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Hi,
ich weiß, dass grad kein Contest ist, aber ich bin halt kreativ wenn es mich gerade so überfällt. Aus einer kleinen spontanen Idee hab ich mal einen kleinen Prosatext geschrieben. Bitte nicht über die kleinen Witzchen verblenden lassen: Der Text ist durchaus ernst gemeint.
Von mir vorgelesen:
http://nachtrokker.iplanet.at/über_die_seele_meiner_uhr.mp3
Über die Seele meiner Uhr
Es ist 12:13. Ungefähr. Bei diesen Uhren ohne Ziffernblatt weiß man das ja nie so genau.
Ich sitze am Frühstückstisch und draußen regnets. Der Tag war bisher, bis auf das im Bett hin- und herkullern, eher, positiv ausgedrückt, suboptimal passiv genutzt.
Ich betrachte die Uhr. Inzwischen ist es wahrscheinlich schon 12:14, dabei wollte ich den Tag doch sinnvoll nutzen. Während ich meinen Earl Grey trinke zeige ich der Uhr aus grauenhafter Boshaftigkeit den Mittelfinger. Die Uhr zeigt sich abweisend unbeeindruckt.
Manchmal schaffe ich es den Zug zur Uni genau so zu verpassen, dass ich noch neben ihm herlaufen kann, während er abfährt. Mit meiner erhobenen Hand auf die Uhr blickend überkommt mich ein ganz ähnliches Gefühl.
Aber ich möchte nicht immer so pessimistisch sein, vielleicht kann die Uhr ja auch garnicht anders. Vielleicht ist für sie das sekundenweise ticken wie für mich das pausenlose Atmen. Vielleicht kann die Uhr ja auch nicht einschlafen, wenn ich neben ihr atme. Wenn jemand ankommen würde und mir wegen meines Atmens den Mittelfinger zeigen würde, ich glaube ich würde dreisterweise auch einfach weiteratmen.
Ich beiße mein Toast in eine schön rechteckige Form. Manchmal überkommen mich so Ästhetikanfälle beim Essen. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass meine Uhr eine Seele hat und mich mit ihrem rumgeticke einfach nur nerven möchte? Wie Wahrscheinlich ist es, dass sie mir aus lauter glühendem Hass jede Sekunde meine Vergänglichkeit so erbarmungslos vor Augen führen muss.
Genausohoch wie die Wahrscheinlichkeit, dass meine Gitarre eine eigene Seele hat oder mein linker Strumpf oder der hässliche, alte Duschvorhang, wessen beste Jahre auch tendenziell in der Vergangenheit liegen oder Jesus von Nazarett oder Gustaf von Nebenan.
Faktoren, welche in solche Rechnungen einfließen, könnte man zumindest modelhaft bestimmen. Ohne dessen Größe bestimmen zu können, bringt einem das für die Frage, ob ich Mobbingopfer meiner Uhr bin, wenig. Es liegt also durchaus im Bereich des Möglichen oder anders ausgedrückt: es ist eine glaubensfrage.
Es ist 12 Uhr irgendwas. Ich schwöre mir, dass die nächste Uhr ein Ziffernblatt haben wird.
Aufgrund der Tatsache, dass unsere Nachbarn freie Sicht in unsere Küche genießen, sollte ich, damit dieser vollendete Genuß erhalten bleibt, so langsam hinaus aus meinem Schlafanzug und hinein in das, was ich tagsüber so trage - sozusagen mein Taganzug. Dann sähe es wenigstens so aus als wäre ich wach. In Gedenken dessen und durchaus toastbrotgesättigt räume ich mein Geschirr in die Spüle und kurz bevor ich die Küche verlasse drehe ich mich geplant spontan noch einmal um. Mein Blick richtet sich in ernster Miene auf meinen Peiniger. "Alles klar, heute hast du gewonnen, Arschloch".
ich weiß, dass grad kein Contest ist, aber ich bin halt kreativ wenn es mich gerade so überfällt. Aus einer kleinen spontanen Idee hab ich mal einen kleinen Prosatext geschrieben. Bitte nicht über die kleinen Witzchen verblenden lassen: Der Text ist durchaus ernst gemeint.
Von mir vorgelesen:
http://nachtrokker.iplanet.at/über_die_seele_meiner_uhr.mp3
Über die Seele meiner Uhr
Es ist 12:13. Ungefähr. Bei diesen Uhren ohne Ziffernblatt weiß man das ja nie so genau.
Ich sitze am Frühstückstisch und draußen regnets. Der Tag war bisher, bis auf das im Bett hin- und herkullern, eher, positiv ausgedrückt, suboptimal passiv genutzt.
Ich betrachte die Uhr. Inzwischen ist es wahrscheinlich schon 12:14, dabei wollte ich den Tag doch sinnvoll nutzen. Während ich meinen Earl Grey trinke zeige ich der Uhr aus grauenhafter Boshaftigkeit den Mittelfinger. Die Uhr zeigt sich abweisend unbeeindruckt.
Manchmal schaffe ich es den Zug zur Uni genau so zu verpassen, dass ich noch neben ihm herlaufen kann, während er abfährt. Mit meiner erhobenen Hand auf die Uhr blickend überkommt mich ein ganz ähnliches Gefühl.
Aber ich möchte nicht immer so pessimistisch sein, vielleicht kann die Uhr ja auch garnicht anders. Vielleicht ist für sie das sekundenweise ticken wie für mich das pausenlose Atmen. Vielleicht kann die Uhr ja auch nicht einschlafen, wenn ich neben ihr atme. Wenn jemand ankommen würde und mir wegen meines Atmens den Mittelfinger zeigen würde, ich glaube ich würde dreisterweise auch einfach weiteratmen.
Ich beiße mein Toast in eine schön rechteckige Form. Manchmal überkommen mich so Ästhetikanfälle beim Essen. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass meine Uhr eine Seele hat und mich mit ihrem rumgeticke einfach nur nerven möchte? Wie Wahrscheinlich ist es, dass sie mir aus lauter glühendem Hass jede Sekunde meine Vergänglichkeit so erbarmungslos vor Augen führen muss.
Genausohoch wie die Wahrscheinlichkeit, dass meine Gitarre eine eigene Seele hat oder mein linker Strumpf oder der hässliche, alte Duschvorhang, wessen beste Jahre auch tendenziell in der Vergangenheit liegen oder Jesus von Nazarett oder Gustaf von Nebenan.
Faktoren, welche in solche Rechnungen einfließen, könnte man zumindest modelhaft bestimmen. Ohne dessen Größe bestimmen zu können, bringt einem das für die Frage, ob ich Mobbingopfer meiner Uhr bin, wenig. Es liegt also durchaus im Bereich des Möglichen oder anders ausgedrückt: es ist eine glaubensfrage.
Es ist 12 Uhr irgendwas. Ich schwöre mir, dass die nächste Uhr ein Ziffernblatt haben wird.
Aufgrund der Tatsache, dass unsere Nachbarn freie Sicht in unsere Küche genießen, sollte ich, damit dieser vollendete Genuß erhalten bleibt, so langsam hinaus aus meinem Schlafanzug und hinein in das, was ich tagsüber so trage - sozusagen mein Taganzug. Dann sähe es wenigstens so aus als wäre ich wach. In Gedenken dessen und durchaus toastbrotgesättigt räume ich mein Geschirr in die Spüle und kurz bevor ich die Küche verlasse drehe ich mich geplant spontan noch einmal um. Mein Blick richtet sich in ernster Miene auf meinen Peiniger. "Alles klar, heute hast du gewonnen, Arschloch".