Öffentlich Rechtliche - wie richtig aufsetzen?

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Ich glaube wir sind uns hier größtenteils einig, dass die aktuelle Struktur der ÖRs ziemlich bescheiden ist. Insb. die GEZ-Finanzierung wird berechtigt kritisiert und auch die Programmstruktur inkl. massiver Geldverschwendung ist ziemlich peinlich.

Aber wie würde man so etwas vernünftig aufsetzen? Wie würde "euer" ÖR aussehen?

Ich mache mal den Anfang:
Prinzipiell sehen wir, dass die privaten Sender die Sache mit der Unterhaltung gut können. Unterhaltung bringt Quoten bringt Geld, hier muss also der ÖR nicht nachhelfen.
Wir sehen aber auch, dass die privaten Sender so Dinge wie Nachrichten und Wissenschaft absolut überhaupt nicht können. Die Bildungssparte bringt kaum Quoten, ist aber für uns als Gesellschaft durchaus relevant. Hier könnte man ansetzen und einen Förderauftrag für die ÖR sehen.

Das bedeutet dann auch ganz direkt: Exakt 0 Unterhaltung, 100% Bildung. Verbot von Fokus auf Quoten oder ähnliches, die ÖR haben sich vollständig auf ihren Bildungsauftrag zu konzentrieren. Quasi Schule für Erwachsene. Damit ist auch Fußball und Musikantenstadl weg.

Der Weg, über den aktuell Programme bereitgestellt werden, ist veraltet. Anstatt Fernsehsendungen zu produzieren würde ich den neuen, modernen ÖR beauftragen, Medieninhalte zu produzieren.
Diese Medieninhalte müssen hochwertig sein und einen Bildungsauftrag erfüllen, d.h. entweder politische Bildung (neutrale, gut recherchierte Nachrichten) oder wissenschaftliche Bildung (in direkter Kooperation mit den Universitäten, von Populärwissenschaft bis zu Vorträgen über Fachthemen - ja, auch die Quantenphysik würde einen Platz in "meinem" ÖR haben). Schwerpunkt sollte dabei natürlich auf Fakten und nicht auf Ideologien liegen, auch wenn dies praktisch wohl nicht ganz so einfach umzusetzen ist. Da eine enge Zusammenarbeit mit den Universitäten angestrebt wird könnte man es über diese Kopplung versuchen, d.h. die Universitäten würde eine teilweise Kontrolle über die Inhalte haben. Natürlich müssen aber auch genug "einfache" Themen für die Masse angesprochen werden - wie gesagt, Schule für Erwachsene, von einfach bis schwer alles dabei.

Fokus liegt damit nicht wie aktuell auf der Ausstrahlung von Medieninhalten sondern auf der Produktion. Der komplette Auftrag der ÖR ist die reine Produktion dieser Inhalte, nichts anderes. Die lieben Menschen die dort arbeiten wären den ganzen Tag damit beschäftigt, so gute Inhalte wie auch nur irgendwie möglich zu produzieren und bereitzustellen, um ein möglichst gutes Bild über den aktuellen Stand der Welt sowie der Wissenschaft zu liefern.

Videomaterial hat grundsätzlich auf deutsch vertont zu sein, keine andere Sprache. Zudem sind allerdings Untertitel in allen relevanten Sprachen, d.h. alle westeuropäischen, aber auch welche aus dem asiatischen und arabischen Raum, anzufertigen.
Tonmaterial gibt es ebenfalls nur auf deutsch, mit Transkript in allen relevanten Sprachen verpflichtend.
Schriftmaterial (sollte allerdings selten sein) entweder nur auf deutsch oder gleich in allen relevanten Sprachen.

Ziel ist es, gute Inhalte zu schaffen, die auch international anerkannt werden können. Dass das Tonmaterial nur auf deutsch bereitgestellt wird verbreitet die deutsche Sprache und stellt die Herkunft unmissverständlich klar. Untertitel sorgen für Verständlichkeit. Da es sich um Bildungsmaterial handelt ist es nicht zu viel verlangt, Untertitel zu lesen. So wird im Ausland auch die Assoziation des Deutschen mit der Wissenschaftlichkeit gefördert, das ist nur gut für uns.

