marines, Medics und Firebats und versucht den Zerg dazu zu zwingen, Tiefenkolonien zu bauen. Wenn möglich, zwingt man ihn dazu, seine dritte Expansion abzubrechen. Danach wehrt man die Mutalisken ab und versucht, die dritte Expansion oder Natural des Zergs mit Marines&Medics einzurennen, bevor Schleicher da sind (wenn man mit vier Barracken spielt). Wenn man mit drei Barracken spielt, setzt man mit einem Push aus Panzern und Forschungsschiffen nach, welcher den Zerg genau dann treffen soll kurz bevor seine Vergifter fertig werden. Danach fängt man an, Minen und zwei Raumhäfen hinzuzufügen, und mit den Forschungsschiffen wichtige Vergifter zu bestrahlen und den Zerg daran zu hindern, seine vierte Expansion zu nehmen. Gleichzeitig benutzt man zwei Landefrachter, um die Zerg Hauptbasis zu nerven, indem man wichtige Gebäude wie den Schößling oder Vergifterhügel vernichtet. Dies gibt einem die Möglichkeit, die vierte Zergexpansion zu zerstören. Wenn man den Zerg auf drei Geysiren halten kann, kann man als Terra das Spiel nicht verlieren.
Ihr seht, dass wenn man ein Matchup mit beiden Rassen spielt, man die jeweiligen Ziele für beide Seiten besser versteht, was das Spielen gegen eine um einiges erleichtert. Ich hatte in beiden Matchups nun eine klare Idee, welcher ich folgen konnte; und das tat ich. Ich lernte, dass Terraner zu spielen eine Art Wettrennen war. Ein Rennen für die Anzahl an Einheiten, gegen die der Zerg schlicht nicht mehr ankam.
Ich fing an, Spiele mit nur einem einzigen Ziel im Kopf zu spielen:
"Produziere soviele Einheiten, wie es nur irgendwie möglich in Starcraft ist. Wenn man das schafft, hat der Zerg fast keine Möglichkeit, eine Armee aufzubauen, die dich aufhält bevor Vergifter da sind, ausser er hat perfekt gemicroed/gemacroed". Ich überprüfte ständig, ob ich ununterbrochen WBFs produzierte. Ich stellte WBFs über ALLES, nur damit ich im Mittelspiel mit meiner exponentiellen Ökonomie explodieren konnte.
Das führte dazu, dass ich viele Spiele gegen Zergling All-Ins verlor, aber die Größe meiner Armee im Mittelspiel war atemberaubend. Zergspieler sagten mir ständig, dass sie keine Chance hatten, das, was ich zu ihnen schickte abzuwehren, bevor ihre Vergifter da waren. Das einzige Ziel, das ich in jeden TvZ hatte war, ab zehn Minuten um Welten größer zu sein, als jeder andere Terraner. Nur dieses einzige einfache Konzept, und mit genug Übung meine Einheiten zum richtigen Zeitpunkt geschickt einzusetzen. Zergspieler fielen reihenweise vor mir.
Im Frühjahr 2008, während der TSL, verlor ich fast nie gegen nicht-koreanische Zergspieler, und es war bei weitem mein bestes Matchup. Nur weil ich das "Wettrennen" zu möglichst vielen Einheiten im Sinn hatte. Jeder Zerg ging schnell genug auf Schwarmstock, so dass er nicht gegen meinen getimten Angriff ankam, war aber gleichzeitig zu langsam, um rechtzeitig Vergifter zu haben. Ein wunderbarer Plan. Ich wurde auch durch ein Replay von Sea inspiriert, in welchem er im Wesentlichen den Zerg tun lies, was er wollte, er selbst aber wie der Teufel expandierte und Macro betrieb, und einfach nur seine Einheiten in der Mitte sammelte. Und er hatte immer genau die richtigen Einheiten die er brauchte, um den Zerg zu stoppen, nur indem er ein perfektes Macro hatte, und einen zweiten Raumhafen und Minen rechtzeitig seinem Spiel hinzufügte.
Ich lernte, dass solange man Einheiten pumpt, als wäre der Teufel hinter einem her, der Zerg nichts tun kann, wovor man Angst haben müsste. Wenn man keinen Fehler macht, hat man mehr als genug Forschungsschiffe wenn er Vergifter erreicht, und viel mehr Marines/Medics als notwendig.
Zu diesem Punkt war mein ZvT etwas über dem Durchschnitt (eigentlich nicht wirklich gut, denn ich kam nie dazu, meine Zergeinheitenkontrolle richtig zu perfektionieren und schaffte es manchmal immernoch nicht, gegen vier Barracken Buildorders die Marines/Medics hinreichend zu verzögern und davon abzuhalten, meine dritte Expansion zu vernichten), und mein TvZ war sehr gut für nicht-koreanische Verhältnisse.
Ich hatte das Gefühl, dass die meisten Foreigner, mit Ausnahme der Elite, immernoch einfach so herumspielten, ein wenig die Koreaner kopierten aber nicht wirklich das Spiel verstanden. Dank diesen beiden Matchups qualifizierte ich mich für die TSL nach einer Pause von drei Jahren ziemlich einfach. Zur selben Zeit spielte ich fast nie gegen Protoss, und ich hatte niemanden, mit dem ich über das Matchup reden konnte.