Für die Ausstrahlung/Bereitstellung würde ich eine eigene kleine Einheit bilden, die nichts anderes zu tun hat, als diese bereits produzierten Inhalte zu veröffentlichen. Der primäre Kanal hierbei ist das Internet, d.h. alles, was die ÖR-Produktion herausgebracht hat, wird über eine Website kostenlos und werbefrei veröffentlicht. Zudem gibt es Fernseh- und Radiostationen die keine andere Aufgabe haben, als das erstellte Ton- und Videomaterial (und absolut nichts anderes, nur dieses, keine Werbung, keine Zukäufe, nur das vom ÖR erstellte Material) auszustrahlen. Diese Ausstrahlungseinheiten sollen nur die Verteilung der Medieninhalte übernehmen (mit primärem Fokus auf Internet, allerdings auch TV, Radio, whatever). Dafür wird wahrscheinlich ein deutschlandweiter Radiosender sowie ein Fernsehkanal ausreichen, wird mehr gutes Material produziert dann natürlich auch gerne mehr Sender/Kanäle.

Beide Einheiten, sowohl Medienproduktion als auch Verteilung, kosten nur Geld und generieren keine Einnahmen. Sie sind steuerfinanziert und haben keinerlei Gewinnerzielungsabsicht. Sie sollen nur hochwertige Inhalte produzieren und verteilen, werbefrei und ohne damit Geld machen zu wollen. Fokus ist der Medieninhalt und nicht die Einschaltquote. Insbesondere deshalb ist auch die Produktion der Inhalte komplett (strukturell, organisatorisch) von der Verteilung entkoppelt.

Damit werden hochwertige, informative Medieninhalte für die ganze Menschheit produziert und bereitgestellt, die unser Ansehen in der Welt stärken, unsere Bevölkerung bilden und all denen, die sich einfach etwas weiterentwickeln möchten, die entsprechenden Möglichkeiten gegeben. Egal ob es der Handwerker ist, der sich das Video aus der Materialwissenschaft ansieht oder der Schüler, der einfach tiefer in die Kunstgeschichte einsteigen möchte als es sein Lehrer gerade vermitteln kann - beide würden vernünftig aufbereitete, verständliche Sendungen auf der ÖR-Website finden können, mit einem stetig wachsenden Pool an Informationen.

Was haltet ihr davon? Wie würden eure "perfekten" ÖR aussehen?
 
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Ich glaube es ja kaum, dass ich das sage, aber im großen und ganzen kann ich megavolts Idee zustimmen :|
 

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Ich habe nicht alles von MV gelesen, aber im Groben stelle ich mir den ÖR so vor:

- 3 Sender
- einer mit Nachrichten
- einer mit "Wissenschafts"sendungen (z.B. Knoff-Hoff-Show)
- einer für Kinder bis 12 Jahre (altersgerechte Sendungen)
- kein Kauf von Sportlizenzen (Fussball und Co)
- Teilnahme an Sportgroßevents (Olympia, WM) nur mit einer Minimalbesatzung und nicht mit >400 Reportern
- jährliches Budgetreporting an eine unabhängige Kommission (frei von Politikern und Vetternwirtschaft)
(- Einnahme der ÖR Gebühren über eine ÖR Steuer, die sich (wie fast alle Steuern) an das jeweilige Einkommen anpassen)
 
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Ich glaube es ja kaum, dass ich das sage, aber im großen und ganzen kann ich megavolts Idee zustimmen :|

#2

Mit drei oder vier Sendern, die sich schwerpunktmäßig (Politik, Wissenschaft&Technik, Geschichte o.ä.) aus den im Pool befindlichen Inhalten bedienen, ließen sich auch ohne Internetplattform insbesondere ältere Menschen erreichen, die noch eine alte Röhre haben mit dem Neuland nichts anfangen können. Mit einer gescheiten Mediathek wirds dann erst richtig geil.
 
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Die ÖR dürfen imho durchaus auch Unterhalten, sie sollen das aber anders tun als die Privaten und nicht einfach deren Shows kopieren.
Bei den deutschen ÖR könnte man imho sehr einfach sparen. Einfach die ganzen Regionalsender streichen.

ARD/ZDF als ganzes find ich gar nicht schlecht... Klar, vieles geht total an mir vorbei aber so generell heben die sich wenigstens von den Privaten ab (im Gegensatz zu bsp. ORF) und können auch mal Sendungen im Programm behalten die sich durch Qualität statt Quote auszeichnen ;).

Die angesprochenen Bildungs u.s.w. Sender gibt's ja schon.. Oder was ist ZDFInfo u.s.w.?
 
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Wie gesagt ich finde nicht, dass man ZDF ersetzen oder Grundlegend verändern muss, klar kann man am Programm diverses bemängeln/drehen aber Grundlegend werden halt auch viele Sachen gezeigt die bei den privaten kein/kaum Platz haben.


Gings nach den privaten würd der deutsche Humor bei Mario Barth und Co. aufhören, Unterhaltung wäre Djungelcamp, Bachelor und ab und an ne US-Serie. "Bildung" nennt sich Galileo Mystery.... Nein, da hab ich gern öffentliche wie Sie, vom Konzept her, jetzt sind.
 
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Was mir gerade noch eingefallen ist: es darf keine politische Instanz in dem System geben, die Einfluss auf Personalentscheidungen oder Sendungsinhalte ausüben kann. Irgendeine Kontrollinstanz muss natürlich sein, wie die aussehen könnte und wie sie sich zusammensetzt, weiß ich gerade nicht genau.
 

Moranthir

GröBaZ
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Ich finde MVs Idee auf den ersten Blick ganz gut, habe aber eine Frage zu diesem Abschnitt:
Videomaterial hat grundsätzlich auf deutsch vertont zu sein, keine andere Sprache. Zudem sind allerdings Untertitel in allen relevanten Sprachen, d.h. alle westeuropäischen, aber auch welche aus dem asiatischen und arabischen Raum, anzufertigen.
Tonmaterial gibt es ebenfalls nur auf deutsch, mit Transkript in allen relevanten Sprachen verpflichtend.
Schriftmaterial (sollte allerdings selten sein) entweder nur auf deutsch oder gleich in allen relevanten Sprachen.

Ziel ist es, gute Inhalte zu schaffen, die auch international anerkannt werden können. Dass das Tonmaterial nur auf deutsch bereitgestellt wird verbreitet die deutsche Sprache und stellt die Herkunft unmissverständlich klar. Untertitel sorgen für Verständlichkeit. Da es sich um Bildungsmaterial handelt ist es nicht zu viel verlangt, Untertitel zu lesen. So wird im Ausland auch die Assoziation des Deutschen mit der Wissenschaftlichkeit gefördert, das ist nur gut für uns.

Willst du, dass das Material im ausländischen Fernsehen dann OmU ausgestrahlt wird, oder soll das auch für Ausländer OmU im Internet verfügbar sein?

Im ersten Fall fände ich die mangelnde Übersetzung seltsam, im zweiten Fall ganz gut.

Ich sehe prinzipiell nicht so den Bedarf nach einer Assoziation der deutschen Sprache mit der Wissenschaftlichkeit. Das hatten wir zwar zwischen den Kriegen mal (als Physiker wirst du beim Gedanken von Deutsch als Wissenschaftssprache vielleicht nostalgisch), aber ich weiß nicht, was es heute bewirken soll.