Ich hatte absolut keine Ahnung, und immer, wenn ich gegen Protoss spielte, tat ich im Grunde genommen genau das, was jeder andere 0815 Zerg tat: Vier Brutstätten, Schleicher+Zerglinge, versuchen zu expandieren und mit Macro gewinnen. Das führte jedoch zu viel mehr Niederlagen als Siege gegen gute Spieler, und in Media gab es keinen Protoss, mit dem man spielen konnte, weswegen ich keine Möglichkeit hatte besser zu werden. Es störte mich aber nicht zu sehr, denn ich verlor nicht allzuoft.
Aber da machte ich einen Fehler. Der einzige Grund, warum ich nicht zu oft verlor, war, weil ich fast nie gegen Protoss spielte! Und ich war so fasziniert von dem wunderbaren ZvT/TvZ Matchup, dass ich das einfach völlig ignorierte.
Dann traf mich die TSL Top 16, und Nony überrannte mich. Ich erinnere mich, dass ich absolut keine Ahnung hatte was ich tat, ausser "Halt durch, versuch zu überleben, bald ist der Schwarmstock fertig und dann kannst du vielleicht mit diesen supertollen Cracklingen und Ultralisken etwas reißen!!!".
Unglücklicherweise funktionierte das nicht, und ich flog unsanft aus dem Turnier.
Nach der TSL entschloss ich mich dazu, ZvP zu lernen. Tatsächlich war dies jedoch sehr schwierig. Ich hatte immer noch keine Protoss-Trainingspartner, und ich hatte immernoch keine Ahnung von dem Matchup. Dies führte schließlich dazu, dass ich frustriert abermals mit Starcraft aufhörte, diesmal von Mai bis Dezember 2008 (die WCG fand in diesem Zeitraum statt). Dann, als ich von meiner kurzlebigen Pokerkarriere gelangweilt war, sah ich an einem regnerischen Montagabend die Begegnung zwischen SKT1 und Oz, bei welcher Jaedong mit Fantasy und Bisu den Boden wischte, und zwar so eindrucksvoll, dass es mir kalt den Rücken hinunterlief. Und der Wunsch, Starcraft zu spielen war wieder da.
Während ich mir das Match zwischen Bisu und Jaedong auf Destination wieder und wieder ansah, wurde es mir klar:
WIE GEWINNT MAN Z V P?!
Man wechselt auf Mutas! Man produziert Mutalisken, um alle Hohentempler zu töten, und deine Hydralisken zermalmen diese hilflose Protosseinheiten!
Ich fing wieder an zu spielen und erfreute mich meiner neugefundenen ZvP "Strategien", welche so aussahen: Drei Brutstätten Schößling zu fünf Brutstätten Hydralisken. Dabei wechselte ich mal früher, mal später auf Mutalisken und spielte manchmal auch nur eine Kombination von Hydralisken und Schleichern. Ich hatte nun sehr viel Vertrauen in mich selbst bezüglich diesem Matchup, denn ich konnte einfach nachsehen, wie die Protossarmee zusammengestellt war und wusste genau, wie ich sie kontern konnte.
Mein TvZ war für nicht-koreanische Verhältnisse immer noch gut, und mein ZvT war OK, aber ich hörte auf, mich wirklich für diese Matchups zu interessieren. Mein Fokus lag hauptsächlich auf ZvP. Ich hatte viele Höhen und Tiefen, aber ich fühlte mich immer so, als ob ich etwas dazulernte und liebte Starcraft wieder.
Seit Januar 2009 spielte ich ununterbrochen, und mein Fortschritt und besseres Verstehen meiner drei Matchups fing an, sich in Resultate umzuschlagen. Ich fing an, jedes Wochenende Clanwars für ToT zu gewinnen und kletterte die Rangliste auf gosugamers hinauf. Ich übte immer weiter und war nicht darüber frustriert, wenn ich nicht verstand, warum ich verlor. Anstelle dessen analysierte und verbesserte mich, versuchte, meine Fehler auszumerzen. Momentan denke ich, dass ZvP mit Abstand mein bestes Matchup ist. Und ich verdanke das alles dem Bisu vs Jaedong Spiel auf Destination.Ich habe das Gefühl, dass es nichts gibt, was Protoss tun und ich nicht kontern kann.
Ich danke dir:
LEE JAE DONG!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Natürlich habe ich immernoch viele Fehler. Und ich habe nicht die atemberaubende Einheitenkontrolle, die Progamer oder selbst B-Spieler haben. Jedoch ist das Gefühl, genau zu wissen, warum man verloren hat, großartig. Es ist viel einfacher damit umzugehen, als einfach nur keine Ahnung zu haben, wieso man verloren hat (was ab- und zu immernoch passiert, wenn ich gegen Progamer spiele). Aber ich liebe es wirklich, Starcraft zu spielen. Was schließlich dazu führte, dass ich die Dreamhack gewann, nach Schweden reiste und in Deutschland bei der DBBW-Lan teilnahm.
Und viele großartige Spiele in Starcraft gespielt habe. Möge dies für eine lange Zeit so weitergehen! Und auch in Starcraft 2, wenn es sein muss.
<3 Starcraft.
p.s: Sorry für das unbeabsichtigte Prahlen in diesem Blog.
p.p.s: Ich würde jedem raten, sich Jaedong vs Iris mit Untertiteln auf Python anzusehen, Koreanische Kommentatoren wissen unheimlich viel über das Spiel.
p.p.p.s: Ich habe eine Menge wichtiger Nuancen für jedes Matchup ausgelassen, aber das ist alles, was mir nach 24h ohne Schlaf und Langeweile einfällt.
Ich will keinen super detaililerten Strategieguide schreiben :P