Ansonsten habe ich auch wenig Lust die ganzen Scheißformate von den Zwangsgebühren mitzufinanzieren. Konkret frage ich mich, ob Satire in deinem Modell unter Bildung einzuordnen wäre, oder ebenfalls fliegen soll. Im Privatfernsehen gibt es dafür ja anscheinend nicht wirklich einen Platz und ich fände es (trotz stark schwankender Qualität) schade, wenn die (deutsche) Satire ganz von den Bildschirmen verschwinden würde.
 

cReAtiVee

SC2-Turniersieger 2019
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Ich finde auch MVs Grundgedanken schon sehr gut und so hatte ich mir dies auch angedacht. Allerdings geht bei MV der Auftrag auch Minderheiten zu bedienen völlig flöten. Man muss bei all den Informationen, auch gewährleisten, dass Minderheiten-Fernsehen produziert wird und das muss dann meinetwegen auch kein indirektes Bildungsfernsehen sein. Wie genau das aussehen soll und was man alles als Minderheit anzusehen hat, die ein Anrecht auf eine "Minderheiten"-Sendung hat, wäre sicherlich schwerer auszuarbeiten. Dennoch sollte es einen Platz dafür geben. Generell sehe ich das größte Problem darin, dass die ÖR darauf ausgelegt sind Profit zu machen und genau deswegen im Prinzip den gleichen Scheiß wie die Privaten senden. Vor allem wie kann man sich als unabhängiger Senderverein betiteln, wenn man Werbung schaltet? Das verstehe ich bis heute nicht.
 
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Gelöschtes Mitglied 683020

Guest
Größtenteils hört es sich gut an, paar Punkte würde ich allerdings von MV aufgreifen wollen.

Hauptmedium Internet hört sich ganz toll an, dabei vergisst man allerdings das Alter der Zielpersonen und generell den Ausbau in Deutschland. Selbst wenn man Internet haben sollte, heißt das also, dass es nicht unbedingt benutzt werden kann, oder dass es schnell genug vor Ort ist. Daher wird man also um die Hauptsender via TV nicht herumkommen. Ob es dann noch regionale Programme geben muss kann man sich streiten. Kosten werden sie sowieso wenig, und solange sie noch regionales _Nachrichtenprogramm_ ausstrahlen sind sie nicht grundsätzlich dumm.


Was Bildung angeht kann man leider viel zu weit greifen. Den primären Nutzen sehe ich weniger beim Bildungsauftrag mit "Erziehung" (so liest sich MV), primär bei Bildung mit "Nachrichten". Gerade mit dem Blick auf Amerika finde ich eine neutrale Quelle unendlich wichtig. Wirkliche Neutralität wird es allerdings nie geben, aber das ist halb so schlimm, tatsächlich ist der Ist-Zustand eigentlich völlig in Ordnung.

Wenn es um Bildung im MVschen Sinne geht, dann sollte man sich stark überlegen, was man genau haben möchte. Dokumentationen sind toll, aber welche? Tier/Geschichts/Kunstdokus gehören dazu, nicht alles muss einen MINT-Schwerpunkt haben. Was ist mit Sendungen zu wirtschaftlicher Information, Aufklärung über Themen wie Mietrecht usw.? Fehlen mir etwas. Fände ich tatsächlich wichtiger, "richtige" wissenschaftliche Bildung wird man einseitig über das TV/Netz auch kaum schaffen. Dafür gibt es dann Hochschulen, Vortragsreihen und, so schrecklich wenig es bringt, auch die VHS.

Unterhaltung darf imo auch sein, wobei man da auf die Verteilung achten sollte. Ich habe nix gegen 2-3 Stunden Sport pro Woche, in Form von Zusammenfassungen ohne massige Lizenzbudgets. Hinzu kommt Kabarett, eben weil siehe waahs Posting. Insgesamt allerdings im Rahmen - Unterhaltung darf vma. 25% der Sendezeit EINES Senders betragen.

Was die Sprache angeht: Deutsch primär, gerne. Aber warum nicht zweiten Audio-Kanal mit Englisch? Rein vom Erziehungsaspekt könnte das viel mehr bringen. Vma. auch gekoppelt an Unterhaltung, so lernt man richtiges Hören deutlich besser.

Was mir wirklich wichtig wäre, wäre die komplette Werbefreiheit der Kanäle. Ich finds immer wieder anmaßend zu sehen, wie und welche Konzerne in der Prime Time senden. Kurz vor den Rentnerprogrammen gibt es eigentlich nur Pharma - kann nicht sein. Die dürfen sich gerne auf den Privaten austoben.

Was die Zahlung angeht können wir gerne die GEZ behalten, allerdings halt mit deutlich weniger Budget.
 

Tür

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MVs Ideen klingen im ersten Augenblick nett, gehen aber voll an der Realität vorbei.
Ein paar Ideen von mir:

Meine Wunsch-ÖR wären steuerfinanziert. Allerdings ist das rechtlich nicht möglich, und das auch aus gutem Grund: Dann hätte der Bundestag als Haushalter direkten Einfluss auf die Finanzierung. Und politische Kontrolle soll es streng genommen drüber nicht gehen. Dass im Rundfunkrat dann doch wieder die Politik sitzt ist ärgerlich. Irgend ein Kontrollmedium muss es aber geben. Die Finanzierung sollte, wenn sie schon nicht über Steuern geht dann doch aber bitte gestaffelt oder progressiv. Eine nette Idee wäre es das über Lizenzgebühren für die Privaten zu finanzieren, aber das scheitert sicher auch an Sachen wie wer die Höhe festlegt.

Der Fokus ist auch meiner Meinung nach zu Unterhaltungsbasiert, allerdings muss man dagegen nicht gleich das ganze Senderkonzept verwerfen sondern kann nachsteuern. Reine Infokanäle wären und sind de facto fast zuschauerfreier Raum. Wer die Unterhaltung auf RTL2 guckt schaltet auch für deren "News" nicht um. Nachrichtensendungen wie Tagesschau/Tagesthemen müssen in ein Unterhaltungsprogramm eingebettet sein um eine breite Masse zu erreichen. Die Qualität und Kontrolle sehe ich jetzt nicht als dramatisch an, auch da kann man aber gerne über Kontrollgremien nachdenken.

Zum Spartenprogramm: Ein ÖR kann und sollte auch Nischen besetzen, da diese sicherlich im Markt nicht immer realisiert werden können und evtl. auch diese der breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen. Da hat sich in den letzten 20 Jahren erhebliches getan was die Produktions- und Vertriebskosten und -Wege angeht, aber das sollte immer noch Inhalt sein.

Zur Distribution: Wenn dann bitte zweigleisig fahren. Eine reine Internetplattform würde weite Teile der Bevölkerung ausschließen, was nicht Sinn von ÖR sein darf.
 

Benrath

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Was mir gerade noch eingefallen ist: es darf keine politische Instanz in dem System geben, die Einfluss auf Personalentscheidungen oder Sendungsinhalte ausüben kann. Irgendeine Kontrollinstanz muss natürlich sein, wie die aussehen könnte und wie sie sich zusammensetzt, weiß ich gerade nicht genau.

Omg da ist das letztes auch privat hatte, mit der angeblich übereinflussnahme der Politik. Welche Kontrollinstanz soll es denn sonst geben? Politiker werden gewählt und besetzen dann in etwa paritötisch plus noch paar andere Leute das Kontrollgremium. Das ist dann die indirekte demokratische Kontrolle.

Da Tür es auch wieder schreibt, wieso dürfen keine Politiker in den Kontrollgremiem sitzen, dafür wählen wir sie doch (ab)
 
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Ich greif einfach mal ein paar Punkte auf aus meiner Sicht.

Unterhaltung: Ein wenig Unterhaltung darf ja sicher auch mit drin sein, aber das kann man dann ja anteilsmäßg an Sendezeit und/oder Kosten koppeln. Das meiste könnte man ja ausgliedern. Dann gibt es den Zwangs-ÖR mit primär Bildung etc für ein paar € und dann kann man halt obendrauf für 10€/Monat oder so den Unterhaltungs-"ÖR" freiwillig dazubuchen, damit der Rentner weiter seinen Musikantenstadl und/oder jeden Abend 3 Krimis gucken kann. Weiß halt nicht warum alle Unterhaltung bezahlen soll, die eh nur für Teile der Bevölkerung ist.

Regionalsender: Man kann ja zu festen Zeiten Sendungen regional bzw "kommunal" einstreuen. Da läuft dann halt aus dem lokalen Bereich was. Aber 85% des Tages James Bonds wiederholen u.ä. muss halt nicht zwanghaft bezahlt werden.

Nischen: Deckt das Internet ja zum Glück mittlerweile recht gut ab, die ÖR haben das ja derb aus den Augen verloren. Könnte man zwar durchaus wieder aufnehmen, bin mir aber nicht sicher ob das Not tut.

Ganz wichtig wäre mir vor allem, dass man aufhört sich so albern gegenseitig Konkurrenz zu machen, wo die jeweils immer ein Team von ARD und eins von ZDF hinschicken :doh:
 
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Ich bin Schwerbehindert und habe ein Merkzeichen "RF" in meinem Schwerbehindertenausweis. Zu Zeiten der GEZ hieß das "Du musst nicht zahlen".
Jetzt heißt es angeblich ich bräuchte nur ein Teilgebühr von einem Drittel des normalen Satzes bezahlen. Blöderweise bin ich aber nicht verheiratet und nicht schwul sondern lebe einfach nur mit meiner Freundin zusammen.
Das Resultat: Wir zahlen den vollen Satz. Ja, ich fühle mich mal wieder total fair behandelt.

Sorry leicht OT aber das wollte wohl mal raus :|
 
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Gings nach den privaten würd der deutsche Humor bei Mario Barth und Co. aufhören, Unterhaltung wäre Djungelcamp, Bachelor und ab und an ne US-Serie. "Bildung" nennt sich Galileo Mystery.... Nein, da hab ich gern öffentliche wie Sie, vom Konzept her, jetzt sind.

So etwas wie politische Satire könnte man weit gefasst auch noch unter dem Bildungsauftrag verstehen. Immerhin ist der direkt Bezug zur Tagespolitik vorhanden.
Die ÖR komplett für Unterhaltung zu öffnen finde ich dagegen recht gefährlich, da das die Geldverschwendung wieder ermöglicht. Unterhaltung mit Steuergeldern zu bezahlen ist einfach falsch.
Gegen einen freiwillig zubuchbaren Sender, der Unterhaltung bietet, quasi als PayTV, hätte ich aber natürlich nichts einzuwenden.

Willst du, dass das Material im ausländischen Fernsehen dann OmU ausgestrahlt wird, oder soll das auch für Ausländer OmU im Internet verfügbar sein?

Im ersten Fall fände ich die mangelnde Übersetzung seltsam, im zweiten Fall ganz gut.

Ich sehe prinzipiell nicht so den Bedarf nach einer Assoziation der deutschen Sprache mit der Wissenschaftlichkeit. Das hatten wir zwar zwischen den Kriegen mal (als Physiker wirst du beim Gedanken von Deutsch als Wissenschaftssprache vielleicht nostalgisch), aber ich weiß nicht, was es heute bewirken soll.

Ich würde das Material frei zur Verfügung stellen wollen, ohne Beschränkungen. Wenn ein ausländischer Sender es toll findet und ausstrahlen möchte dann soll er das tun dürfen, irgendwie erzwingen würde ich es aber nicht wollen. Gleichermaßen darf der ausländische Sender es natürlich auch neu vertonen wenn er das Geld und die Zeit investieren möchte - aber Steuergelder würde ich dafür nicht auswenden, das soll dann schon bitte derjenige machen, der mit deutsche Sprache und Untertitel nicht zufrieden ist.
Ansonsten steht es für die ganze Welt mit Untertitel im Netz.

Bei der Sprache geht es im Wesentlichen um die Nutzung der "Propagandawirkung". Es ist ja ein Bildungssender und damit nicht wirklich "Wissenschaft". Deutsch wird (leider ;) ) nicht die Sprache der Wissenschaft werden aber falls die Programme international halbwegs beliebt werden (ist BBC ja z.B. auch) könnte man es immerhin nutzen, um quasi nebenbei das Verständnis der deutschen Sprache zu fördern. Die deutsche Sprache ist toll und es wäre einfach zu schade, diese Gelegenheit ungenutzt zu lassen. Wer weiß, wenn diese ÖR super erfolgreich werden versteht ein Franzose evtl. bald ein paar deutsche Sätze ;)

Außerdem wird das Material ja von deutschen Steuergeldern bezahlt und diese sollten nicht verschwendet werden. Zielgruppe ist die deutsche Bevölkerung, also muss alles auf Deutsch sein. Das ist gesetzt. Untertitel sind günstig genug dass ich kein Problem hätte, diese zusätzlich zu erstellen, eine komplett neue Vertonung dagegen wäre nicht mehr verhältnismäßig.

Allerdings geht bei MV der Auftrag auch Minderheiten zu bedienen völlig flöten.

Was ist denn "Minderheitenfernsehen"? Minderheiten haben doch genauso ein Interesse an sachlichen und möglichst objektiven Informationen wie die Mehrheit. Wieso sollte ich diese irgendwie anders bedienen müssen? Politik und Bildung ist universal.
Anders sieht es bei der Unterhaltung aus aber hier gibt es doch bereits mehr als genug private Nischensender und das Internet, wodurch alle Interessen abgedeckt werden.

Hauptmedium Internet hört sich ganz toll an, dabei vergisst man allerdings das Alter der Zielpersonen und generell den Ausbau in Deutschland. Selbst wenn man Internet haben sollte, heißt das also, dass es nicht unbedingt benutzt werden kann, oder dass es schnell genug vor Ort ist. Daher wird man also um die Hauptsender via TV nicht herumkommen. Ob es dann noch regionale Programme geben muss kann man sich streiten. Kosten werden sie sowieso wenig, und solange sie noch regionales _Nachrichtenprogramm_ ausstrahlen sind sie nicht grundsätzlich dumm.

Mit "Hauptmedium Internet" meinte ich im Wesentlichen, dass absolut alles im Internet frei verfügbar landet. Produziert werden sollte ebenfalls mit diesem Hintergedanken, d.h. nicht primär mit dem 1-Stunden-Programm des TV sondern eben mit der freien Veröffentlichung im Internet als Leitfaden.
Natürlich kann (und sollte) dieses Programm dann über so viele Kanäle wie möglich verbreitet werden, wozu auch TV und Radio gehören. Das dürfen bundesweite, aber auch regionale oder internationale Programme sein, was auch immer für den Inhalt sinnvoll ist.
Wichtig wäre mir allerdings, dass der Inhalt selbst im Mittelpunkt steht und dann der Verteilungsweg für diesen Inhalt gefunden wird. Heutzutage ist es ja eher andersrum, man hat einen Verteilungsweg (den TV-Kanal) und versucht "irgendwie", diesen mit Inhalt zu füllen.

Was Bildung angeht kann man leider viel zu weit greifen. Den primären Nutzen sehe ich weniger beim Bildungsauftrag mit "Erziehung" (so liest sich MV), primär bei Bildung mit "Nachrichten". Gerade mit dem Blick auf Amerika finde ich eine neutrale Quelle unendlich wichtig. Wirkliche Neutralität wird es allerdings nie geben, aber das ist halb so schlimm, tatsächlich ist der Ist-Zustand eigentlich völlig in Ordnung.

Wenn es um Bildung im MVschen Sinne geht, dann sollte man sich stark überlegen, was man genau haben möchte. Dokumentationen sind toll, aber welche? Tier/Geschichts/Kunstdokus gehören dazu, nicht alles muss einen MINT-Schwerpunkt haben. Was ist mit Sendungen zu wirtschaftlicher Information, Aufklärung über Themen wie Mietrecht usw.? Fehlen mir etwas. Fände ich tatsächlich wichtiger, "richtige" wissenschaftliche Bildung wird man einseitig über das TV/Netz auch kaum schaffen. Dafür gibt es dann Hochschulen, Vortragsreihen und, so schrecklich wenig es bringt, auch die VHS.

Stimmt, für "richtige" wissenschaftliche Bildung wären die ÖR nichts, dafür haben wir ja die Universitäten. Dennoch kann man populärwissenschaftlich wichtige Aspekte der Bevölkerung näher bringen. Es kann eine Bildungssendung über anschauliche Aspekte der Quantenphysik geben. Es kann eine Bildungssendung über Kunst und Tiere geben. Das sollte sicherlich keinen MINT-Schwerpuntk haben sondern alle Themen, die prinzipiell an einer Universität abgedeckt werden, beinhalten. Dabei ginge es dann primär um die verständliche Darstellung den Teil der Bevölkerung, der wahrscheinlich nie eine Universtität von innen sehen wird.

Das würde ich dann parallel zu Nachrichten etc. sehen. Beides kann sich auch sehr gut ergänzen, gerade Geschichte und aktuelle Nachrichten passen gut zusammen. Oder auch Nachrichten zur aktuellen Überwachungsdebatte und eine Bildungssendung aus der Informatik über die Techniken, Möglichkeiten, Gefahren und Probleme.
 
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Gerade keine Zeit alles zu lesen. Grundsätzlich stimme ich dem Eingangspost zu.

Aber zu der "keine Unterhaltungs"sache:
Das ist extrem schwer trennscharf zu unterscheiden. Der Bildungsauftrag gilt (und sollte meiner Ansicht auch gelten) auch für Kultur. Shakespeare und Co würden aussterben, wenn sich Theater und Museen nach rein ökonomischen Codes organisieren müssten und nicht subventioniert werden würden. Das kann man ökonomisch-evolutionär betrachten, meiner Ansicht nach würde dann aber wichtiges (aufklärerisches und meinungsgenerierendes) Kulturgut verloren gehen.
Wenn man dieser Argumentation folgt, kann es also im ZDF Theateraufführungen, die als kulturell wertvoll angesehen werden.
Welche Kunst wertvoll angesehen wird und welche nicht, wir allerdings wiederum von einer Elite entschieden, die zwar Gütekriterien ihrer Disziplin folgt, im Grund genommen aber willkürlich ist. So ist die Unterscheidung zwischen Shakespeare und Musikantenstadl auf den ersten Blick einleuchtend, aber die Trennschärfe ist letztlich willkürlich.

Also bleibt entweder
(1) keine Kunst. Nur Informationssendungen.
(2) Nur Kunst, die von einer Elite als solche anerkannt wird.
(3) Ein repräsentatives Abbild des Kunstspektrums (also vom Heavy Metal Konzert, über Shakespeare zu Mario Barth).

Die Realität wird natürlich eine Mischform aus den drei Idealtypen sein. Ich finde jedenfalls die Option 1 zu kurz gedacht, auch wenn ich mich über die Gehälter von Florian Silbereisen und Jörg Pilawa redlich echauffieren kann.
 
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Könnte man dieses Kunst-Problem nicht über die universitäre Zusammenarbeit lösen? Man kann ja auch Kunstgeschichte studieren und im weiteren Sinne würden dann Aufführungen, die dafür relevant sind, unter Bildung fallen.
Die Linie ist aber tatsächlich nicht wirklich trennscharf, denn wo Bildung bzgl. Kunst aufhört und die reine Unterhaltung anfängt ist schwer zu sagen. Das ist dann ähnlich wie beim Kabarett, wo politische Bildung mit Unterhaltung gemischt werden.
Im Zweifelsfall würde ich hier auch eine recht weite Auslegung des Bildungsauftrags mitgehen, solange reine Unterhaltungsprogramme (z.B. teure Fußballlizenzen) draußen bleiben.
 
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